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Alteuropa-Trilogie 2 - Die Schmetterlingsgöttin

Titel: Alteuropa-Trilogie 2 - Die Schmetterlingsgöttin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Mackey
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daß man sie nicht zählen kann. Sie ist sich nicht bewußt, daß sie deine Stimme hört, und dennoch hört sie sie. In ihrer Zeit ist die Göttin Erde längst vergessen, aber deine Schale bewirkt, daß sie sich erinnert. Du wirst in deinem Leben noch viele, viele Schalen töpfern, doch nur diese eine wird die Zeiten überdauern.«
    Das Imsha ließ Marrahs Handgelenk los, und plötzlich erwachte sie aus ihrer Trance; sie standen wieder neben dem Teich, und das Vogelnetz war nur ein kleines Viereck aus Menschenhaar, wenig größer als Marrahs Handflächen.
    »Wie hast du das gemacht?« rief Marrah verwundert.
    Das Imsha gab keine Antwort, sondern beugte sich vor und küßte Marrah auf die Stirn. »Ich habe gar nichts getan«, sagte es sanft. »Das hast du alles selbst bewirkt. In dieser dritten Stufe der Einweihung in die Kräfte der Dunklen Mutter muß die Person, um die es geht, lernen, ohne zu wissen, was sie lernt.
    Du bist tatsächlich gesegnet. Die Dunkle Mutter hat dir die Macht der Trance und der Prophezeiung verliehen, die deiner Großmutter versagt blieb. Geh nach Hause, liebes Kind. Es gibt jetzt nichts mehr, was ich dich noch lehren kann. Du wirst eine große Priesterin und eine große Königin sein, aber wenn jemals eine Zeit kommt, in der du dir nicht mehr zu helfen weißt und alles verloren scheint, dann häng dein Netz auf und flüstere die Namen der Dunklen Mutter.«
    »Erzähl mir mehr! « flehte Marrah. »Was siehst du noch? Werde ich Keru zurückbekommen? Wird Arang leben, um neben mir im Rat der Ältesten zu sitzen? Und Stavan? Was ist mit Stavan? « Das Imsha verweigerte jedoch jegliche Antwort und wandte sich ab, um im Wald zu verschwinden.
    An jenem Nachmittag rollte Marrah ihr Netz zu einem festen Knäuel zusammen, streifte ihre Sandalen über und machte sich auf, um nach Kataka zurückzukehren. Sie befand sich ungefähr auf halbem Weg hügelabwärts, als sie Hiknak auf Ylata den Abhang heraufgaloppieren sah mit Nretsa am Zügel neben sich.
    »Schnell, steig auf!« rief Hiknak. »Königin Glyntsa hat mich geschickt, um dich zu holen. Sie will, daß du dich sofort nach Kataka begibst. Dalish ist heute morgen in der Stadt angekommen, mit einer Nachricht von deiner Großmutter. Einer von Nikhans Kriegern bringt uns eine Unglücksbotschaft. Er behauptet, Nikhan und Stavan hätten gegen Vlahan gekämpft und verloren! «
    Marrah bat Hiknak, ihr mehr zu erzählen, aber Hiknak wußte nichts Näheres. Sie erklärte, sie wäre sofort losgeritten, um sie, Marrah, zu holen, nachdem Dalish völlig erschöpft in Kataka eingetroffen war.
    »Dalish wollte mir den Rest der Nachricht nicht mitteilen ohne deine Gegenwart«, sagte Hiknak. »Ich habe sie nach Arang gefragt und nach Stavan und Keru, aber sie wehrte nur ab: ›Geh und hol Marrah.‹ Sie war so am Ende, daß Kal sie von ihrem Pferd heben mußte, und als Glyntsa ihr eine Stärkungsbrühe holte, schlief sie mit dem Kopf auf dem Tisch ein, bevor sie davon trinken konnte.«
    Sie blickten einander sorgenvoll an, und beiden ging derselbe Gedanke durch den Kopf, aber im Augenblick gab es nichts hinzuzufügen. Schweigend ritten sie den schlammigen Pfad hinunter, ließen die Pferde vorsichtig um die Felsblöcke herumgehen. Marrah war so beunruhigt, daß sie Nretsa am liebsten zu einem scharfen Galopp angetrieben hätte; doch sie hatte schon vor langer Zeit gelernt, daß man niemals bergab über loses Geröll raste, sonst riskierte man den Bruch der Vorderläufe seines Tiers. Während sie dahinritt, zählte sie sich eine Reihe von Gründen auf, warum Dalish sich so beharrlich weigerte, Hiknak den Rest von Lalahs Botschaft zu berichten – und jeder war schlimmer und bedrückender als der andere.
    Mehrmals schloß sie die Augen und versuchte zu erkennen, welche Nachricht sie in Kataka erwartete; aber sie nahm nur die Dunkelheit hinter ihren Lidern wahr. Die Göttin mochte ihr zwar Einblick in die Macht von Trance und Vision gewährt haben; doch ohne das Vogelnetz aufzuhängen und die Namen der Dunklen Mutter zu flüstern, war sie jetzt ebensowenig fähig, in die Zukunft zu sehen, wie an dem Tag, als das Imsha ihr befohlen hatte, ihr Haar abzuschneiden.
    Schließlich wurde das Gelände wieder eben, und sie konnten ihre Pferde zu einem schnellen Trab antreiben. Bald darauf kam Kataka in Sicht.
    Der Weizen stand bereits kniehoch, bewacht von denselben Getreidetonnen, von denen Marrah damals bei ihrer Ankunft so beeindruckt gewesen war – aber das Kataka, in das

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