ALTERRA: Die Gemeinschaft der Drei (PAN) (German Edition)
gesehen.«
»Das sind ja Hunderte!«, sagte Tobias nervös. »Was tun sie?«
Die Wolke begann, sich um die eigene Achse zu drehen, raste auf das Steinbock zu, änderte dann im letzten Moment die Richtung und hielt über dem Zentauren inne. Dort beschrieben die Fledermäuse große Kreise.
»Sie suchen eine Öffnung«, erklärte Matt. »Vorgestern Nacht haben sie dasselbe gemacht. Ich glaube, dass sie in die Häuser eindringen wollen.«
»Wieso denn das?«
»Keine Ahnung, aber wenn du mich fragst, sind sie nicht besonders liebenswürdig. Das letzte Mal sind drei dieser Viecher auf mich losgegangen.«
»Wir müssen den anderen sagen, dass sie am Abend alle Fenster und Türen schließen sollen.«
Matt wollte gerade antworten, als ihnen von hinten jemand zurief:
»Da seid ihr ja! Los, beeilt euch!«
Matt erkannte sofort Dougs Stimme. Er drehte sich um und erblickte den Anführer der Bande, der sie zu sich winkte.
»Kommt, es gibt viel zu tun«, befahl er. »Regie und Claudia warten schon auf uns.«
Dann verschwand er im Gang.
»Er hat unsere Gesichter nicht gesehen«, flüsterte Matt.
»Dann nichts wie weg! Wir können ihm noch entwischen, wenn wir die Treppe im Westturm nehmen.«
Matt packte seinen Freund am Handgelenk.
»Das ist unsere einzige Chance«, zischte er. »So kommen wir ganz nahe an sie heran.«
»Und müssen dran glauben, wenn sie merken, dass wir nicht die sind, für die sie uns halten!«
»Wenn wir nichts unternehmen, benachrichtigt Doug die Zyniks, und die Insel wird gestürmt. Willst du in einem Käfig enden und in den Süden unter den roten Himmel verschleppt werden? Wir müssen handeln. Jetzt oder nie!«
Tobias seufzte.
»Ich hasse es, wenn du so vernünftig bist«, spottete er.
»Zieh die Kapuze tief ins Gesicht, damit man dich nicht erkennt.«
Dann eilten sie Doug hinterher.
Als sie in den Korridor mit den Rüstungen bogen, warteten bereits zwei Gestalten auf sie: Claudia und Regie. Kaum war Doug am Fuß der Stufen angelangt, drückte er auf den Knopf, der den Geheimgang öffnete.
»Arthur, mach die Lampe an«, befahl er.
Matt begriff, dass er damit Tobias meinte, und stupste ihn unauffällig mit dem Ellbogen an. Tobias gab ein paar Brummlaute von sich, die »Ja« bedeuten sollten, und zündete den Docht an, ohne seine Hände zu entblößen; seine Hautfarbe hätte ihn sofort verraten. Als die Flamme in dem Glasbehälter höherflackerte, hielt er ihn etwas zur Seite, damit sein Gesicht im Schatten blieb. Regie, der ebenfalls eine Lampe trug, ging voraus, Matt und Tobias bildeten die Nachhut.
Sie liefen im Gänsemarsch durch den Gang, stiegen einer nach dem anderen über den Faden, der die Käfigfalle auslöste, und gelangten schließlich in das Haus des Minotaurus. Im ersten Stock gingen sie in aller Seelenruhe von Saal zu Saal. Tobias flüsterte seinem Freund ins Ohr:
»Merkst du was? Sie scheinen sich nicht vor dem Monster zu fürchten.«
»Doug erklärte damals, dass er seinen Rhythmus kennt. Er gibt ihm zu essen und hat keine Angst vor ihm. Wenn ich mich recht erinnere, sagte er, dass es um diese Uhrzeit schläft.«
Doug zeigte auf eine Tür und sagte:
»Arthur und Patrick, seht in der Abstellkammer nach, dort müsste es Riemen geben. Wir versuchen in der Zwischenzeit, saubere Spritzen aufzutreiben.«
Tobias warf Matt einen fassungslosen Blick zu.
»Spritzen?«, wiederholte er.
»Matt wird sich nicht wehrlos ergeben«, fügte Doug hinzu, ehe er mit den anderen beiden in den nächsten Raum trat. »Wir brauchen feste Riemen.«
Die Tür fiel hinter ihnen zu, und Matt stieß Tobias in die Abstellkammer.
»Ich weiß nicht, was sie vorhaben, aber in einem hat er recht: Wehrlos ergebe ich mich nicht!«
Staub stob auf und kitzelte sie in der Nase. Matt hätte beinahe laut aufgeschrien, als er ein Gesicht vor sich sah, das ihn aus kaum fünfzig Zentimetern Entfernung mit leerem Blick anstarrte. Erst als er einen Schritt zurücktrat, erkannte er, dass er vor einer Schaufensterpuppe stand. Dahinter lagen Dutzende von Nippsachen wild durcheinander auf einem Regal, an den Wänden stapelten sich Kartons und Unmengen von Krimskrams: Pferdesattel, Plastikspielzeug, eine alte Gitarre und sogar eine Taucherausrüstung, die mindestens ein Jahrhundert alt sein musste. Matt fiel auf, dass die Schuhe fehlten.
»Kennst du diesen Patrick? Ist das nicht so ein großer stiller Junge mit blonden Haaren?«
Tobias nickte.
»Ja. Er wohnt im Zentauren, ist um die vierzehn Jahre alt und
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