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Alteuropa-Trilogie 2 - Die Schmetterlingsgöttin

Titel: Alteuropa-Trilogie 2 - Die Schmetterlingsgöttin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Mackey
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Jenseits der Zelte lagen die Pferche, in denen sich Ziegen und gestohlenes Vieh drängten. Hier und dort konnte sie halbwilde Shubhai-Pferde auf Gras weiden sehen, das durch die Asche gesprießt war.
    Marrah spürte, wie ein seltsames Gefühl sie überkam – nicht direkt Furcht, sondern eher eine Art schwindelerregender Besorgnis. Einen Moment hatte sie den Eindruck, selbst vollkommen reglos dazustehen, während die gesamte Szenerie ähnlich einer Luftspiegelung auf sie zuschwebte, die langsam greifbar wurde. Und sie dachte an all die Symbole der Dunklen Göttin: Geier und Krähen und Eulen; das Schlängeln und Zischen giftiger Schlangen; weiße Nebelschwaden und Knochen; und die geisterhaften Schwestern, die kamen, um die Lebenden zur Muttergöttin zurückzurufen.
    Jetzt, bei hellem Tageslicht besehen, erschien der Ratschlag, den ihr Chilana gegeben hatte, so einfach, daß er fast lächerlich war. Was, wenn es nicht funktionierte, sich » auf die Wahrheit zu verlassen«? Was, wenn ihre Vision keine echte Vision gewesen war, sondern nur ein Traum, durch zu fettes Ragout und zuviel Tanzen verursacht? Was, wenn dieser Nikhan seinen Kriegern befahl, sie mit Pfeilen zu durchlöchern, noch bevor sie Shambah überhaupt betraten?
    Als sie näherritten, bemerkte Marrah ein paar elende Hütten, die in einer traurigen Nachahmung des alten shambahnischen Stils errichtet worden waren. Die erbärmlichen Hütten sahen eiförmig aus, und weder Chilana noch irgendeine andere Göttin schienen sie gesegnet zu haben. Keine weißgetünchten Wände schimmerten in der Nachmittagssonne, und keine gemalten Schmetterlinge tanzten über den schmucklosen Türen. Nachlässig zusammengefügt aus Schlamm und Stöcken, waren sie von Dornenranken umgeben, und selbst aus der Ferne glichen sie eher Schweineställen als menschlichen Behausungen. Dies müssen die Sklavenquartiere sein, dachte Marrah.
    Der Wind begann aufzufrischen und wehte einen üblen Gestank von Exkrementen und Krankheit herüber. Marrah atmete durch den Mund und versuchte sich von dem Leben derjenigen Menschen ein Bild zu machen, die in diesen elenden Hütten hausen mußten. Es gab nichts, was sie für die Besiegten tun konnte – noch nicht. Wieder warf sie einen Blick auf das Fort, dann drehte sie den Kopf, um Stavan, Dalish, Hiknak und Arang anzusehen. Wie waren sie bloß auf die Idee verfallen, sie könnten diesen verrückten Plan jemals in die Tat umsetzen?
     
    Der hölzerne Wall der Nomadenfestung wies eine schmale Öffnung auf, gerade breit genug, um ein Pferd durchzulassen. Stavan ritt so kühn und aufrecht hindurch wie ein Mann, der nichts zu fürchten braucht, und er schaute kein einziges Mal zurück. Der Hof war klein und schlammig, und aus der Nähe betrachtet sah das Gebäude recht und schlecht zusammengezimmert aus; aber es wimmelte nur so von bewaffneten Shubhai-Kriegern. Marrah sah drohende Pfeile auf sich gerichtet und Speere, die auf ihr Herz zielten, doch sie zuckte nicht mit der Wimper. Stavan hatte sie gewarnt, daß das leiseste Anzeichen von Angst oder Feigheit ihrer aller Tod bedeutete.
    Als sie und die anderen hinter ihm aufrückten, saß Stavan einen Moment schweigend im Sattel und betrachtete Nikhans Männer angewidert, als wären sie ungenießbare Überbleibsel von einem Mahl. Seine Augen blickten hart, und er hielt die Zügel lässig in der Hand. Marrah hatte ihn noch nie mit einem derart hoffärtigen Ausdruck auf dem Gesicht erlebt.
    »Ich bin Stavan, Sohn von Zuhan«, verkündete er. Bei der Nennung des Namens Zuhan sahen die Krieger beeindruckt aus, und ein paar senkten ihre Speere. Einige starrten lüstern auf Dalish, deren mit roten Troddeln besetzte Kapuze sie als Konkubine kennzeichnete. Hiknak war genauso gekleidet; aber da sie darauf bestanden hatte, ihr Kleid auszustopfen, um noch schwangerer als Marrah auszusehen, wurde den beiden nur die Gleichgültigkeit zuteil, die Nomadenkrieger schwangeren Frauen gewöhnlich entgegenbrachten.
    »Seid ihr alle taub?« fauchte Stavan. »Ich habe gesagt, ich bin Stavan, Sohn des Großen Häuptlings der Zwanzig Stämme, und ich erwarte, in diesem elenden Lager mit dem mir zustehenden Respekt begrüßt zu werden! Ich bin gekommen, um mit eurem Häuptling, Nikhan dem Feigen, zu sprechen; nach diesem langen Ritt bin ich nicht in der Stimmung, mein Anliegen Dummköpfen vorzutragen. Wenn ihr keine Sklaven habt, dann führt diese Pferde gefälligst selbst zum Tränken, macht es meiner Ehefrau und ihren

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