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Altes Herz geht auf die Reise - Roman

Altes Herz geht auf die Reise - Roman

Titel: Altes Herz geht auf die Reise - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Fallada
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Komm!«
    Sie nahm schweigend die Milcheimer, ging schweigend über den Hof, er schweigend ihr nach. Kein Wort über den verscheuchten Besuch.
    In der Küche hantierte Frau Mali, völlig angezogen, aber bleich, mit gesenkten Augen, wortlos. Es gab sogar ein Abendessen: das Mittagessen, Kartoffeln mit Speckstippe, das Rosemarie vorbereitet hatte, war zum Abendessen geworden. Sie stocherten alle, um den schmutzigen Küchentisch sitzend, in den breiig zergangenen, wässerig schmeckenden Kartoffeln. Die Frau schoß manchmal unter der gesenkten Stirn heimliche, böse Blicke auf den Mann.
    Der legte die Gabel hin. »Ein Saufraß«, sagte er. »Natür lich die Marie! Immer die Marie!« Er höhnte schon wieder, ihr bedrücktes Aussehen freute ihn. »Übrigens wollte dich der Amtsgerichtsrat besuchen. Er läßt dich schön grüßen.«
    Sie antwortete nicht.
    »Was sagst du?!« schrie er, plötzlich wieder zornig. »Er läßt dich grüßen, habe ich gesagt!«
    »Danke«, flüsterte Rosemarie.
    Schlieker grinste. »Siehst du, Marie, es hat keinen Zweck, bei mir bockbeinig zu sein. Übrigens läßt er dich gar nicht grüßen, er hat eine Sauwut auf dich. Ich habe ihm erzählt, du bist mir wieder fortgelaufen.«
    Rosemarie hob den Blick und sah den Mann an.
    »Jaha!« lachte Schlieker. »Ich hab ihm erzählt, du bist schon wieder am Vormittag weg zum Waldhaus, zu deinem geliebten alten Schwachkopf – da habe ich doch nicht gelogen, Marie, was?! Immer der alte ehrliche Päule, he –?«Er grinste sie herausfordernd an. »Bist nicht wiedergekommen, habe ich ihm erzählt«, fuhr er prahlerisch fort. »Was er sich gewundert hat, der kleine Schreier, der sich immer so schlau vorkommt. ›Der Professor ist doch nach Berlin gefahren‹, hat er gesagt. ›Bei dem kann sie doch nicht sein.‹
    ›Wird sich wohl wieder rumtreiben‹, habe ich gesagt. ›Die Marie ist eine richtige geborene Stromerin, Sie wissen doch, Herr Amtsgerichtsrat, Pastors Kinder und Müllers Vieh gedeihen selten oder nie …‹
    ›Aber das Geld!‹ schreit er. ›Sie hat doch das Geld von Herrn Professor in Aufbewahrung!‹ War er aufgeregt! ›Geld?‹ frage ich. ›Geld hat sie, Herr Amtsgerichtsrat? Das paßt ihr grade, dann sehen wir sie die nächste Zeit nicht wieder …‹
    Hat’s geglaubt, der Mann, Marie, hat’s sofort geglaubt.
    ›Nichts als Ärger mit der‹, hat er geknurrt, und weg war er.«
    Er sah sie höhnisch an. Ihr war es jetzt gleichgültig, ob er sich freute, sie war todestraurig, zwei große Tränen liefen über ihre Wangen, sie bezwang sich nicht.
    »Bist traurig, Marie?« höhnte er. »Ist’s schade um das schöne Geld, das der Päule hat, und du wirst darum gesucht?? Soll ich’s dir noch mal zeigen, daß du daran riechen kannst? Ja? – Gott verdamm mich –!«
    Er fuhr zurück, doch zu spät. Die mit aller Kraft geschleuderte Gabel traf noch seine Schulter und blieb zitternd in ihr stecken.
    »Was –?« sagte er leise, und die Betroffenheit war so stark, daß sein Zorn noch nicht aufkam. »Was tust du –? Mali –? Du wirfst nach mir? – Du –?!«
    Er sah seine Frau fassungslos an, dann mit schrägem Blick hinunter auf die Gabel in der linken Schulter. Die Frau stand weiß, vor Wut zitternd, hinter dem Tisch. »Mach es noch einmal«, flüsterte sie. »Ich tu’s wieder.Mach dich noch einmal wild an ihr – jetzt verstehe ich dich, du!«
    Er lachte, aber es war ein anderes Lachen als sonst, kein hämisches Schliekerlachen, es klang fast verlegen. »Mich wirfst du, Mali? Mich –?!«
    »Und ich tu dir noch ganz anderes!« rief sie plötzlich. »Denkst du, ich seh mir alles so an?!« Plötzlich flehend: »Schick sie weg, Päule, schick sie weg! Gib ihr das Geld – und laß sie noch diese Stunde gehen. Sie bringt uns Unglück …«
    Sie stand rasch atmend, starrte auf Mann und Mädchen.
    »Mali …«, wollte er anfangen.
    »Nein, nein!« schrie sie. »Laß uns weggehen! Jetzt, jetzt, noch diese Stunde! Auch das Haus bringt uns Unglück – fühlst du nicht, wie das Dach uns zerdrückt?! Die Balken knirschen, hinter den Wänden raschelt es, Päule! Päule! Laß uns laufen …«
    Er riß mit einem Ruck die Gabel aus der Schulter und trat rasch neben die Frau. »Ein Anfall«, flüsterte er. »Paß auf, Marie, daß sie nicht hinschlägt.«
    Aber er brauchte nicht zu flüstern. Sie hörte nicht mehr, wußte nicht mehr, wo sie war. »Er geht nicht«, klagte sie. »Er will es nicht – er kommt nicht los von ihr …«
    Brennende Röte

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