Althea - Das Erwachen
sprang auf das Bett, umarmte mich und weinte vor Erleichterung. Hans stand da wie vom Donner gerührt. Ich hörte draußen Drachenschwingen und dann ein lautes und dumpfes Geräusch. Und eine sehr laute und aufgebrachte Frauenstimme.
„LASST MICH DURCH, IHR DUMMKÖPFE!“
Eine splitternackte Elida kam in das Zimmer gestürmt, offensichtlich über jedes Maß hinaus wütend bis in die Haarspitzen. Sie setzte sich breitbeinig über mich und beugte sich nach vorne. Sie nahm meine Stirn in ihre Hände und ich konnte wieder den eiskalten Gletscherbach fühlen, der mich schon einmal durchströmt hatte. Die Wunden meiner Seele verheilten.
‚Ich habe dir doch gesagt, du sollst auf dich aufpassen, du dumme Göre. Wir mischen uns nicht in die Belange der Sterblichen ein, niemals zuvor in der Geschichte der Drachen ist so was passiert. Du stellst alle Regeln auf den Kopf. Wieso kannst du mir nicht einfach mal zuhören? Ein Drache benimmt sich so einfach nicht. Was denkst du dir eigentlich dabei?‘
Sie sah mich an, und ihre Wut verrauchte, als sie sah, wie fertig ich war und dass ich kaum auf ihre Standpauke reagierte.
‚Liebst du die Sterblichen wirklich so sehr, dass du bereit bist, dich dafür zu opfern?‘
Ich war todmüde und kurz vor einer heilenden Bewusstlosigkeit, aber ich antwortete ihr trotzdem noch, bevor ich in den Schlaf versank, nur mit einem einzigen Wort, dass ich ihr wie eine Sternenschnuppe zu warf.
„Jaaa.“
Dann verlor ich das Bewusstsein. Elidas Schultern sanken nach unten, Erkenntnis machte sich in einem weit über neunhundert Jahre alten Drachen breit. Elida erkannte, dass in mir ein Drache geboren worden war, der sich von allen anderen Drachen unterschied. Ich war kein Einzelgänger, sondern verbunden mit den Völkern dieser Welt. Ich verblüffte sie durch meine Kommunikation mit ihr und den anderen, Drachen waren schweigsame Wesen und unterhielten sich fast nie untereinander. Vermutlich hätte ich ihr widersprochen, hätte ich ihren Gedanken vernommen, ich hatte mich doch immer für einen absoluten Einzelgänger gehalten, aber sie hatte völlig recht. Hans betrat das Zimmer mit einem Umhang und einem leichten Gewand, das er Elida überreichte.
„Hier, falls du etwas anziehen möchtest, es gehörte meiner Frau.“
Elida nahm die Kleidung dankend entgegen und zog sich an. Sie setzte sich auf einen Stuhl neben meinem Bett.
„Eigentlich sind wir alle eigenbrötlerische Einzelgänger, wir mischen uns niemals in die Belange anderer ein, unsere eigenen sind uns deutlich wichtiger“, sagte sie gedankenverloren zu niemand Speziellem.
Sabine sah sie an.
„Du bist ein Drache, nicht wahr? Ist sie auch …?“
„Oh ja, sie ist ein Drache. Furchtbar jung und unerfahren und außerdem einzigartig. Nicht nur wegen ihrer Fähigkeit, sich zu heilen. Ich dachte, ich verliere sie heute.“
Elida schüttelte den Kopf, ihre eigene heftige Reaktion hatte sie verwirrt. Sie war schließlich ein Mentor und keine Mutter.
Hans meinte: „Wir sollten sie schlafen lassen“, und ging aus dem Zimmer.
Elida folgte ihm.
Sabine zog sich aus, legte sich wortlos zu mir ins Bett und kuschelte sich an mich, sie war nicht bereit, mich alleine zu lassen.
Hans sah Elida fragend an.
„Kann sich jeder Drache so heilen wie sie?“
Sie schüttelte den Kopf.
„Oh nein, die kleine Althea ist einzigartig. Wir können einen kranken Geist heilen, einen kranken Körper jedoch nicht. Wir heilen jedoch schnell genug, wenn uns mal was verletzt.“
„Was mir gerade einfällt - hat dich jemand gesehen, als du hier angekommen bist?“
„Nur zwei Soldaten in deinem Haus, sie wollten mich erst nicht hereinlassen.“
Hans rief Anton und Manfred zu sich, die im Flur auf dem Boden saßen und unruhig darauf warteten, irgendetwas über mich zu hören. Die beiden konnten kaum ihre Blicke von der äußerst merkwürdigen rothaarigen Frau abwenden, die kurz zuvor noch ein riesiger weißer Drache und danach auch noch splitternackt gewesen war. Hans schärfte ihnen ein, dass Elida und alles, was sie getan hatte, ein Geheimnis bleiben musste. Sie stimmten jedoch erst zu, als er ihnen sagte, dass es zu meiner Sicherheit war. Als er ihnen versicherte, dass ich in Ordnung sein würde und dass ich geheilt war, auf eine magische und für ihn unergründliche Art und Weise, jubelten beide und fielen sich in die Arme vor Freude.
Er dankte ihnen für ihren großartigen Einsatz und für meine Rettung und schickte sie nach Hause ins Bett. Elida und Hans verbrachten diese
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