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Alterra. Im Reich der Königin

Alterra. Im Reich der Königin

Titel: Alterra. Im Reich der Königin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maxime Chattam
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braucht! Da steigen die Preise kräftig an!«
    Aus der sauertöpfischen Miene, mit der Colin die fünf Münzen herausrückte, schloss Tobias, dass es sich dabei fast um sein ganzes Vermögen handelte. Als der Wirt sich seinen anderen Gästen zuwandte, beugte Colin sich zu Tobias.
    »In den oberen Stockwerken sind die Gästezimmer, in denen die Passagiere übernachten können, während ihr Schiff in das Tal von Wyrd’Lon-Deis transportiert wird.«
    »Es wird schwierig sein, hier zuzuschlagen, wenn Matt zu viele Bewacher hat. Gehen wir den restlichen Weg ab.«
    Tobias sah verdattert zu, wie Colin genüsslich sein Bier austrank. Er selbst hatte einmal den letzten Schluck aus einer Flasche seines Vaters probiert und das bittere Gesöff so ekelhaft gefunden, dass ihm unbegreiflich war, wie jemand sich so etwas freiwillig antun konnte.
    Sie verließen die Stadt durch das südliche Viertel, von dem eine spärlich beleuchtete Kopfsteinpflasterstraße zu einem haushohen Tor in der Höhlenwand führte. Zu ihrer Rechten floss der See in den Tunnel für die Schiffe ab. Außer einigen gigantischen Seilscheiben konnte Tobias in der Tiefe nichts erkennen. Das Tosen des Wasserfalls übertönte alle anderen Geräusche.
    »Hinter diesem Tor«, schrie Colin, um sich in dem Lärm verständlich zu machen, »ist die Treppe der Leiden!«
    »Ich will sie mir ansehen, und die Seilbahn auch!«
    Colin verzog das Gesicht.
    »Hab ich mir glatt gedacht, dass du das sagen würdest. Komm, wir versuchen es durch die Klappe im Tor.«
    Sie zwängten sich durch eine kleine Öffnung in den gewaltigen Torflügeln und standen vor einer Anlage aus Seiltrommeln und hohen Schaufelrädern, die von zwei kleineren, in tiefen Rinnen kanalisierten Wasserfällen angetrieben wurden.
    Als Tobias an die Treppe trat, wurde er von Schwindel gepackt.
    In einer geraden, schier endlosen Abfolge von Stufen fiel die Treppe der Leiden steil nach unten ab. Zu beiden Seiten rauschten aus den Rinnen Millionen Liter Wasser pro Minute in die Tiefe und hielten einen komplexen Mechanismus aus Ketten und Rollen in Gang. Tobias vermutete, dass auf diese Weise die Kabinen der Seilbahn den Tunnel hinauf- und hinunterbefördert wurden. Das Donnern des Wassers hallte ohrenbetäubend laut von den Wänden wider, und die Luft war so feucht, dass er nur mit Mühe atmen konnte.
    Wie Matt schon sagt, ich habe noch nie Asthma gehabt,
dachte er krampfhaft, um sich zu beruhigen.
Es ist nichts … Das ist ganz normal … Das ist kein Asthma …
    Auch die Laternen schienen mit letzter Kraft zu brennen.
    Die Stufen glänzten vor Feuchtigkeit. Er wagte sich kaum vorzustellen, was geschehen würde, wenn man auf dieser Treppe ausrutschte. Ein endloser Fall, splitternde Knochen, und am Ende der sichere Tod.
    Erst als er hundert Meter unter sich zwei Zyniks entdeckte, schreckte er aus seinen Grübeleien auf. Die beiden kratzten mit Schaufeln Moos von den Stufen und waren so vertieft in ihre Arbeit, dass sie die Jungen nicht bemerkt hatten.
    »Bloß weg von hier«, sagte Colin.
    »So können wir Matt auf keinen Fall befreien«, platzte es plötzlich aus Tobias heraus. »Nicht hier, das ist zu gefährlich. Und in der Herberge werden sich wahrscheinlich sämtliche Soldaten der
Charon
tummeln. Zu zweit schaffen wir das nie im Leben. Wir müssen uns etwas anderes einfallen lassen, und zwar schnell!«
    »Es gibt aber keine andere Möglichkeit. Sie müssen hier durch, das ist der einzige Weg.«
    »Wenn wir hier eingreifen, machen die Zyniks uns zu Hackfleisch! Einer von uns könnte sie zwar ablenken, aber dann muss der andere ganz allein versuchen, Matt da rauszuhauen. Unmöglich!«
    Colin stemmte die Hände in die Hüften und starrte nachdenklich in die Tiefe.
    »Und wenn ich jemanden auftreibe, der uns hilft?«
    »Das muss aber jemand ganz Besonderes sein!«
    »Oh, Jon ist wirklich was Besonderes, das kannst du mir glauben. Wenn ich ihn denn finde.«
    »So groß ist die Stadt nun auch wieder nicht.«
    »Ich meine nicht körperlich, sondern geistig.«

39. Gesprengte Ketten
    C olin führte Tobias an einer Backstube vorbei zu einer Reihe von Lagerhallen, wo eine Gruppe von Zyniks Strohballen aufeinanderstapelte, und von dort aus weiter zu einem kleinen Waschhaus am Ufer des Sees.
    Das Wasser war an dieser Stelle schlammig schwarz und roch nach Seifenpulver. Etwa zehn Pans waren damit beschäftigt, Kleider zu schrubben und mit Wäschebleueln auszuklopfen.
    »Da sind sie«, sagte Colin erleichtert.
    Der

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