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Alteuropa-Trilogie 2 - Die Schmetterlingsgöttin

Titel: Alteuropa-Trilogie 2 - Die Schmetterlingsgöttin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Mackey
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folgendes ... « Marrah wollte ihm gerade das Wort abschneiden, aber er hob beschwichtigend eine Hand und fuhr fort; sie begriff rasch, daß er nicht noch mal die ganze Nachricht von vorne begann.
»Ich werde zu dir kommen, wenn die Tage wieder kürzer werden. Meine Ehefrau muß auch mit nach Shara kommen, wo es sicher ist, und ich weiß, wenn du sie kennenlernst, wirst du sie lieben ...«
    Lieben, dachte Marrah. Hmmm. Das würde sicherlich nicht einfach sein, aber sie würde sich Mühe geben. Sie erkannte ihre Eifersucht und schämte sich augenblicklich. Diese Ehefrau von Stavan sollte in Shara willkommen sein und unterstützt werden bei der Gewöhnung an die Lebensweise der Mutterleute. Ob diese Nomadin wohl dickköpfig und starrsinnig war oder eher unterwürfig? Hatte sie ein glattes Gesicht oder war sie tätowiert wie Dalish? Und ...
    »... wie eine Tochter«,
schloß der Krieger.
    Marrah schnappte überrascht nach Luft. Tochter? Hatte er gerade
Tochter
gesagt?
    »Und das, Rahan, ist das Ende der Nachricht. Hier ist sie!«
    Damit winkte der Krieger das kleine Mädchen herbei, das seinem Pferd die Fersen in die Flanken drückte und vorwärtsritt. Das weiße Kleid des Kindes war so verschwenderisch mit Muscheln und Kupferscheiben bestickt, daß es bei jedem Schritt ihres Pferds leise klingelte; aber über all der Pracht war ihr Gesicht so bleich wie roher Weißbrotteig. Sie blickte mit großen, furchtsamen Augen zu Marrah auf.
    »Sei gegrüßt, große Ehefrau«, stotterte das Mädchen. »Ich bin Driknak, zweite Ehefrau von ...« Und dann brach sie in Tränen aus.
    Plötzlich begriff Marrah. »Ein Kind!« rief sie. »Sie haben Stavan gezwungen, ein
Kind
zu heiraten!« Es bestand wirklich keine Notwendigkeit mehr, die Rolle des würdigen Nomadenhäuptlings zu spielen.
    Sie rannte zur anderen Seite des Daches, wo die Sharaner noch immer mit gespannten Bögen und wurfbereit erhobenen Speeren warteten. »Legt eure Waffen nieder und öffnet das Tor!« rief sie. »Es gibt nichts, wovor wir Angst haben müßten!« In Windeseile erzählte sie ihnen alles, übersetzte mit einer Stimme, die vor Freude bersten wollte, so daß sie die gesamte Stadt zu erfüllen schien.
    Ein paar Augenblicke später schwangen die Torflügel auf, und sie hielt Driknak in den Armen, streichelte beruhigend ihr seidiges Haar, während das Kind weinte und am ganzen Körper zitterte.
    »Ruhig, ganz ruhig«, murmelte Marrah. »Du bist ein seltsames Geschenk, meine Kleine, aber ein sehr kostbares.« Als Driknak zu weinen aufhörte, hob Marrah sie über ihren Kopf, damit alle sie sehen konnten. »Von diesem Tag an«, rief sie, »bin ich, Marrah, Tochter von Sabalah, die Mutter dieses Kindes, und Stavan, der Nomade, ist ihr Aita. Driknak wird in meinem Mutterhaus leben, zusammen mit meiner Tochter Luma und meinem Sohn Keru, und alle meine Verwandten werden sie ebenso lieben, als wäre sie meinem Mutterschoß entsprungen.«
    »Ich verstehe nicht«, jammerte Driknak. »Was hast du gesagt, große Ehefrau? Deine Sprache ist mir fremd.«
    Marrah stellte die Kleine wieder auf die Füße. »Du wirst sie bald lernen«, versprach sie, und dann zog sie ihre neue Tochter wiederum in ihre Arme und küßte und segnete sie.

EPILOG
    Kurz bevor der Weizen geerntet wurde, kehrte Stavan endlich nach Shara zurück. Als Marrah ihn auf die Stadt zureiten sah, rannte sie jauchzend hinaus durch die Felder, um ihn zu begrüßen. Er wirkte dünner und älter als damals, als er fortgegangen war, aber seine Küsse waren noch genauso süß. Rasch packte er Marrahs Handgelenk und half ihr, sich hinter ihm auf sein Pferd zu schwingen, und dann ritten die beiden davon in Richtung Wald.
    Sie verbrachten viele Stunden damit, sich gegenseitig ihre Erlebnisse zu erzählen, bevor sie wieder in die Stadt zurückkehrten. Marrah lachte und weinte, und Stavan hielt sie fest in seinen Armen und versicherte ihr immer wieder, daß er sie keinen Augenblick vergessen und wie schmerzlich sie ihm gefehlt hatte; aber er konnte nicht alles sagen, was sein Herz bewegte, denn er war kein Sänger er war nur ein Mann, der seine Familie liebte und dem es ein zweites Mal vergönnt war, mit ihnen ein Leben zu beginnen in einer gefährlichen Welt, wo dem Norden noch immer ein Krieg drohte und sich der Süden auf ein ungewisses Schicksal zubewegte.
    An jenem Abend, als sie durch die wogenden Weizenfelder nach Shara zurückkehrten, hörte Marrah das krächzende Tschack einer weißkehligen Grasmücke. Der Laut

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