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Alteuropa-Trilogie 2 - Die Schmetterlingsgöttin

Titel: Alteuropa-Trilogie 2 - Die Schmetterlingsgöttin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Mackey
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wieder zu Atem zu kommen.
    »Möget ihr alle gesegnet sein!« rief Dalish, die außer sich vor Freude war. »Gesegnet sei diese Stadt und die Göttin Batal, die sie beschützt! «
    Marrah warf einen Blick zurück auf Hiknak. Die kleine Nomadin, die kaum ein Wort Sharanisch verstand, starrte mit großen, entzückten Augen auf die bunten Blumen und Mutterhäuser. Marrah erinnerte sich, daß dies die erste Stadt war, die Hiknak jemals gesehen hatte – es sei denn, man rechnete Shambah dazu, das jedoch kaum mehr als einen Haufen Trümmer geboten hatte. Hiknak schien besonders eingenommen von der ungezwungenen Art der Frauen, die sich so kühn um die Pferde drängten.
    Da, wo sie herkam, wären die Frauen gezwungen gewesen, in respektvoller Entfernung zu warten, bis die Männer des Lagers die Besucher begrüßt und sie in Freunde oder Feinde eingeteilt hätten. Sie hätten ihre Gesichter mit Tüchern verhüllt, die Augen niedergeschlagen und es niemals gewagt, laut zu sprechen; aber hier waren Männer und Frauen offensichtlich gleichgestellt, und als Hiknak beobachtete, wie sie sich Ellenbogen an Ellenbogen vorwärtsschoben, um einen besseren Blick zu erhaschen, breitete sich ein anerkennendes Lächeln auf ihrem Gesicht aus. Es war ein triumphierendes Lächeln, als dächte Hiknak, hier endlich sei es schön, eine Frau zu sein.
     
    Die Sharaner liebten es, Feste zu feiern, und jeder Vorwand war ihnen recht. Marrah und Arang – die sie schon für tot gehalten hatten – waren zurückgekehrt, was bedeutete, daß Musik gemacht, Weinkrüge entkorkt und ein Festmahl von gewaltigen Ausmaßen gekocht und bereitgestellt werden mußte. Die Restaurierungsarbeiten an der Schlange der Zeit wurden abrupt unterbrochen, und die Bewohner der Stadt rannten geschäftig hin und her, um Mehl aus Vorratsbehältern zu holen, Fleisch auf Bratspieße zu stecken und Gemüse zu zerkleinern.
    Kochen galt als eine heilige Kunst, die von der Göttin Erde mit Wohlwollen betrachtet wurde, und die Köche der Stadt gehörten zu den besten weit und breit. Den ganzen Nachmittag über arbeiteten Männer und Frauen Seite an Seite in den Mutterhäusern und fabrizierten eine Köstlichkeit nach der anderen. Sie bereiteten Tauben in grüner Soße mit Honig, aromatischen Kräutern und Essig zu und kochten Weizenbrei mit Schweinefleisch, Knoblauch, Olivenöl und gemahlenen Gewürzen. Rote Meeräschen wurden mit Salbei, Raute und gehackten Kiefernsamen eingerieben und über glühenden Kohlen gegart; ganze Fische wurden in Salz und Koriander gewälzt, in Ton gehüllt und in der heißen Asche geschmort, bis sich ein köstlicher Saft entwickelte. Bällchen aus gehackten Garnelen und Tintenfisch wurden in Schweineschmalz auf Steinplatten gebraten; gedämpfte Stangenbohnen und Kichererbsen wurden vermischt und mit Öl, Salz und Rotwein abgeschmeckt. Es gab köstliche Linsengerichte, mit Eßkastanien gewürzt; Salate aus gekochtem Porree, Rüben mit Senf, frische Blattsalate und geschmorte, mit zerlassener Butter bestrichene Maiskolben.
    Und erst die Süßspeisen, ah, die Süßspeisen! Marrah lief noch Wochen danach das Wasser im Munde zusammen bei der bloßen Erinnerung: gebackene Brotscheiben, in Honig getaucht und mit einer dicken Schicht Sahne bedeckt; Brötchen, gefüllt mit süßem Quark; Vanillepuddings mit Eierschnee; Teigkringel, die in Honig und gehackte Nüsse getaucht waren; gedörrte Äpfel in Weinsoße; und natürlich viele Schüsseln geronnener Ziegenmilch, die die Sharaner so liebten, mit gehackten Kirschen aufgeschlagen, mit Feigen gesüßt und Rosenwasser abgeschmeckt.
    Marrah aß und aß, bis sie fast platzte, und dann aß sie noch ein wenig mehr; während dieses köstlichen Schmausens lachte sie, unterhielt sich lebhaft und küßte alte Freundinnen und Freunde. Sie staunte, wie sehr Ranala und Kandar in der Zeit gewachsen waren, die sie bei den Nomaden verbracht hatte, und sie gestattete den beiden alten Familienhunden, ihre Köpfe auf ihren Bauch zu legen, während sie sie hinter den Ohren kraulte.
    Es war eine wundervolle Nacht, eine, die in ihr das Gefühl weckte, niemals fort gewesen zu sein. Weil das Wetter milde war, saßen alle auf dem zentralen Versammlungsplatz auf Riedgrasmatten und Kissen – zweiundsiebzig Familien, dicht an dicht zusammengedrängt. Wie gewöhnlich redeten alle in voller Lautstärke durcheinander, stopften sich mit Essen voll und diskutierten lebhaft; die Kinder flitzten ausgelassen zwischen den Erwachsenen hin und her

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