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Alteuropa-Trilogie 3 - Das Lied der Erde

Titel: Alteuropa-Trilogie 3 - Das Lied der Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Mackey
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Moment, in dem Luma Shalru durch Schenkeldruck auf der Stelle wendete, drückte Keshna ihrer Stute die Fersen in die Flanken und zog sie herum. Die Weinstöcke teilten sich, und sie stürmten Seite an Seite hinaus und schrien, auf die Nomadenkrieger zugaloppierend, aus voller Kehle.
    »Batal!« brüllte Luma.
    »Batal und Sieg!« schrie Keshna.
    Das Problem mit Überraschungsangriffen auf Nomaden war, daß sie ihr ganzes Leben lang damit rechneten, plötzlich aus dem Hinterhalt überfallen zu werden. Die vier Krieger waren vielleicht im ersten Moment überrascht, erholten sich jedoch viel zu schnell von dem Schreck, als daß ein Sturmangriff besonders erfolgversprechend gewesen wäre. Sie ließen die Zügel der Packpferde fallen und griffen so schnell nach ihren Waffen, daß jeder von ihnen vier Arme zu haben schien. Dennoch gab es einen Moment – einen sehr kurzen Augenblick –, als sie ruckartig den Kopf hoben, um ihre Angreifer zu beobachten, und mit der Hand noch nicht ganz ihre Speere erreicht hatten. In diesem Moment schoß Luma ihren Pfeil ab und jagte ihn geradewegs durch den Hals des Kriegers in der Skalpweste. Es war natürlich ein Zufallstreffer. Sie hätte niemals genau genug zielen können, um ihn zu treffen, nicht vom Rücken eines galoppierenden Pferdes aus, nicht in der nervösen, aufgeregten Verfassung, in der sie war. Aber Batal führte ihren Arm, der Pfeil flog direkt auf sein Ziel zu, und sie hörte den dumpfen Aufprall, als die Pfeilspitze die Luftröhre des Mannes durchbohrte.
    Der Krieger ließ den Speer fallen, den er gerade nach ihr hatte schleudern wollen, und starrte sie aus weitaufgerissenen Augen wütend an, als wolle er wissen, wie sie es wagen konnte, ihn zu erschießen. Langsam hob er eine Hand, schlug nach dem Pfeilschaft, verfehlte ihn, kippte nach vorn und stürzte vom Pferd. Es war kein Blut zu sehen, nicht ein einziger Tropfen, aber er lag so reglos da, daß Luma begriff, daß sie ihn getötet haben mußte.
    Sie hatte jedoch keine Zeit, darüber nachzudenken, was es bedeutete, einen Menschen getötet zu haben. Inzwischen kam, alarmiert durch die Kampfgeräusche, auch der Rest der Nattern herbeigaloppiert, um sich an dem Sturmangriff zu beteiligen, doch Luma und Keshna waren viel zu weit voraus, als daß ihnen die Verstärkung etwas genützt hätte. Die drei verbleibenden Krieger stürzten sich mit gewaltigem Zorn auf die beiden Frauen, die es gewagt hatten, einen der Ihren zu töten. Sie schrien schreckliche Hansi-Flüche, schleuderten ihre tödlichen, mit Feuersteinspitzen bewehrten Speere und ließen ihre Pfeile zischend durch die Luft sausen. Diese Männer verfehlten ihr Ziel nicht, und wären die Packpferde nicht gewesen, wären Luma und Keshna mit Sicherheit niedergemetzelt worden. Aber die Packpferde brachen, völlig verstört durch die gellenden Schlachtrufe, in Panik aus und galoppierten geradewegs auf Luma und Keshna zu. So bildeten sie eine lebende Barrikade und hinderten die Krieger daran, ihr Ziel zu treffen.
    Tobend vor Wut schossen die Nomaden auf ihre eigenen Packpferde, um sie aus dem Weg zu treiben, doch es war zu spät. Angeführt von Kandar waren die übrigen Nattern inzwischen eingetroffen. Schneller, als Luma die ganze Szene in sich aufnehmen konnte, fielen zwei weitere Nomadenkrieger, und als der Überlebende erkannte, daß er den Angreifern hoffnungslos unterlegen war, machte er kehrt und ergriff die Flucht.
    »Ihm nach! « brüllte Kandar. Die zehn Nattern stürmten in den Bach, trieben ihre Pferde das schlammige Ufer hoch und preschten in den Wald. Als Luma sich an Shalrus Mähne festklammerte und ihn drängte, noch schneller zu galoppieren, peitschten ihr Zweige ins Gesicht. Shalru streckte sich und wurde ganz Rhythmus und Tempo.
    »Batal!« schrien die Nattern. »Batal! Batal!« Und der Name der Göttin und das Trommeln der Pferdehufe verschmolzen miteinander und vibrierten durch die Luft, während sie den fliehenden Nomaden verfolgten.
    Luma wußte nicht, wie lange die Jagd so weiterging, doch nach einer Weile zügelte Kandar seinen Wallach und bedeutete den anderen, es ihm nachzutun. Es war gut, daß er die wilde Verfolgungsjagd abbrach, denn inzwischen waren die Pferde völlig außer Atem und über und über mit Schweiß bedeckt.
    »Ich fürchte, wir haben ihn verloren«, sagte Kandar. Die anderen stöhnten enttäuscht auf. Kandar und Trithar, der zweitbeste Fährtensucher der Gruppe, saßen ab und suchten nach Spuren des Nomaden, während die

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