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Alteuropa-Trilogie 1 - Im Jahr der Pferde

Titel: Alteuropa-Trilogie 1 - Im Jahr der Pferde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Mackey
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ineinander verflochtenen Dornbüschen, die an einigen Stellen mit Lehm und Flechtwerk verstärkt waren. Die Felder waren nicht groß, denn obwohl die Bewohner von Xori Getreide aßen, ernährten sie sich hauptsächlich von der reichen Fülle des Meeres. Dennoch bearbeiteten sie ihre Felder sorgsam, düngten den Boden mit Algen und Seetang, um ihn fruchtbar zu machen, und das Land, obwohl ziemlich steinig, belohnte ihre Mühe. Marrah konnte den ersten grünen Schleier neuen Wachstums erkennen: die zarten jungen Triebe von Weizen und Kichererbsen und Linsen und ein Stück weiter entfernt Apfelbäume in valler Blüte. Hinter dem Obstgarten lagen die Viehpferche. Die Kühe und Ziegen waren bereits auf den Beinen, bereit, gemolken und in die Ebbeniederungen geführt zu werden, um auf Salzwiesen zu grasen, aber die Schweine ließen sich nirgends blicken. Marrah fragte sich, ob die Schweine wohl an diesem Morgen verschlafen hatten.
    Hinter den Feldern erhob sich der Wald, der im matten Licht des frühen Morgens bläulich schimmernd und geheimnisvoll wirkte. Hier begann die Wildnis, denn obwohl es viele Siedlungen entlang der Küste gab, war das Landesinnere ein Dickicht aus Eichen, Kiefern und Nußbäumen, zickzackförmig durchzogen von den Spuren wilder Tiere und einigen wenigen schmalen Pfaden, die in nördlicher Richtung zu der Stelle führten, wo Stein für die Herstellung von Äxten gehauen wurde.
    Der Wald hatte etwas Düsteres und Tierhaftes an sich, eine Atmosphäre, die Marrah immer das Gefühl gab, daß es dort große Abenteuer zu bestehen gäbe. Die Jäger des Dorfes verfolgten und erlegten zwar Rotwild im Wald, doch sie entfernten sich dabei niemals zu weit vom Meer. Marrah hatte schon oft gedacht, daß sie eines Tages, wenn sie älter wäre, geradewegs durch die Mitte hindurchwandern und herausfinden würde, was auf der anderen Seite lag.
    Ein feiner Nebel stieg von den Bäumen und den frisch bepflanzten Feldern auf, hüllte die Erde in milchige Schwaden und ließ sie irgendwie unwirklich erscheinen, aber der Tag war ungewöhnlich frisch und klar, und am Himmel zeigte sich keine einzige Wolke. Marrah tätschelte die Hunde ein letztes Mal, dann stützte sie die Hände in die Hüften und lächelte breit. Ihr war zumute, als gehörte die ganze Welt ihr, als wären ihr das Dorf und alle seine Bewohner und der Tag selbst zum Geschenk gemacht worden. Von dem Sturm des vergangenen Abends waren keine Spuren mehr zu erkennen. Zu ihrer Linken konnte sie kleine Wellen sanft über den weißen Sand herauflecken sehen, wie höfliche Gäste, die kamen, um ihr viel Glück zu wünschen. Es war ein verheißungsvoller Tag, die perfekte Art von Tag, um eine Frau zu werden.
    Am anderen Ende der Siedlung fing das steinerne Standbild der Göttin gerade die ersten wäßrig rosa Strahlen der aufgehenden Sonne ein, aber der kleine, runde hölzerne Tempel davor lag noch im Schatten, wie ein schwarzes Ei zu Füßen einer gigantischen Eule. Zwanzig Hände hoch und mehr oder weniger keilförmig, war der Stein der Göttin vor so langer Zeit aus grauweißem Granit gehauen worden, daß sich kein Lebender mehr an den Tag erinnern konnte, an dem ihr Standbild aufgestellt worden war. Am oberen Ende blickten ihre großen, runden Eulenaugen in beide Richtungen. Es gab nicht ein Dorf des Küstenvolks, das keinen ähnlichen Stein gehabt hätte, und sie war nicht besonders groß im Vergleich zu den größeren Göttinnen, die in Reihen in der Stadt der Toten in Hoza standen, aber Marrah betrachtete sie niemals ohne ein Gefühl der Verwandtschaft. Ihr Name war Xori, wie der des Dorfes selbst. Xori bedeutete »Vogel«, und da Marrahs Name »Seemöwe« bedeutete, hatte sie sich immer vorgestellt, daß sie und der Stein der Göttin durch besondere Bande verbunden waren.
    »Gib mir einen guten Flug«, sagte sie, küßte die beiden ersten Finger ihrer rechten Hand und warf den Kuß der Göttin zu. Das war der Handel, den sie der Göttin letzte Nacht angeboten hatte, als der Regen in Strömen vom Himmel fiel und es ganz danach aussah, als müßte ihre Feier verschoben werden: Wenn Xori dafür sorgte, daß der Regen aufhörte, würde Marrah wie eine Möwe durch die Luft segeln. Sie würde der Göttin danken, indem sie von einer der Klippen ins Meer sprang – keinem allzu hohen Felsen, aber einem, der den Sprung wert war. Der Sprung würde ein Symbol des Vertrauens sein, ein Zeichen, daß sie wußte, das herrliche Wetter war ein Geschenk und nicht etwas, um

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