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Alteuropa-Trilogie 1 - Im Jahr der Pferde

Titel: Alteuropa-Trilogie 1 - Im Jahr der Pferde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Mackey
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Atemzug zu erklären, man habe es nicht so gemeint, wäre so grob unhöflich und beleidigend, daß sie es ihm nicht verübeln könnte, wenn er niemals mehr mit ihr sprechen würde, und da sie die Absicht hatte, sehr lange Zeit in Stavans Gesellschaft zu verbringen, war dies keine erfreuliche Aussicht.
    Ganz gleich, von welcher Seite sie das Problem auch betrachtete, sie kam immer wieder auf die simple Tatsache zurück, daß Stavan etwas zu ihr gesagt hätte, wenn er sie tatsächlich begehrte. Die Beziehungen zwischen den Geschlechtern waren sehr direkt. Man wußte immer, woran man war, und die Vorstellung, daß ein erwachsener Mann nicht nur seine Gefühle für sich behalten könnte, sondern auch noch freiwillig litt, wenn er nichts weiter zu tun brauchte, als die Auserwählte zu fragen, war beinahe unbegreiflich.
    Aber die Unterhaltung mit Zastra führte dazu, daß Marrah Stavan jetzt mit anderen Augen sah, und je genauer sie hinschaute, desto überzeugter wurde sie, daß er tatsächlich wegen irgend etwas unglücklich war. Vielleicht war es nichts weiter als die Langeweile, auf ein Schiff zu warten, das niemals kam, oder vielleicht war es Heimweh, oder vielleicht quälte er sich wirklich mit einem Geheimnis herum, das er glaubte, mit niemandem teilen zu können, aber was immer es auch war, es zwang ihn, nachts aufzustehen, um einsam und allein am Strand zu hocken und aufs Meer hinauszustarren. Selbst am Tag schien er sich mehr und mehr in sich zurückzuziehen, und er wurde nur dann lebhaft, wenn Arang zu ihm kam, um ihn zu bitten, einen zerbrochenen Pfeil zu reparieren oder ihn zum Fischen mitzunehmen.
    Es war klar, daß sich Stavan irgend jemandem anvertrauen mußte, und ebenso klar war es, daß Marrah diejenige sein würde, da außer ihr und Arang niemand Shambah sprach. Und so geschah es, daß sich Marrah eines milden Abends ein paar Wochen später bei einem Strandspaziergang mit Stavan wiederfand, während sie auf einige der seltsamsten Worte lauschte, die sie jemals einen Mann hatte sprechen hören.
    Zuerst hatte er schlichtweg abgestritten, daß irgend etwas nicht in Ordnung sei, aber schließlich hatte er zugegeben, daß ihm etwas Kummer machte. Zumindest glaubte Marrah, seinen Worten zu entnehmen, daß ihn etwas bedrückte, denn er sprach in Rätseln wie eine Priesterin, die zuviel heiligen Rauch eingeatmet hatte, und nichts von dem, was er ihr erzählte, ergab einen Sinn.
    »Ich bin glücklich«, sagte er, »weil du mein Häuptling bist, und unglücklich, weil du mein Häuptling bist. Das gleiche Ehrgefühl, das mich zwingt, hier bei dir und deinem Bruder zu bleiben, verschließt mir den Mund und lähmt meine Zunge. Ich kann dir nicht sagen, was ich denke, denn was ich denke, ist nicht das, was ein Mann in Gegenwart seines Häuptlings denken sollte.«
    Er wandte sich zu ihr um, sein Gesicht bleich und angespannt. »Bitte mich nicht, dir zu sagen, warum ich nachts am Strand sitze und auf die Wellen starre. Die Verlockung ist zu groß. Ich bin kein starker Mann, es fällt mir sehr schwer, Stillschweigen zu bewahren.« Er zeigte zum Himmel hinauf. »Ein Krieger sollte wie die Sterne sein – fest, konstant, ewig gleichbleibend –, aber ich bin eher wie der Mond – unbeständig: den einen Tag voll und strahlend, den nächsten von Schatten verhüllt.«
    Marrah fand alles dies sehr poetisch und recht hübsch, aber mehr oder weniger unverständlich. Wie reagierte man, wenn man einen Mann fragte, was ihn bedrückte, und er einem darauf erklärte, er sei wie der Mond? Sagte man: »Ah ja, der Mond«, und beließ es dabei, während man so tat, als verstünde man? Oder sollte man nachfragen? Wieder einmal war ihr zumute, als wären sie und Stavan zwei winzige Gestalten, die an den gegenüberliegenden Ufern eines breiten Stroms standen und versuchten, sich über die Entfernung hinweg zu verständigen. Marrah holte tief Luft, erinnerte sich daran, daß seine Muttersprache nicht Shambah war, und versuchte herauszufinden, ob irgendein Teil dessen, was er gerade gesagt hatte, einen Sinn ergab. Schließlich fiel ihr etwas ein.
    »Du sagst, du bist glücklich, weil ich dein Häuptling bin, und deine Ehre verbietet es dir, dich zu erklären. Nun, und was, wenn ich nicht dein Häuptling wäre? Dann könntest du mir sagen, was dich bedrückt? «
    Stavan nickte widerstrebend. » Ja, aber dann wäre es nicht nötig, weil –« Er schloß abrupt den Mund, als hätte er schon zuviel gesagt, aber Marrah beendete den Satz für

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