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Altes Herz geht auf die Reise - Roman

Altes Herz geht auf die Reise - Roman

Titel: Altes Herz geht auf die Reise - Roman
Autoren: Hans Fallada
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helle Kopfkissen, preßte es gegen die Scheibe, gegen die andere drückte sie ihr Gesicht, klopfte mit den Fingern, vorsichtig hinter sich lauschend, ein Signal. Die Stimmen im Nebenzimmer gingen weiter, doch das Prasseln wiederholte sich nicht. Trotz der Holzstangen über der Fensternische hatten die Jungen ihr Signal gemerkt. Nun mußte Rosemarie schnell sein, damit ihre Freunde nicht wieder ungeduldig wurden. Der Schlaf, ob kurz oder lang, hatte ihr neue Frische gebracht, die trübe Niedergeschlagenheit war vorbei. Rasch öffnete sie die Luke zum Wrukenkeller, und rasch kletterte sie, so, wie sie war, also im Hemd, in den Keller. Es gab da nur Luftlöcher, kaum so groß wie ihr Kopf und vergittert gegen Ratten und sonstiges Viehzeug, aber sie stellte die Leiter so, daß sie an ein Loch reichte, und flüsterte eindringlich: »Hütefritz! Hier – am Kellerloch!«
    Die Luke verdunkelte sich. »Ja?« fragte es. »Warum machst du dein Fenster nicht auf?«
    »Zugenagelt, Fritze!«
    »Wir sind alle da«, flüsterte er. »Wir haben Baumsägen mitgebracht, wir sägen dich frei, sobald bei Schliekers das Licht aus ist.«
    »Unsinn, Fritze! Das heißt, es ist nett von euch, aber es geht nicht. Denkst du, Schlieker hört euer Sägen nicht, der schläft wie ein Hase, mit einem Auge nur und mit einem Ohr …«
    »Aber –!« protestierte Hütefritz.
    »Es ist auch gar nicht nötig, Fritze«, flüsterte Rosemarie. »Glaube mir, wenn ich will, kann ich immer weg. Aber jetzt will ich noch nicht.«
    »Ja, dein Plan mit den studierten Leuten«, sagte er gekränkt. »Rosemarie, du fällst nur rein damit.«
    »Bestimmt nicht, Fritze«, sagte sie. »Aber du kannst mir einen ganz großen Gefallen tun, wenn du willst …«
    »Na«, sagte er schon halb versöhnt. »Was soll’s denn sein?«
    »Du mußt es aber selber machen, Hütefritz«, flüsterte die Tochter Evas. »Dann weiß ich, daß es bestimmt geschieht.«
    »Na, sag schon«, drängte er begierig. »Soll ich Schlieker die Pferde aus dem Stall stehlen? Oder ihm die Hofpumpe kaputtmachen, daß er kein Wasser hat?«
    »Nichts, Fritze, nichts von alledem – mit diesen Dingen ist für immer Schluß. Nein, aber du kannst dich vielleicht morgen am Tage für drei oder vier Stunden frei machen?«
    Der Hütefritz, eben noch so entschlossen, war bedenklich. »Morgen ist Sonnabend«, sagte er zögernd, »leicht ist das nicht. Es ist wegen der Kühe, weißt du«, entschuldigte er sich. »Ich habe soviel Ärger mit Tamms gehabt, weil ich ein paarmal in der letzten Zeit fort war … aber vielleicht am Abend –?«
    »Dann muß ich eben etwas länger warten, das macht auch nichts«, tröstete sie ihn. »Aber willst du dann zum Amtsgerichtsrat gehen und ihm sagen: Rosemarie Thürke ist nicht weggelaufen, sie ist bei Schliekers, und Schlieker hat ihr das Geld fortgenommen …«
    »Ach, Rosemarie«, flüsterte der Hütefritz traurig ins Kellerloch, »nun hast du also doch gelogen, nun hast du gar keinen Plan! Ich hab’s ja gewußt. Wenn alles in Ordnung ist, sagst du einfach: Hütefritz, tu dies und das; aber wenn etwas nicht stimmt, dann bittest du …«
    Sie schwieg einen Augenblick, die Kinderkönigin von Unsadel schwieg betroffen. »Ich wollte dich doch nicht kränken, Hütefritz«, sagte sie dann. »Ich habe nur solche Angst um dich, der Schlieker ist so böse wie nie. Ich glaube, er ist nicht mehr richtig bei Sinnen …«
    »Du sollst aber keine Angst um mich haben; wenn ich keine um mich habe, sollst du es schon gar nicht. Wir haben ausgemacht, wir wollen uns immer alles sagen …«
    »Ich wollte es dir ja auch sagen, nur, es ging immer so schnell, und dann war die Angst da …«
    »Du sollst aber nicht …«
    »Und glaube mir, Fritz, ich weiß bestimmt, es geht gut aus. Wie ihr eben den Sand gegen die Scheiben warft, war ich so fröhlich. Manchmal denke ich, ich schaffe es wirklich, und du kommst von dem Fresser Tamm fort zu uns und kriegst die Pferde.«
    »Rosemarie«, sagte er überwältigt, und es war wirklich, als hätte es ihn vor die Brust gestoßen. »Und Schlieker –? Und Philipp –?«
    »Ich sage dir alles noch, wie ich es mir denke. Ach, Fritz, wir müssen Schluß machen, die andern schimpfen schon – und ich steh hier im Hemd und friere ja wohl wie ein Scheit Holz im Walde. – Gehst du zu Schulz?«
    »Natürlich, Rosemarie, aber erst am Abend.«
    »Und du sagst ihm, Schlieker hat das Geld und wie er mich hier gefangenhält, und er soll so schnell wie möglich
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