Althalus
Lärm machen dürfen! Du warst lauter als ein betrunkener Bär.« »Hättet Ihr wohl Zeit, mir ein paar Tipps zu geben?«, fragte Gher hoffnungsvoll.
»Wir werden sehen.«
Gher hatte verdrecktes und verfilztes blondes Haar und trug abgelegte Kleidungsstücke, die er offenbar zu flicken versucht hatte, allerdings mit wenig Erfolg, und die ebenso schmutzig waren wie sein Gesicht und seine Hände.
»Dann hast du also gar keine Familie?«, fragte Eliar.
»Nicht dass ich wüsste. Nun ja, mein Vater hat sich an kaum noch was erinnert, kurz bevor er starb. Kann sein, dass er Geschwister hat, aber dann hat er mir nie von denen erzählt. Er war meist viel zu betrunken, als dass er vernünftig hätte reden können.«
»Was war mit deiner Mutter?«
»Ich bin nicht sicher, ob ich überhaupt je eine hatte.«
Eliar schluckte bei dieser Antwort. »Ist dir nicht ein bisschen schwindelig?«
»Nein. Warum sollte mir schwindelig sein?«
»Bei mir drehte sich alles, nachdem ich von der Klinge gelesen hatte.«
»Mir geht's gut. Arbeitest du für Meister Althalus?«
»So könnte man es nennen«, antwortete Eliar.
Bheid trat in den Feuerschein. »Ich habe den Dolch singen gehört.« Er starrte Gher an. »Ist das unser neuester Akoluth?« »Das sagt jedenfalls das Messer«, erklärte Althalus. »Er ist ja noch ein Kind!«, murmelte Bheid betroffen. »Du kannst dich mit dem Dolch darüber unterhalten, wenn du
möchtest. Ich wähle sie nicht aus, Bheid, ich suche sie nur. Er heißt übrigens Gher.«
»Welches Wort hat er denn gelesen?«
»Es war »Tausche!‹, nicht wahr, Althalus?«, vergewisserte Eliar sich. »So hab ich's jedenfalls verstanden.« Bheid runzelte die Stirn. »Suche, führe, erleuchte, gehorche und
täusche«, zählte er auf. »Das letzte Wort passt meines Erachtens nicht dazu.« »Emmy kann es bestimmt erklären«, meinte Eliar. »Emmy kann alles erklären.« »Was macht ihr alle hier?« Andine trat mit verärgerter Miene ins Licht. »Wie soll ich bei diesem Lärm schlafen?« »Wir haben gerade unseren neuesten Gefährten kennen gelernt, Andine«, erklärte Althalus. »Den?« Sie betrachtete Gher abfällig. »Konnten wir nichts Besseres finden? « »Im Lauf der Zeit wird alles offenbart«, verkündete Bheid mit leicht spöttischem Unterton.
»Halte deine Predigten anderswo, Bheid!«, brauste Andine auf. Sie musterte Gher von Kopf bis Fuß. »Ist er vie lleicht unter einem Stein hervorgekrochen? Oder aus der nächsten Jauchegrube?«
»Muss ich mir das von ihr gefallen lassen, Meister Althalus?«, rief Gher hitzig. »Lass ihn los, Althalus«, wisperte Emmys Stimme. »Wird der Rest der Nacht dann nicht sehr unruhig?«, sträubte er sich.
»Tu's einfach, Schatz.«
»Wie du meinst, Em.« Althalus blickte den Jungen an. »Du darfst ihr gern sagen, was du davon hältst, Gher. Doch wappne dich. Unsere geliebte Andine hat eine ausdrucksvolle -und durchdringende -Stimme.«
»Was soll das heißen?« Andines Stimme hob sich um mehrere Oktaven.
»Wir lieben deine Stimme, kleine Hoheit«, antwortete Althalus mit unbewegtem Gesicht. »Du musst aber noch ein wenig an deinen Crescendos arbeiten. Vielleicht versuchst du es mit Atemübungen. Sieh zu, dass du etwas Tiefe in deine Stimme kriegst, damit du nicht ganz so hastig vom Wispern zum Gellen gelangst. Es wird viel beeindruckender klingen, wenn du deine Stimme beherrschst.« Er blickte Gher an. »Möchtest du noch etwas hinzufügen, Junge?«
»Ich will ihr bloß sagen, dass mir ihr hochmütiges Gehabe nicht gefällt.« Gher blickte Andine ins Gesicht. »Na schön, edle Dame, ich bin Hinterwäldler. Na und? Wenn's Euch nicht passt, wie ich ausseh, dann schaut mich einfach nicht an. Ich hab keine Eltern und trag Lumpen, weil ich nichts anderes zum Anziehen finden kann. Ich glaub aber nicht, dass Euch das was angeht. Ich muss zu sehr aufpassen, dass ich am Leben bleib, als dass ich mir Sorgen über mein Aussehen machen könnt, und wenn's Euch nicht gefällt, habt Ihr eben Pech.«
»Mach Platz, Althalus«, befahl Emmy. »Ich werde sofort etwas klarstellen!« Er spürte, wie sie sein Bewusstsein grob zur Seite stieß.
Andine starrte Gher an. »So spricht man nicht zu mir!«, stieß sie hervor.
»Vielleicht nicht ins Gesicht«, erwiderte Gher unerschrocken. »Aber wenn Ihr hin und wieder den Mund halten und anderen zuhören würdet, tätet Ihr herausfinden, was sie wirklich über Euch denken. Aber das wollt Ihr ja gar nicht wissen, nicht wahr? Ich bin nicht in 'nem
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