Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Alteuropa-Trilogie 2 - Die Schmetterlingsgöttin

Titel: Alteuropa-Trilogie 2 - Die Schmetterlingsgöttin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Mackey
Vom Netzwerk:
wie seit Urzeiten.
    Die weißen Kieswege säumten noch immer Blumen; die Rosen von Batals heiliger Stadt rankten noch immer bis zu den Dächern der Mutterhäuser hinauf, und die Clanzeichen, mit denen die Wände bemalt waren, leuchteten frisch und farbenfroh. Auf dem zentralen Versammlungsplatz wand sich die Schlange der Ewigkeit in ihrem endlosen Kreis des Friedens; und als Marrah an den bescheidenen zweistöckigen Tempeln vorbeikam, konnte sie die heiligen Brotöfen sehen, deren Form dem Bauch einer schwangeren Frau nachempfunden war – auch die Webstühle mit den Steingewichten, die zu Tiergestalten geschliffen waren, und die Stapel von Tonkrügen und Figuren, die darauf warteten, gebrannt zu werden, so wie damals Krüge und Figuren auf den Brennofen gewartet hatten an dem Tag, als sie nach Shambah aufgebrochen war.
    Die Stadt roch förmlich nach Frieden. In Shambah hatte ihnen jedesmal Asche in den Augen gebrannt, wenn der Wind drehte; doch hier brachte die Brise, die vom Süßwassersee herüberwehte, den Jasmin- und Tanggeruch mit sich. Marrah konnte frisch gebackenes Brot riechen und den köstlichen Duft von Ragout, das in glühender Asche schmorte, während die Familien damit beschäftigt waren, die Malereien auf der Südmauer aufzufrischen. Von Zeit zu Zeit entwich ein Wölkchen süßen Weihrauchdufts aus einer der Tempeltüren, als wäre der einzige Rauch, den die Sharaner kannten, der Rauch von Opfergaben für die Göttin Erde.
    Hier existierte eine Stadt, von der Anschauung geprägt, daß Menschen dazu erschaffen waren, in Harmonie miteinander und mit all den anderen Lebewesen und Dingen um sie herum zu leben. Es gab kein Fort neben dem Fluß, keinerlei Zufluchtsstätten in den Felsen, keinerlei Schutzmauern bis auf einen dürftigen Zaun aus Riedgräsern, um die Tiere abzuhalten. Wenn man von der Landseite her nach Shara kam, breitete die Stadt ihre Arme aus wie eine Mutter, die ihre heimkehrenden Kinder begrüßt; näherte man sich indessen vom Meer her, grüßte jeden Neuankömmling ihre Große Schlange in alter gastfreundlicher Weise.
    Als Marrah jetzt ihren Blick über die vertrauten Gesichter schweifen ließ, sah sie nichts als unschuldige Neugier und Erwartung darin. Da die Sharaner noch niemals berittene Krieger gesehen hatten, rannten sie nicht schreiend vor Angst davon, sobald sie diese eigenartigen Gäste erblickten. Sie liebten Tiere, und als sie sich um Marrah und Arang drängten, um sie in der Heimat willkommen zu heißen, staunten sie über die sonderbaren und wundervollen Tiere, die sanft genug waren, um Menschen auf ihrem Rücken zu dulden. Kinder streckten furchtlos die Hände nach Marrahs Stute aus, und Erwachsene streichelten die kurze Mähne ihres Pferdes, als wäre es menschliches Haar.
    Die Sharaner fanden auch Stavan und Hiknak interessant – da sie noch nie zuvor blondes Haar und blaue Augen gesehen hatten –, und sie glotzten verwundert auf die Tätowierungen in Dalishs Gesicht, als könnten sie ihren Augen nicht so recht trauen – aber es waren die Pferde, die die größte Faszination auf sie ausübten. Aus irgendeinem Grund brachte der Anblick dieser Tiere die Leute zum Lachen. Die Sharaner starrten auf ihre großen gelben Zähne und inspizierten ihre Hufe, und als sie unter die Schwänze der Hengste spähten, stießen sie bewundernde Pfiffe aus.
    »Junge, Junge, was für eine mächtige Potenz sie haben!« »Wie sanft und friedlich sie sind! «
    »Bekommt ihr keinen wunden Hintern vom Reiten?«
    »Ich wette, es ist ein gutes Gefühl, ein solches Tier zwischen den Schenkeln zu haben!« Dieser Kommentar wurde von einem rauhen Lachen begleitet. Marrah blickte hinunter und sah, wie ihre Kusine Inhala zu ihr hochgrinste. Inhala war so elegant wie eh und je gekleidet. Neben ihr stand Barrash, der aussah, als trüge er noch dieselben alten Sandalen und denselben mit Tonflecken verkrusteten Lendenschurz wie vor Jahren.
    »Nicht halb so gut, als wenn man einen Mann zwischen den Schenkeln hat«, gab Marrah übermütig zurück.
    Die Menschenmenge brüllte vor Lachen.
    »Was hast du mit dem dort gemacht, daß sein Haar ganz weiß geworden ist? « schrie Inhala und zeigte auf Stavan.
    »Sie hat mit mir die Liebe eines ganzen Lebens in einer einzigen Nacht gemacht«, rief Stavan zurück. Die Leute waren erstaunt, ihn Sharanisch sprechen zu hören. Einen Moment lang standen sie in verblüfftem Schweigen da, dann lachten sie so ausgelassen, daß sich einige von ihnen hinsetzen mußten, um

Weitere Kostenlose Bücher