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Alteuropa-Trilogie 2 - Die Schmetterlingsgöttin

Titel: Alteuropa-Trilogie 2 - Die Schmetterlingsgöttin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Mackey
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Kräuter und beteten zur Schmetterlingsgöttin, daß Stavan sicher zurückkehren und gute Nachrichten mitbringen möge. Später dann fing Dalish einen Schmetterling, jagte ihm mit Jubelrufen am Ufer des Sees hinterher. Er war ein hübsches Ding, ganz grün und golden, und als sie ihn zu Marrah zurücktrug, sorgsam darauf bedacht, nicht den feinen Staub von seinen Flügeln zu wischen, sahen sie, daß einer der Flügel einen schwarzen Fleck aufwies, der wie eine Doppelaxt geformt war.
    »Das ist das Zeichen der Schmetterlingsgöttin persönlich!« rief Dalish. »Es ist ein erfreuliches Omen!« Aber Marrah war sich nicht so sicher. Bevor die Nomaden sie gefangengenommen hatten, hatte sie solche Flecken in Form einer Doppelaxt immer als Schmetterling angesehen; doch mittlerweile waren Äxte in ihrer Vorstellung untrennbar mit Krieg verbunden und nicht mehr mit dem Symbol der Göttin.
    Stavan blieb den ganzen Nachmittag und Abend fort. Während sie die Pferde versorgten, ein paar Kaninchen über dem Feuer brieten und ihre Decken für die Nacht ausbreiteten, begannen sie allmählich, sich Sorgen zu machen.
    »Wieso braucht er denn so lange?« Arang ging zum Gestade hinunter, um am Strand entlang Richtung Stadt zu spähen; doch als er zurückkam, berichtete er nur, daß Stavan nirgendwo in Sicht sei. Sie warteten unruhig weiter, während der Vollmond am Himmel emporstieg und die Sterne sich von Osten nach Westen in einem prächtigen Tanz über die grauweißen Wasser des Süßwassersees bewegten. Es war schon beinahe Morgen, als er dann endlich zurückkehrte, und Marrah brauchte nur einen Blick in sein Gesicht zu werfen, um zu wissen, daß die Nachrichten, die er mitbrachte, keine guten waren.
    »Nomaden«, verkündete Stavan knapp. Er sah so bleich wie ein Gerippe in dem hellen Mondlicht aus, so steif wie die Alabasterfiguren der Totengöttin, die die Giraner ihren Verwandten mit ins Grab legten, und als er aus dem Sattel stieg und ans Feuer kam, um seine Hände zu wärmen, fühlte sich seine Haut so kalt wie Kupfer an.
    Sie setzten ihm Fleisch vor und warteten gespannt darauf, daß er endlich zu sprechen begann, wohl wissend, daß er kein Mann war, der sich drängen ließ. Manchmal ärgerte sich Marrah über diese Eigenschaft, diesen Teil seines Ichs, der an den einstigen Nomadenkrieger erinnerte und der so unendlich schweigsam sein konnte, wenn es doch soviel zu sagen gab. An diesem Abend aber verstand sie ihn.
    Sie reichte ihm eines der gebratenen Kaninchen, die mit dem wilden Rosmarin gewürzt waren, der am Strand wuchs; nachdem Stavan gegessen hatte, kehrte wieder Farbe in sein Gesicht zurück, und er berichtete ihnen von seiner Erkundung.
    Ein Verband bewaffneter Krieger hatte sich in den Ruinen von Shambah niedergelassen – keine Hansi-Krieger, sondern Krieger eines anderen, kleineren Stammes.
    »Nach ihren Tätowierungen zu urteilen sind es Shubhai, ein übles, wertloses Gesindel, und größtenteils Feiglinge. Neulich habe ich gehört, daß die Shubhai von einem unbedeutenden Häuptling namens Nikhan angeführt werden, der vor allem für seinen Widerwillen bekannt ist, von Angesicht zu Angesicht mit seinem Feind zu kämpfen. Er und seine Krieger tauchen gern auf dem Schlachtfeld auf, nachdem die Schlacht vorbei ist, um in den Ruinen herumzustochern und zu stehlen, was übriggeblieben ist, und alle diejenigen zu töten, die das Gemetzel überlebt haben.
    Die Hansi nennen die Shubhai das Abfall-Volk, weil sie immer die Reste essen, die sonst keiner haben will. Im Grunde sind sie dem Großen Häuptling zur Treue verpflichtet, aber die Shubhai gehören nicht zu den Zwanzig Stämmen, und sie kommen nie zu den Ratsversammlungen. Sie leben im Westen, in unmittelbarer Nähe der Mutterländer. Solange sich irgend jemand zurückerinnern kann, haben sie stets die nördlichsten Dörfer der Muttervölker überfallen und geplündert; aber was sie dabei erbeuteten, war immer so wertlos, daß keiner ihnen jemals besondere Beachtung geschenkt hat.«
    Dalish wurde blaß. »Waren sie diejenigen, die mein Dorf niedergebrannt und meine Familie getötet haben?«
    Stavan sah sie an, und der Ausdruck seiner Augen wurde weicher. »Das läßt sich nicht ganz eindeutig behaupten. Als ich noch ein Junge war, kamen die Shubhai manchmal mit einem oder zwei Sklavenmädchen zu uns und boten sie dem Großen Häuptling an, damit die Hansi sie in Ruhe ließen; aber sie brauchten sich eigentlich keine Sorgen zu machen, weil es niemanden kümmerte,

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