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Alteuropa-Trilogie 2 - Die Schmetterlingsgöttin

Titel: Alteuropa-Trilogie 2 - Die Schmetterlingsgöttin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Mackey
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vorn an der Spitze des Trupps, fast verloren in dem heftigen Schneegestöber, rannten ihre halbwilden Hunde in einem Rudel, schnüffelten auf dem Boden und hielten gelegentlich an Stellen inne, wo der Sturm den Schnee weggeweht und nackte Erde freigelegt hatte.
    Die Hunde der Hansi waren große, kräftig gebaute Tiere mit dickem Fell und scharfen, intelligenten Augen; wenn in dem Moment unvermittelt ein Fremder aufgetaucht wäre, hätten sie ihn in Stücke gerissen, noch bevor die Krieger sie daran hätten hindern können – aber es waren keine Fremden in Sicht! Deshalb bewegten sich die Hunde in schnellem Tempo voran, da es nichts von Interesse zu untersuchen gab. Nur einmal blieb die Leithündin stehen, warf den Kopf in den Nacken und stieß ein langgezogenes Heulen aus. Als sie gleich darauf davonstürzte, trieben die Krieger ihre Pferde zu einem leichten Trab an und folgten ihr; aber bald hielt sie erneut an und begann nach Spuren zu suchen, die Nase dicht auf dem Boden.
    Die Krieger tauschten vielsagende Blicke, aber keiner sprach. Ihre Augen waren blutunterlaufen vor Müdigkeit, und dennoch glänzten sie vor Erregung. In diesem Moment erübrigten sich Worte: Sie waren auf der Jagd nach fünf Menschen – einem Jungen, einem Mann und drei Frauen. Der Junge war der adoptierte Erbe und Nachfolger ihres toten Häuptlings und eine der Frauen seine Schwester. Diese Schwester fürchteten alle als mächtige Hexe, die selbst den tapfersten Krieger mit Blindheit schlagen konnte; ihre Zauberkräfte erwiesen sich jedoch als nicht ganz so stark, wie die Hansi zuerst befürchtet hatten. Sie und ihre Gefährten waren fast die ganze Nacht hindurch geritten, bevor es zu schneien begonnen hatte; trotzdem lag da diese Spur vor ihnen, die selbst ein Junge zu lesen vermochte.
    Durch den Schneefall war ihre Fährte jetzt zwar kaum noch zu erkennen; doch die Hansi-Krieger ritten zügig weiter, da sie ständig auf etwas stießen, das ihnen die Richtung bestätigte: ein umgedrehter Stein, ein schwacher, halb mit Schnee gefüllter Hufabdruck, ein paar umgeknickte oder plattgetrampelte Grashalme. An mehreren Stellen hatten die Hunde bereits die Witterung der Flüchtenden aufgenommen. Zugegeben, sie verloren die Spur jedesmal wieder aufgrund dieses verfluchten Schneesturms, aber schließlich würde das Unwetter nicht bis in alle Ewigkeit anhalten.
    Zur Zeit wußten die Verfolger mit absoluter Sicherheit, daß die Flüchtenden nach Nordosten strebten, statt nach Südwesten in Richtung der Mutterländer. Ohne Zweifel versuchten sie auf diese Weise, Verwirrung zu stiften und einer Verfolgung zu entgehen, aber Hansi-Krieger waren die besten Fährtensucher der Steppen. Solange es noch schneite, wagten sie es nicht, zu schnell zu galoppieren, aus Angst, irgendeinen Hinweis zu übersehen. Doch morgen oder übermorgen würde der Schneefall aufhören, und dann würden die Hufabdrücke eine breite, deutlich erkennbare Spur bilden; damit wären die Hunde in der Lage, eine fortlaufende Fährte zu verfolgen. Und wenn das geschah, würden sich die Krieger auf die Flüchtlinge stürzen und sie wie verirrtes Vieh einkreisen.
    Im Geist waren die Männer bereits dabei, den versprochenen Gewinn aufzuteilen; sie zählten in Gedanken die Rinder und Schafe zusammen, die Vlahan, ihr Häuptling, ihnen zur Belohnung geben würde, wenn sie ihm die Hexe brachten; voller Vorfreude malten sie sich aus, wie sie die glatten Goldkörner befühlten, die sie von Vlahan bekommen würden, wenn sie den Jungen unverletzt ablieferten; und sie schwelgten schon im voraus im Genuß des fermentierten Kersek, den sie bald tränken, um den Tod von Stavan, dem Verräter, zu feiern.
    Am Nachmittag zuvor, als sie eine Rast eingelegt hatten zur Schonung ihrer Pferde, zogen sie Lose um die Ehre, Stavan zu töten, und wie gewohnt gewann Mukhan, ihr Anführer. Mukhan war der zweitbeste Fährtensucher des Stammes, ein großer, kräftiger Mann mit einem Wust von Haaren von der Farbe getrockneten Blutes und einer Wolfstätowierung auf seiner linken Wange. Alle hatten ihn im Verdacht, bei der Verlosung betrogen zu haben; aber keiner wagte es, seinen Verdacht laut werden zu lassen, da bekanntlich Mukhan seinen eigenen Vetter wegen einer weitaus harmloseren Beleidigung umgebracht hatte. Außerdem wollte Mukhan großzügigerweise die begehrten Frauen den anderen überlassen.
    Während sie dahinritten, den Kopf gegen den scharfen Nordwind gesenkt, gingen sie in Gedanken ihre Möglichkeiten durch.

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