Althalus
Faust.«
»Wie grausam!«, rief Andine.
»Nein«, widersprach Eliar. »Es ist sogar etwas wie Güte. Mein Sergeant lehrte uns das Überleben. Was könnte gütiger sein? Im Krieg werden Menschen getötet. Ich verdanke meinem Sergeant, dass ich nicht dazugehöre.«
»Dann ist es eine Form von Nächstenliebe?«
»So weit würde ich nicht gehen. Der Sergeant wollte, dass wir am Leben bleiben, um genug Männer für die nächste Schlacht zu haben. Bei der Strategie kommt es vor allem darauf an, seine Männer am Leben zu halten. Wenn man sich um seine Männer kümmert, kümmern sie sich auch um einen selbst.«
»Sind wir hier im Haus fertig, Dweia?«, erkundigte Althalus sich.
»Für den Augenblick, ja.«
»Dann könnten wir aufbrechen, um mit Häuptling Albron zu verhandeln. Sein Stamm ist der größte in Arum, und er kennt uns; deshalb können wir bei ihm ohne viele Worte schnell zur Sache kommen.«
»Die anderen Häuptlinge hören auf Albron«, erklärte Eliar.
»Da bin ich sicher. Er und ich sind gut miteinander ausgekommen. Natürlich habe ich ihm keinen reinen Wein eingeschenkt, was den Dolch betrifft, aber das dürfte ich ohne größere Schwierigkeiten klären können. Wirklich wichtig ist, dass nur ein Stammeshäuptling eine Zusammenkunft aller Häuptlinge von Arum einberufen kann -wir hätten nicht die Zeit, jeden Stamm des ganzen Landes einzeln aufzusuchen. Wir müssen zu ihnen allen gleichzeitig reden, und dazu ist Albron der Schlüssel.«
»Die Waffenkammer ist vielleicht am geeignetsten, Eliar«, erklärte Althalus dem jungen Arumer beim Abendessen. »Wir sollten lieber
nicht plötzlich auf der Straße vor der Festung deines Häuptlings
auftauchen. Ghend hat seine Augen wahrscheinlich überall. Meinst
du, du könntest das fertig bringen?«
»Ich denke schon«, antwortete Eliar. »Ich habe es natürlich noch nicht versucht, aber ich habe so das Gefühl, dass ich sogar eine bestimmte Stelle in einem Raum auswählen kann.«
»Würde es jemanden stören, wenn ich einen Vorschlag mache?«, fragte Leitha. »Mich nicht.« Eliar häufte sich seinen Teller wieder voll. »Dafür bin doch ich zuständig, Eliar«, rügte ihn Andine. »Leg das zurück und reich mir deinen Teller.«
»Entschuldigung.«
»Erschrecken die Leute denn nicht, wenn wir plötzlich aus dem Nichts auftauchen?«, fragte Leitha. Bheid blickte sie an. »Ließe sich das denn umgehen?« »Warum kommen wir nicht einfach durch die Tür? Wir müssen
doch ohnehin durch eine, so wird es uns natürlicher erscheinen und jedem auf der anderen Seite ebenfalls.« »So machen, dass diese Seite der Tür hier ist und die andere dort?«, warf Gher ein.
»Gut überlegt, Gher«, lobte Leitha den Jungen.
»Danke.« Gher neigte höflich den Kopf. »Aber vielleicht könnten wir irgendwann doch aus dem Nichts auftauchen.« »Warum sollten wir? « »Weil es spassender wäre.« Gher grinste. »Ich tat gern sehen,
wie jemand bei unserm Anblick vor Schreck erstarrt.« Er blickte Althalus an. »Das war doch genau richtig, wenn man jemand ausrauben will, nicht wahr, Meister Althalus? Ihr wisst schon, auftauchen, den Geldbeutel schnappen und verschwinden. Auf diese Weise könnten wir eine Menge Geld stehlen - ohne dass wir wirklich von zu Haus weg müssen.«
»Hm«, murmelte Althalus beinahe verträumt. »Hm, ja, wirklich.«
»Vergiss es«, ermahnte ihn Dweia.
Andine stellte Eliars vollen Teller vor ihn. »Iss, bevor es kalt wird.« »Ja, Andine.« Er griff nach dem Löffel. An der Eindringlichkeit, mit der Andine Eliar beim Essen
zuschaute, war etwas beunruhigend Besitzergreifendes. Althalus
schauderte und wandte den Blick ab.
»Wann bist du heimgekommen, Eliar?«, fragte Rheud, der rotbär tige
Rüstmeister, als sie alle durch die Tür in seine Waffenkammer traten.
»Gerade eben, Rheud.«
Althalus fühlte sich ein wenig schwindelig. Mit nur einem einzigen Schritt so viele Meilen zu überwinden, konnte einen etwas aus der Fassung bringen.
»Entspann dich, Althalus«, schnurrte ihm Emmy die Katze aus ihrem üblichen Platz in der Kapuze seines Umhangs zu. Althalus erkannte, dass er Emmy während der vergangenen Wochen vermisst hatte, so lächerlich es sein mochte.
»Ich war mir nicht sicher, dass es sich tatsächlich machen lässt, Em. Aus dem Fenster auf einen Hunderte von Meilen entfernten Ort zu blicken, ist etwas völlig anderes, als diese Meilen von einem Augenblick zum anderen hinter sich zu bringen.«
»Du hast mir nicht
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