Altes Eisen - [Kriminalroman aus der Eifel]
er dann mit fester Stimme. »Ein korrupter Bulle ist ein schlechter Bulle. Und ich bin nie schlecht in dem, was ich tue.«
Slotin verzog die Mundwinkel und nickte. »So einfach ist das. Ja – so einfach.«
Der kleine Mann neben ihm zischte: »Er ist ein Bulle, und er wird es immer sein. Er ist ein Verräter!«
Paul zog es vor, darauf nichts zu sagen. Der Russe erhob sich aus seinem Deckchair und trat an die Reling. Mit scheinbar gedankenverlorenem Blick über den See sagte er dann: »Mein Freund Kastriot hier ist ein stolzer Albaner. Nichts hasst er mehr als Illoyalität. Weißt du, was das ist?«
Paul nickte. »Wenn man nicht weiß, wo man hingehört, und seinem Chef gegenüber keinen Respekt hat.«
Slotin hob einen Finger. »Hört, hört. Der Mann gefällt mir.«
»Aber Chef«, fuhr Kastriot auf. »Der Bulle lügt doch. Er will hier bei uns schnüffeln.«
Slotin grinste und sah Paul scharf an. »Ich weiß nicht. Will er das?«
»Ich brauche einen guten Job«, sagte Paul. »Der letzte war mies und schlecht bezahlt. Ich hatte eine dumme Nutte als Chef, und ein paar Blödmänner vom LKA wollten mich verarschen.«
Slotin lachte laut und dröhnend auf. »Ich habe von deinen Problemen gehört. Du hast einem Mann die Nase gebrochen, sagt man. Er hat dich überrascht, als du deine Chefin genommen hast. Ja, der gute Wladimir hört so manches.«
»So ähnlich war das«, sagte Paul.
»Scheiße!«, rief der kleine Albaner. »Du bist ein Bulle!«
Paul schaute Kastriot eindringlich an. »Dieser Mann ist sehr nervös«, sagte er zu Slotin, ohne den Blick von dem Albaner zu wenden. »Und dumm. Ich sollte niemals nervös werden und schreien, wenn ich neben meinem Chef stehe. Nicht so kurz nach Sonnenuntergang.«
Slotin nickte grinsend. »Kastriot, hör zu – du kannst was lernen von diesem Mann. Ich sage, er gefällt mir.«
Kastriot trat einen Schritt auf Paul zu. »Du bist falsch«, zischte er.
Paul grinste. »Pass auf, Männlein. Du bist in meiner Reichweite. Hat dir ein Bulle schon einmal die Nase gebrochen? Sie sieht irgendwie danach aus.«
Der Albaner warf sich in die Brust. »Kein Bulle könnte Kastriot Visar Kreshnik jemals die Nase brechen. Ich bin Skipetar, und ich zeige dir, was …« Er wurde jäh unterbrochen. Mit einer Schnelligkeit, die Kastriot keine Chance ließ, sauste Pauls Faust heran und krachte auf die Nase des Albaners. Dessen Kopf flog unter der Wucht des Schlags in den Nacken. Kastriot sackte kurz in die Knie, doch scheinbar unbeeindruckt schnellte er sofort wieder hoch und riss ein langes Messer aus seinem Gürtel. Mit einem Aufschrei wollte er sich auf Paul stürzen, doch Slotin packte ihn blitzschnell am Arm und rief: »Stoj!«
Außer sich vor Wut blickte Kastriot zu seinem Chef. Slotin brüllte ihn an: »Niemand schlägt sich in meiner Anwesenheit, wenn ich es nicht befohlen habe!« Und wesentlich ruhiger wandte er sich an Paul: »Sehr beeindruckend. Und was sollte das?«
Paul rieb sich die Faust und meinte grinsend: »Nun, da kein Bulle ihm jemals die Nase brechen könnte, bin ich also kein Bulle. Ein Skipetar lügt niemals.«
Slotin lachte. »Das gefällt mir!« Dann wandte er sich an den Albaner, dem das Blut aus der Nase tropfte. »Kastriot, mein Freund, nimm es nicht so schwer. Du hast es herausgefordert. Paul wird für uns arbeiten. Und du wirst darüber wachen, dass er es ehrlich mit uns meint.«
Kastriot antwortete nicht, sondern sah Paul hasserfüllt an.
Der erwiderte den Blick gelassen. »Das soll er nur machen.«
Slotin legte ihm eine Hand auf die Schulter. »Ja, und wenn ich den Eindruck gewinne, dass du es wirklich nicht ehrlich meinst, wird es ihm eine Freude sein, dich zu töten.«
»Viel Risiko«, meinte Paul. »Was springt dabei für mich raus?«
Der Russe winkte ab. »Nicht doch, mein Junge. Ich rede mit meinen Männern niemals über Geld. Du wirst wöchentlich bar bezahlt, und es wird dich zufriedenstellen. Und nun – schau hin.« Slotin wies mit dem heruntergebrannten Stummel seiner Zigarre über den See. Es war dunkel geworden. Das Wasser lag schwarz zwischen den bewaldeten Hügeln und reflektierte die Lichter von Woffelsbach nur schwach. Nebel zogen vom nahen Kermeter heran und hüllten das Tal in einen kalten Schleier.
17. Kapitel
Am Sonntagnachmittag zeigte sich der Herbst endlich wieder einmal von seiner besseren Seite. Die Sonne schien über den Roßberg hinüber von Südwesten in Lorenz' Zimmer. Ihre Strahlen wärmten spürbar, wenn man direkt am
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