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Alteuropa-Trilogie 2 - Die Schmetterlingsgöttin

Titel: Alteuropa-Trilogie 2 - Die Schmetterlingsgöttin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Mackey
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Marrah um. »Und dir läßt er ausrichten: ›Komm zurück, liebe Schwester, und hilf mir, Shara zu verteidigen.«‹
    Marrah konnte die Ungewißheit nicht länger ertragen. »Und Keru? Was ist mit Keru? Hat Stavan ihn auch befreien können? Ist mein kleiner Junge auch in Shara?«
    Dalish begegnete Marrahs bohrendem Blick und wandte dann die Augen ab. »Nein«, sagte sie leise. »Arang erzählte, daß Changar jede Nacht mit Keru an seiner Seite schlief, und ihre Handgelenke waren durch ein Seil aus weißer Wolle miteinander verbunden. Um Changars Zelt waren zu viele Wachen postiert, als Stavan das Lager überfiel. Er konnte nicht einmal in die Nähe des Zeltes gelangen.«
    Marrah war wie betäubt vor Enttäuschung. Sie fühlte Hiknaks tröstende Hand auf ihrem Arm. »Stavan hat diese Schlacht vielleicht verloren, aber die nächste wird er gewinnen«, sagte Hiknak. Ihre Worte sollten ermutigend klingen, doch Marrah konnte an nichts anderes denken als an Keru, der wie ein Hund an Changar gekettet war.
    Dalish hustete und griff nach dem Krug aus Ton, der auf dem Tisch stand. Sie schenkte sich einen Becher Wasser ein und trank langsam. »Marrah«, begann sie und brach dann abrupt ab. »Marrah«, wiederholte sie zögernd, »dir muß ich noch etwas anderes sagen.« Plötzlich tat sie ein paar Schritte vorwärts und packte Marrah an den Schultern, als wollte sie sie schütteln, doch statt dessen zog sie sie fest an sich.
    »Liebe Marrah, liebste Freundin ...« Ihre Stimme brach. »Ich wollte nicht diejenige sein, die dir die Nachricht überbringt, aber Lalah sagte, ich müßte es tun: Stavan kann Keru nicht befreien. Stavan ist tot.«
     

VIERTES BUCH
Die Belagerung
     

In den Tagenano Vlahan dem Großen ritten unsere Krieger gen Süden, um einem gottlosen Volk unsere Götter zu bringen.
     
    Inschrift auf dem Heft eines Hansi-Dolches, geschrieben in der Urschrift des steinzeitlichen Europas – möglicherweise von einem Sklaven. Museum für Kunst und Geschichte, Varna, Bulgarien. Zeit unbekannt.
     
    Kein Pferd schoß jemals einen Pfeil;
    kein Pferd legte jemals eine Stadt in Schutt und Asche.
     
    Wenn ich auf Nretsas Rücken reite
    und ihre Flanken unter mir fühle,
    erkenne ich in ihr die Unschuld eines Lamms.
     
    Das Böse ist nicht in dem Pferd.
    Es bewohnt seinen Reiter.
     
    Aus »Die Belagerung«. Ein Gedenklied des Sharatani-Volkes. Schwarzmeerküste, 5. Jahrtausend v. Chr.
     
     

12. KAPITEL
    Das Dröhnen der Trommeln wurde lauter, pulsierte in der Dunkelheit. Plötzlich verstummten sie, und gleich darauf nahm ein einzelnes Instrument den Rhythmus wieder auf. Im Lager der Krieger saßen Vlahans Männer um das Feuer des Häuptlings, tranken Kersek und hörten dem prahlerischen Lied des Mannes zu, der Stavan getötet hatte.
    Puhan hatte das Loblied seiner eigenen Heldentat nun schon wochenlang Abend für Abend gesungen, doch die Krieger wurden seiner nie überdrüssig. Jeden Abend schmückte er sein Lied noch ein wenig mehr aus, und die Krieger klatschten sich im Rhythmus der Trommeln auf die Schenkel. Jedesmal, wenn Puhan zu der Stelle kam, wo er Stavan einen gewaltigen Hieb versetzt und ihn von seinem Pferd gerissen hatte, brüllten sie Beifall.
     
    Ich bin Puhan,
    stärker als ein Hengst,
    schneller als eine Antilope,
    schlauer als ein Wolf.
    Puhan, Sohn von Yerhan,
    Puhan, mutig und mächtig.
    Ich allein habe Stavan getötet,
    den feigen Rebellenanführer,
    Stavan, den Hansi-Verräter,
    Stavan, den Liebhaber der Hexe.
    Ich habe ihm einen mächtigen Hieb verpaßt,
    und er fiel unter meiner Keule.
     
    Puhan begleitete sich auf seiner Trommel, während er sang, hämmerte mit beiden Fäusten darauf ein, damit sie mit ihrem Krach alles andere übertönte. Die Trommel war klein wie alle Hansi-Trommeln, ein kreisförmiges Stück Rindsleder, nicht breiter als zwei Hände, das, über einen hölzernen Rahmen gespannt, Sonnen-und Sternenmuster aufwies; aber sie hatte eine laute Stimme. Puhan selbst besaß ein fürchterliches Organ – sein Gesang klang wie das schrille Jammern von Mäusen, die von Pferdehufen zerquetscht wurden –, aber niemand störte sich daran.
    Es gab nichts Schöneres, als dem Prahlgesang eines frisch gekrönten Helden zuzuhören, auch wenn seine Krone nicht mehr als ein steifer, mit Muscheln besetzter Streifen Wolfsfell war statt des goldenen Reifs, den Vlahan ihm für den Abend hätte überreichen sollen.
    Aber nachdem Arang ein zweites Mal entwischt war, bangte Vlahan zu sehr um seine

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