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Altes Eisen - [Kriminalroman aus der Eifel]

Altes Eisen - [Kriminalroman aus der Eifel]

Titel: Altes Eisen - [Kriminalroman aus der Eifel] Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: KBV Verlags- und Mediengesellschaft
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denke, alle werden deine Meinung teilen, dass es das Beste ist, unter meiner Führung zu arbeiten. Es soll niemandes Schaden sein.«
    Slotin grinste breit und setzte die Sonnenbrille wieder auf. »Mein lieber Murat, du ahnst nicht, wie sehr ich dich schätze. Aber andererseits – du weißt doch, wie dumm die Deutschen sind. Einen Mann türkischer Abstammung werden sie als Führer leider nicht dulden. Ich hätte damit kein Problem, wohl aber die Deutschen, und die Russen und die Polen und die Albaner und die Serben – ach, was soll ich sagen – alle eben. Sie alle glauben, jemand anders sollte die Führung übernehmen.«
    Erberich trank seinen Tee in einem Schluck aus. »Und derjenige sollst wohl du sein?«
    Slotins Grinsen wurde noch breiter. »So sieht das wohl aus.«
    »Mein lieber Wowa. Ich könnte dich als Pate vielleicht akzeptieren – du weißt, wie sehr ich dich mag. Und du weißt, wie sehr mein Vater es damals bereut hat, dich zu verlieren. Aber die gesamte türkische Fraktion, und das ist die größte im Land, wird niemals einem Russen folgen. Da ist leider nichts zu machen.«
    Slotins Grinsen verschwand. Er saugte nachdenklich an seiner Pfeife und meinte: »Jaja, der alte Erberich hätte mich damals beinahe zu seinem Nachfolger bestimmt. Hätte er geahnt, was sein halbtürkischer Sohn einmal aus seinem Geschäft machen würde – wer weiß.«
    Murat Erberich stand auf. »Lieber Wladimir. Ich weiß, du willst mich nicht beleidigen. Es ist wohl nur die grobe russische Art, die aus dir spricht. Ich bedanke mich für deine Gastfreundschaft. Doch nun muss ich dein Boot verlassen. Ich habe noch Termine in der Gegend.«
    Slotin erhob sich ebenfalls. »Lieber Murat, ich möchte dich nicht aufhalten. So gehe denn hin, und Friede sei mit dir.« Die beiden umarmten und küssten sich. Dann wandte sich Erberich abrupt ab und eilte davon, gefolgt von dem schwarzhaarigen Hünen. Dieser warf Paul noch einen flammenden Blick zu, dann waren die beiden hinter der Kajüte verschwunden.
    Paul sah den Paten an und fragte: »Was sollte das jetzt? War nicht Kooperation angesagt?«
    Slotin kratzte sein breites, glatt rasiertes Kinn. »Siehst du, mein großer Polizist. So sehen unsere kleinen, regelmäßigen Treffen eben aus. Man spricht ein wenig, zeigt ein bisschen von dem, was man will, man geht auseinander. Wenn ich demnächst ein paar von seinen Männern töten muss, kann der Türke wenigstens nicht behaupten, ich hätte ihn nicht gewarnt. Und außerdem – er weiß nicht, wie viele Gruppen mir folgen. Er wird nun sehr vorsichtig sein, und weder die Osteuropäer noch die Jungs vom Balkan kann er als mögliche Partner ansehen. Sein Misstrauen ist mein Vorteil.«
    »Dann ist Kooperation gar keine denkbare Variante?«
    Slotin lachte laut und dröhnend. »Ich bin der Pate. Was heißt hier Kooperation? Der Starke ist am mächtigsten allein!«

20. Kapitel
    Der Himmel war bis auf wenige dünne Schleier wolkenlos. Die Nachmittagssonne tauchte den Garten in ein sanftes Licht und ließ die alten Bäume lange Schatten werfen. Lorenz Bertold nahm seine Kaffeetasse, die auf dem akkurat gedeckten Holztisch stand, und trank einen Schluck. Der Kaffee war nicht heiß. Lorenz murmelte: »Der alte Kommissar hatte ausnahmsweise viel Milch und sogar Zucker hinzugegeben. Nur so war der Standardkaffee aus der Küche der Seniorenresidenz seiner Meinung nach zu genießen.«
    Lorenz atmete tief ein. Die warme Luft duftete nach frisch gemähtem Rasen und nach Pflaumenkuchen mit Zimt. Er ließ den Blick schweifen. Viele Mitbewohner hielten sich im Garten auf, verteilt auf die Tische in der Nähe des Eingangs, wenn sie Kaffee tranken, so wie Lorenz, oder auch weiter weg vom Haus auf den Bänken sitzend, welche die Wege der Parkanlage säumten. Am anderen Ende der langen Wiese, dort, wo die großen Birken das Grundstück der Seniorenresidenz begrenzten, sah er Bärbel, die dort für einige wenige Interessierte einen Malkurs abhielt. Sie hatte einige Staffeleien aufgebaut und ließ ihre Schüler darauf herumklecksen.
    Lorenz streckte sich in der Sonne, fühlte in sein schlechteres Bein hinein und bemerkte zufrieden, dass die Wärme seinen Gliedern guttat. Er stellte die Tasse ab und schloss die Augen. Er lauschte dem Klappern von Kuchengabeln, dem Gemurmel der Alten, dem leisen Rauschen der Blätter im lauen Wind. Im Hintergrund, kaum hörbar, das Brummen von Autos, die die Straße von Nideggen nach Abenden herauf-oder herunterfuhren. Dazwischen

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