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Alterra. Im Reich der Königin

Alterra. Im Reich der Königin

Titel: Alterra. Im Reich der Königin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maxime Chattam
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wurde und das Gewitter abzog.
    Die Zuschauer blinzelten und blickten gedankenversunken ins Leere. Manche wirkten geradezu ekstatisch, andere eher in sich gekehrt, aber alle hatten die euphorisierende Macht der Leuchtkugel gespürt.
    »Hui, das war ja gruselig!«, rief Tobias. »Habt ihr gemerkt, wie das Zeug in uns eingedrungen ist? Ich dachte schon, es bohrt sich direkt in mein Hirn! Das war echt abgefahren!«
    »Dies ist die Seele des Baums des Lebens«, erwiderte Torshan stolz. »Wer sie berühren darf, sieht das Leben, die Vergangenheit und die Zukunft eng miteinander verwoben. Wir Zuschauer fühlen nur die Schockwelle dieser Reise.«
    »Das muss eine überwältigende Erfahrung sein«, meinte Matt.
    »Es ist das unglaublichste Gefühl, das ich je erlebt habe«, gestand Torshan.
    Ambre beugte sich zu den drei Jungen:
    »Ich hatte den Eindruck, dass diese ›Seele‹, wie ihr sie nennt, lebendig war und mich ausgeforscht hat.«
    »Ging mir auch so!«, sagte Tobias wie aus der Pistole geschossen.
    »Natürlich lebt sie!«, erwiderte Torshan begeistert. »Es ist die Seele unseres Baumes. Als wir zum ersten Mal hierherkamen, war uns sofort klar, dass sie uns erwartet hatte und wir hier unser Nest errichten würden.«
    »Wie hat es euch hierher verschlagen?«, fragte Ambre. »Woher kommen so viele Jugendliche und Kinder?«
    Torshan wirkte peinlich berührt von der Frage. Er zuckte die Achseln.
    »Schon vor dem Sturm gehörten wir zusammen, wir waren die Schwachen in jener Welt. Der Sturm hat alles auf den Kopf gestellt. Von nun an sind wir das Gaia-Volk, wir sind mächtig und stolz!«
    »Moment mal. Willst du damit sagen, dass ihr euch alle schon vor der Katastrophe gekannt habt?«
    Torshan machte eine abwehrende Handbewegung.
    »Das ist eine alte Geschichte. Was zählt, ist die Gegenwart.«
    Ambre widersprach sofort.
    »Wenn wir begreifen, wer wir sind und woher wir kommen, finden wir viel leichter den Weg, den wir in Zukunft beschreiten müssen.«
    »Sagen wir einfach, dass unsere Geschichte ein Familiengeheimnis ist und wir keine Lust haben, sie an die große Glocke zu hängen.«
    Mit diesen Worten wandte Torshan sich ab und verschwand in der Menge, die das Amphitheater in einem allgemeinen Stimmengewirr verließ.
    Die drei Freunde blieben sitzen, bis die Arena völlig leer war.
    »Ich würde das zu gern selbst ausprobieren«, sagte Ambre, während sie die Kugel fixierte, die sich langsam um die eigene Achse drehte.
    »Nicht jetzt«, warnte Matt, der die oberen Ränge des Amphitheaters nicht aus den Augen ließ. »Sie überwachen uns.«
    Faellis, das pausbäckige Kapitänsmädchen, beobachtete sie aus einiger Entfernung. Vier Krieger in Chitinrüstung standen hinter ihr.
    »Vielleicht lassen sie dich als Nächste ran, wenn du sie darum bittest«, schlug Tobias zuversichtlich vor.
    »Träum weiter. Wir sind Fremde, das erlauben sie nie und nimmer«, erinnerte Matt ihn.
    Ambre fragte leise:
    »Habt ihr bemerkt, wie Torshan reagiert, wenn man ihn auf ihre Vergangenheit anspricht? Ich hab so meine Zweifel, dass sie sich alle schon vor dem Sturm kannten.«
    »Ja, genau so hat er uns angepflaumt, als wir wissen wollten, was es mit der Tür in der Bibliothek auf sich hat«, stimmte Matt zu. »Wenn sie wirklich ein Familiengeheimnis haben, dann verbirgt es sich hinter dieser Tür. Am besten, wir legen uns ins Bett und warten, bis alle schlafen. Dann gehen wir auf Entdeckungstour.«
    »Viel zu gefährlich«, protestierte Ambre. »Wir wissen nichts über die Sicherheitsmaßnahmen hier. Gebt mir einen oder zwei Tage, um in der Bibliothek zu arbeiten und mich umzusehen. Danach können wir etwas unternehmen.«
    Matt nickte widerwillig.
    »Kommt«, sagte Ambre mit einem Blick zu Faellis und ihren bewaffneten Begleitern, »gehen wir zurück, sonst werden sie misstrauisch.«
    Das Trio machte sich auf den Rückweg durch den Bambuswald. Faellis und die vier Krieger folgten ihnen in einigem Abstand und sammelten dabei nacheinander die Lampen ein.
    Sobald sie im Großen Nest angelangt waren, drehte sich Faellis zu dem inzwischen dunklen Wald um, setzte eine Trillerpfeife an die Lippen und blies hinein.
    Ein seltsamer, hohler Laut ertönte, und im nächsten Moment begann der gesamte Bambuswald zu zittern. Die Blätter raschelten wie wild.
    Dabei war Ambre sicher, dass sich kein Lüftchen geregt hatte.

15. Verbotener Ausflug
    M att hielt den Degen ausgestreckt vor sich, bereit zum Kampf.
    Der große Waffensaal roch nach Sandelholz. Alle

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