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Alteuropa-Trilogie 3 - Das Lied der Erde

Titel: Alteuropa-Trilogie 3 - Das Lied der Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Mackey
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und galoppierte davon.
    »Ihr nach! « brüllte Lrankhan. Es war ein Befehl, den niemand verweigerte. Lachend und unter obszönen Rufen stürmten sie in den Fluß – eine wilde, lüsterne Horde Krieger, die miteinander um die Wette ritten, weil jeder der erste sein wollte, der die Frau einholte.
    Wumm!
Der erste Mann stürzte mit einem zornigen und überraschten Schrei vom Pferd.
Wumm!
Schon ging ein zweiter Krieger zu Boden und gleich darauf ein dritter. Als Lrankhan das Seil an seinem Hals fühlte, wußte er, daß sie in die Falle gelockt worden waren. Er hatte jedoch keine Zeit, über den Verrat nachzudenken, denn gleich darauf flog er wie die anderen in hohem Bogen durch die Luft und landete so hart auf dem Boden, daß es ihm den Atem aus den Lungen preßte.
    Fluchend rappelten sich die Krieger wieder auf und begutachteten den Schaden, während die, die nicht in das straff gespannte Seil geritten waren, umkehrten und zurückritten, bereit, ihre Kameraden gegen den Überfall aus dem Hinterhalt zu verteidigen, der zweifellos folgen würde. Doch nichts deutete auf einen Angriff hin. Die Schlachtrösser, darauf dressiert, sofort stehenzubleiben, wenn ihre Reiter abgeworfen wurden, grasten friedlich mit gesenkten Köpfen. Abgesehen von dem lästerlichen Gefluche und Gehuste der so unsanft aus dem Sattel beförderten Krieger, war alles wieder so still wie zu dem Zeitpunkt, bevor die Frau aufgetaucht war.
    Lrankhan stand auf. Auf seinem Hals war ein breiter blutiger Striemen, und sein Gesicht war schrecklich anzusehen. Dieses elende Miststück hatte ihn vor all seinen Männern gedemütigt. Sie hatte ihn zum Gespött gemacht, und es gab nichts, was er mehr haßte, als verspottet zu werden. Er packte die lose herabhängenden Zügel, riß den Kopf des Wallachs hoch und versetzte ihm einen harten Klaps, weil er mitten in einer Schlacht graste. Dann schwang er sich wieder in den Sattel und wandte sich zu seinen Männern um.
    »Zeigen wir ihr, was mit verlogenen Huren passiert!« knurrte er. Das gefiel den Kriegern. Auch sie waren wütend und fühlten sich gedemütigt. Sie brannten darauf, die Frau in die Finger zu kriegen, und sie waren überzeugt, sie zu erwischen, selbst wenn sie noch so schnell reiten mochte.
    In dem Moment kam der Mond hinter den Wolken hervor, als habe er beschlossen, den Kriegern zu helfen. Das fahle Mondlicht, das durch die kahlen Äste der Bäume drang, enthüllte die schlammigen Hufspuren, die ihr Pferd hinterlassen hatte, als sie davon-galoppiert war. Beim Anblick der Hufabdrücke warf Lrankhan den Kopf in den Nacken und stieß den alten Schlachtruf der Zaxtusi aus. Die anderen Männer fielen ein. Ihre Stimmen hallten derart schauerlich durch die Nacht, daß sich selbst einem Wolf vor Angst das Nackenfell gesträubt hätte. Doch gleich darauf verwandelten sich ihre Schlachtrufe in Schreie voller Furcht und Bestürzung. Was ging hier vor? Die Pferde, die sie gerade wieder bestiegen hatten, fingen auf einmal an, wie Betrunkene zu torkeln. Gut die Hälfte der Tiere keuchten plötzlich erbärmlich, strauchelten, knickten in den Beinen ein und brachen schließlich kraftlos unter ihren Reitern zusammen.
    Lrankhans Wallach fiel als erster, sackte langsam in sich zusammen und stürzte zu Boden, während Lrankhan noch wie wild an den Zügeln zog und erbittert fluchte. Schon ging ein weiteres Pferd zu Boden und dann noch eines. Ringsherum brachen Pferde zusammen und lagen ermattet im Schnee, und ihre Flanken hoben und senkten sich schwer, während sie mühsam nach Atem rangen.
    »Eine Seuche!« schrie einer der Krieger und ließ sich neben seinem Tier auf die Knie fallen.
    »Ein Fluch!« brüllte ein anderer.
    »Nein«, rief ein dritter, »Choatk ist gekommen, um seine Mittwinteropfer einzufordern!«
    Diese Erklärung schien so gut wie jede andere, so daß die Krieger später ihren Frauen und Kindern folgende Geschichte erzählten: Die Gemahlin des Herrschers der Hölle war erschienen und hatte sie aufgefordert, ihr zu folgen; und als sie auf ihren Befehl hin in den Wald geritten waren, hatte Gott Choatk persönlich die Hälfte ihrer Pferde getötet.
    Doch selbst wenn Choatk tatsächlich aus dem Reich der Finsternis heraufgestiegen wäre und mit seinen blutigen Wolfszähnen geknirscht hätte, hätten sie ihm ihre kostbaren Schlachtrösser nicht kampflos überlassen. Diese Tiere hatten sie eigenhändig zugeritten, dressiert und geritten, und in kalten Winternächten schliefen sie neben ihnen. Obwohl die

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