Althalus
spricht.«
»Wenn du dieses Gefühl hast, warum nimmst du den Auftrag an?«
Althalus seufzte. »Normalerweise hätte ich abgelehnt, Nabjor. Ich traue Ghend nicht und ich glaube, dass ich ihn auch nicht mag. Aber meine Glücksfee hat mich im Stich gelassen, wie du weißt, also muss ich jede Gelegenheit beim Schöpf packen - zumindest bis die Fee mir wieder hold ist. Der Auftrag, den Ghend mir anbot, scheint ziemlich einfach zu sein. Ich muss bloß nach Kagwher, ein verlassenes Haus aufspüren und eine weiße Lederschatulle an mich nehmen. Das könnte jeder Dummkopf, aber Ghend hat mir diesen Auftrag angeboten, und ich werde ihn ausführen. Eine einfache Sache, und die Bezahlung ist gut. Es wird nicht schwierig sein, alles richtig zu machen. Und wenn ich die Arbeit erledigt habe, könnte es gut sein, dass meine Glücksfee mir wieder ihre Gunst schenkt, wie sie's eigentlich müsste.«
»Du hast eine merkwürdige Religion, Althalus.«
Der Dieb grinste ihn an. »Wenn du es so nennen willst, Nabjor. Ich brauche jedenfalls keine Priester als Mittelsmänner, die mir für ihre Dienste auch noch die Hälfte meines Gewinns abluchsen.« Althalus' Blick fiel auf den schlafenden Ghend. »Jetzt hätte ich's fast vergessen. Ich muss mir ja noch meinen neuen Umhang holen.« Er ging hinüber zum Schlafenden, befreite ihn behutsam von seinem schwarzen Wollumhang und legte ihn um die eigenen Schultern. »Was meinst du?« Er warf sich vor Nabjor in Pose.
»Wie für dich gemacht.« Nabjor grinste.
»Vielleicht stimmt das sogar. Ghend muss den Umhang gestohlen haben, während ich anderswo beschäftigt war.« Er ging zurück und fischte ein paar Bronzemünzen aus seinem Säckel. »Tu mir einen Gefallen, Nabjor.« Er reichte ihm die Münzen. »Ghend hat gestern Abend eine Menge von deinem Met getrunken und mir ist aufgefallen, dass er ihn nicht besonders gut verträgt. Er wird sich nicht sehr wohlfühlen, wenn er aufwacht, darum braucht er Medizin. Gib ihm soviel wie er trinken kann, und wenn er sic h morgen Früh wieder nicht gut fühlt, dann kurier ihn mit der gleichen Medizin und wechsle das Thema, falls er nach seinem Umhang fragen sollte.«
»Wirst du auch sein Pferd stehlen? Reiten geht schneller als wandern.«
»Wenn ich so klapprig werde, dass ich nicht mehr gehen kann, werde ich am Straßenrand betteln. Nein, ein Pferd wäre mir nur im Weg. Versuch Ghend eine Woche lang betrunken zu halten. Ich möchte hoch oben in den Bergen von Kagwher sein, weit weg, bevor er wieder nüchtern ist.«
»Er hat gesagt, dass er Angst hat, sich in Kagwher sehen zu lassen.«
»Auch das kaufe ich ihm nicht ab. Ich glaube, er fürchtet sich bloß vor dem Haus und nicht vor ganz Kagwher. Und ich lege keinen Wert darauf, dass er mir irgendwo im Gebüsch auflauert, wenn ich mit dem Buch unterm Arm aus dem Haus komme. Also sieh zu, dass er besoffen bleibt und mir nicht folgen kann. Und sorg dafür, dass er sich nach dem Aufwachen bald wieder gut fühlt.«
»Dafür bin ich da, Althalus«, sagte Nabjor feixend. »Ich bin der Freund aller, die durstig oder krank sind. Mein guter starker Met ist die beste Medizin auf der Welt. Sie kann einen Regentag versüßen, und wenn ich eine Möglichkeit fände, dass ein Toter sie schluckt, könnte ich ihn wahrscheinlich vom Tod kurieren.«
»Schön ausgedrückt«, meinte Althalus bewundernd.
»Du hast mir oft genug gesagt, dass ich gut mit Worten umgehen kann.«
»Und mit deinen Metkannen. Dann sei Ghends Freund, Nabjor. Heile ihn vom ungesunden Bedürfnis, mir folgen zu wollen. Du weißt ja, ich mag es nicht, wenn mir jemand bei der Arbeit in die Quere kommt. Also mach ihn hier gesund und besoffen, damit ich ihn nicht irgendwo in den Bergen auf ungesunde Weise tot machen muss.«
4
Es war inzwischen Spätsommer im waldigen Hule, und Althalus kam schneller voran, als es zu einer weniger angenehmen Jahres zeit der Fall gewesen wäre. Die Riesenbäume von Hule sorgten für immer währende Dämmerung auf dem Waldboden, wo die dicke Schicht alter Nadeln den Wuchs von Unterholz verhinderte.
Althalus war stets sehr vorsichtig, wenn er Hule durchquerte, und diesmal war er doppelt wachsam. Einer, den sein Glück verlas sen hat, sah sich dazu gezwungen, stets auf der Hut zu sein. Es gab noch andere, die durch die Wälder schlichen. Obwohl es ebenfalls Gesetzlose waren, ging Althalus ihnen aus dem Weg. Zwar gab es in Hule keine Gesetze, wohl aber bestimmte Regeln das Benehmen betreffend, und diese Regeln zu
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