Altes Eisen - [Kriminalroman aus der Eifel]
Morde offenbart hatte. Sie wollten noch einmal in das Burgmuseum gehen, um dort vielleicht noch mehr über den alten Erzbischof zu erfahren. Doch sie mussten einen Tag warten, da das Museum montags geschlossen hatte. Nun aber standen Lorenz, Bärbel und Gustav wieder einmal im Verlies der alten Burg. Lorenz war aufgeregt wie ein Schuljunge bei seinem ersten Referat.
»Meine Damen und Herren«, sagte er feierlich. »Darf ich Ihnen Konrad von Hochstaden vorstellen?«
Bärbel kicherte, weil zwei Damen etwa in ihrem Alter gerade den Kerker betraten und Lorenz offenbar für einen Museumsführer hielten. Lorenz ließ sich nicht beirren und fuhr fort: »Geboren im dreizehnten Jahrhundert als Spross deutschen Hochadels, von Haus aus also gesegnet mit Geld, Beziehungen, Gier und Niedertracht. Studierte in Paris, ging nach Köln, setzte aufs Übelste seine Ellenbogen ein und wurde dort Erzgauner und -bischof. Er war einer der mächtigsten Männer des Reiches, hat vermutlich keinen Tag seines Lebens als Seelsorger gearbeitet, war sogar zeitweise wegen niederträchtiger Intrigen gegen den Kölner Domprobst vom Papst exkommuniziert, kämpfte mal mit dem Kaiser, mal gegen ihn und saß auf dem Höhepunkt seiner Macht hier neun Monate im Kerker, weil er eine Schlacht gegen Wilhelm den Vierten verloren hatte. Diesen Provinzgauner hatte er offenbar unterschätzt. Gegen ein – wie es in der Geschichtsschreibung heißt – horrendes Lösegeld kam er frei und legte später den Grundstein für den Kölner Dom.«
»Worum ging es denn in der Fehde mit Wilhelm?«, fragte Bärbel.
Lorenz grinste und zeigte mit dem Gehstock auf das Bild des Erzbischofs. »Wie immer – territoriale Interessen, Vorherrschaft über die Region, Geld. Der Kaiser hatte damals zwar die Reichsgewalt, aber die galt regional nicht viel, denn das Reich war riesig und der Kaiser weit weg.«
»Alter Junge, jetzt weiß ich, was du nachts machst«, meinte Gustav.
»Ach wo«, grinste Lorenz. »Ich hab mich heute Morgen noch im Internet schlau gemacht – bei Wikipedia.«
Die drei verließen den Kerker und betraten die kleine Burgkapelle nebenan. Lorenz setzte sich auf eine Bank und meinte: »Hier hat der gute Konrad vielleicht auch mal beten dürfen. Glaube aber kaum, dass er das ernsthaft getan hat, der Lump.«
»Was hat dieser Erzbischof aber nun mit dem Toten in der Burg zu tun?«, fragte Bärbel leise. Lorenz sah sich mit Verschwörermiene um. »Ich habe keine Ahnung. Aber wir finden es heraus. Ein paar Tage, bevor ein polnischer Bandenchef hier erstochen wird, stirbt ein Mönch im Kölner Dom durch dasselbe Messer, am Grab des Konrad von Hochstaden, der hier eingesessen hat.«
»Aber das ist über siebenhundert Jahre her«, warf Gustav ein.
»Sehr richtig«, sagte Lorenz. »Aber man hat ja auch kaum erwartet, den alten Konrad leibhaftig anzutreffen, weder in Köln noch hier. Und Rita sagte, dass auch seine Gebeine längst nicht mehr in seinem Grab anzutreffen sind.«
»Was aber beileibe nicht jeder weiß«, meinte Bärbel. »Ich hätte gedacht, dass noch etwas von ihm da drin gewesen wäre, wenn man schon mit allem Prunk im Dom beigesetzt ist.«
»Vielleicht hat das ja auch jemand anders gedacht«, vermutete Gustav. »Und vielleicht hat dieser Jemand hier auch gesucht.«
»Aber wenn man schon glaubt, im Kölner Dom etwas von Belang finden zu können – was um alles in der Welt könnte von dem alten Konrad in Nideggen geblieben sein? Er hat doch nur ein paar Monate hier eingesessen.« Lorenz schüttelte den Kopf. »Das ergibt keinen Sinn.«
»Vielleicht sollten wir nicht darüber nachdenken, was aus unserer Sicht einen Sinn ergibt«, meinte Gustav. »Wir sollten eher darüber nachdenken, welchen Sinn ein anderer darin sehen könnte.«
»Wie einfühlsam«, spottete Lorenz. »Und was sagt uns das?«
»Dass wir als Erstes herausfinden müssten, wer hier eigentlich etwas suchen könnte«, antwortete Bärbel. »Der Pole war ein Schmuggler, hat deine Enkelin gesagt. Was könnte ihn so interessieren, dass er sein Leben dafür riskiert?«
»Guter Ansatz«, stimmte Gustav ihr zu. »Was schmuggelte die Bande dieses Polen denn?«
Lorenz grinste. »Du glaubst doch nicht etwa, dass man nach dem Auto des alten Konrad gesucht hat?«
»Blödmann«, grinste Gustav zurück. »Sei froh, dass ich kein Pole bin. Frag mal deine Enkeltochter, die müsste das wissen.«
»Das werde ich«, meinte Lorenz und stand auf. »Und nun lasst uns gehen – hier erfahren wir doch
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