Alterra. Im Reich der Königin
schon früher gefochten.«
»Früher? Du meinst vor dem Sturm?«
Der Anführer ignorierte die Frage.
»Los, en garde!«, befahl er.
Matt musterte ihn ein paar Sekunden lang: ein großer Sechzehnjähriger mit grünem Haar und einem Blick, der keinerlei Gefühlsregung verriet. Schwer zu sagen, ob man auf seine Unterstützung zählen konnte oder ob man ihm misstrauen sollte. Dann ging er in Stellung.
Gegen Mittag fand Matt Tobias in der Schlange vor der Essensausgabe. Ambre gesellte sich wenig später zu ihnen, und sie setzten sich am Ende eines Kais in den Schatten eines Schiffs, das über dem Blättermeer schwebte.
»Ich habe Neuigkeiten«, platzte Ambre sofort heraus. »In Bezug auf diese Tür in der Bibliothek. Niemand will darüber sprechen, das Thema ist tabu, und sie haben mir nicht nur befohlen, nicht darüber zu reden, sondern mir sogar verboten, mich der Tür zu nähern! Aber ein ziemlich gesprächiges Mädchen hat mir bestätigt, dass sie dahinter tatsächlich ihr Geheimnis verbergen.«
»Wie wir uns gedacht hatten!«, rief Matt.
»Es gibt nur ein Problem«, fuhr Ambre fort. »Scheinbar haben sie eine Art Wächter.«
»Eine Art? Was soll das heißen?«, unterbrach Tobias sie. »Was für einen Wächter?«
»Keine Ahnung, dazu wollte sie nichts Genaueres sagen. Aber ich habe gesehen, dass sie eine Gänsehaut bekommen hat, als sie das Wort ›Wächter‹ in den Mund nahm. Da musste ich an gestern Abend denken, als wir den Bambuswald verlassen haben. Wisst ihr noch, wie sich der ganze Wald veränderte, nachdem Faellis in die Trillerpfeife geblasen hatte? Irgendetwas hat sich darin bewegt, und ich vermute, das hat auch mit diesem Wächter zu tun. Nachträglich kommt es mir fast so vor, als hätte sie einen Überwachungsmechanismus aktiviert.«
»Wir müssen uns diese Trillerpfeife besorgen«, meinte Matt.
Tobias verdrehte die Augen. Seine Begeisterung hielt sich in Grenzen.
»Und wenn die Pfeife mit dem Wächter hinter der Tür überhaupt nichts zu tun hat?«
»Ich glaube nicht, dass sie mehrere Wächter haben, das ist bestimmt ein und dasselbe Wesen. Außerdem haben wir keine Zeit, in Ruhe mehr herauszufinden.«
Ambre nahm einen Bissen von dem Fleisch, das wie halbgarer Thunfisch aussah, und hob mahnend ihren Holzlöffel.
»Jede Erfahrung ist bereichernd, wir können bei den Chloropanphyllikern viel lernen.«
»Wir müssen zusehen, wie wir von hier wegkommen«, beharrte Matt. »Heute Abend holen wir uns die Pfeife bei Faellis.«
»Wenn sie das erfahren, werden sie uns nie akzeptieren und unterstützen!«, protestierte Ambre.
»Wer hat denn gesagt, dass sie es erfahren werden? Wir schleichen uns einfach in Faellis’ Zimmer, leihen uns die Pfeife und bringen das Ding mir nichts, dir nichts wieder zurück, bevor sie aufwacht.«
Ambre verzog skeptisch das Gesicht. Sie beendete schweigend ihre Mahlzeit und ging zurück in die Bibliothek. In ihr nagte der Zweifel.
Das war kein guter Plan.
Am Abend aßen sie mit Torshan, der ihnen tausend Fragen über ihren ersten Tag als eigenständige Mitglieder der Gemeinschaft stellte. Während Ambre und Matt nur ausweichend antworteten und sich lieber auf ihr Essen konzentrierten, erzählte Tobias eifrig von seiner neuen Aufgabe. Die Namen der Masten und der verschiedenen Bereiche eines Schiffs kannte er bereits auswendig, und am liebsten hätte er auch die Knoten vorgeführt, die er gelernt hatte.
Zufrieden machte Torshan eine ausladende Geste in Richtung der Landschaft, die sie von der Terrasse ihrer Hütte überblickten.
»Ihr werdet bald merken, dass es keinen Grund gibt, das Große Nest zu verlassen, wenn man erst einmal hier ist!«
»Außer dass es nicht unsere Heimat ist«, konnte sich Ambre nicht verkneifen.
Torshan sah sie nachdenklich an.
»Gibt es in dieser Welt überhaupt noch einen Ort, den ihr als Heimat bezeichnen könntet? Ich glaube nicht.«
»Dort, wo unsere Freunde sind.«
»Habt ihr denn welche?«
Ambre erwiderte zornig:
»Was glaubst du denn? Dass alle Pans, die euch nicht gleichen, dumpfe und gefühllose Wilde sind? Die Welt ist groß, und die Überlebenden passen sich im Laufe der Zeit immer besser an. Ihr seid in eurem Elfenbeinturm eingesperrt und kriegt überhaupt nicht mit, was da zu euren Füßen vor sich geht!«
Diese Tirade verdarb Torshan die Laune. Wenig später brach er auf und ließ sie endlich allein.
Kaum war er am Ende des Stegs verschwunden, beugte sich Matt verschwörerisch über den Tisch.
»Wir
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