Althea - Das Erwachen
mich amüsiert beobachtete. Ich stellte meinen Rucksack neben dem Tisch ab. Er zog seinen schweren beschlagenen Lederpanzer aus, behielt jedoch das Kettenhemd darunter an.
„Ich habe nicht viel Geld“, fiel mir ein. „Was ist eigentlich mit der Währung passiert, ist das immer noch die gleiche?“
„Nein, wir haben den Tauschhandel wieder entdeckt, nur die Soldaten werden mit allem kostenlos ausgerüstet, da wir nichts zum Tauschen haben. Du bist also von mir eingeladen.“
„Na toll“, meinte ich, „dann kann ich ja mein Geld wegwerfen.“
„Stimmt. Was hast du eigentlich vorher gemacht, ich meine vor dem Holocaust, warst du noch in der Schule?“
„Nein, ich war Systemadministrator, ich habe in verschiedenen Rechenzentren gearbeitet. Ich schätze, den Job kann ich komplett vergessen. So ohne Strom. Ich habe also keine Ahnung, was ich jetzt noch machen kann, sehr viele praktische Talente habe ich nicht. Eigentlich kann ich gar nichts außer Maschinen dazu zu überreden, das zu tun, was ich von ihnen will.“
Er zog zweifelnd die Augenbrauen hoch, sagte jedoch nichts zu meiner Erklärung. Ich schob seine Zweifel darauf, dass ich doch sehr viel jünger aussah, als ich in Wirklichkeit war.
„Ich denke, du kannst erst mal bei mir und meinem Vater bleiben, alles Weitere sehen wir später.“
Endlich brachte die Bedienung unser Bier, gedankenversunken trank ich einfach, ohne daran zu denken, Georg zuzuprosten. Er machte mich gleich darauf aufmerksam.
„Vielleicht sollten wir auf deine Heimkehr in die Zivilisation anstoßen, jedenfalls, was davon übrig ist.“
Ich lief rot an, zumindest fühlte es sich so an.
„Entschuldige bitte, ich glaube, ich bin Gesellschaft einfach nicht mehr gewohnt“, antwortete ich und prostete ihm zu. Wir tranken unser Bier, es schmeckte einfach wunderbar, mir war gar nicht klar gewesen, wie sehr ich so etwas vermisst hatte. Mein erstes Bier seit vielen Monaten. Es war angenehm kühl, eiskaltes Bier war sicherlich eine Seltenheit mittlerweile, aber es schmeckte auch so herrlich.
Wir unterhielten uns größtenteils wehmütig über das alte Leben vor der Umwandlung und tranken noch einige Biere, bevor wir schließlich die Kneipe verließen. Anscheinend hatte das Bier auf meinen neuen Körper eine ganz andere Wirkung, ich war ziemlich betrunken und konnte kaum laufen.
Mein altes Ich wäre wohl kaum angeheitert gewesen, ich war jedoch alles andere als nüchtern. Mir war klar, dass ich so etwas eigentlich jetzt überhaupt nicht gebrauchen konnte, ich wollte doch eigentlich eher sehr vorsichtig sein. Wir liefen durch die Stadt, er war offensichtlich auch nicht mehr ganz nüchtern, aber bei Weitem nicht so betrunken wie ich.
„Du hast ja ganz schön gebechert, Mädchen, wir wollten doch eigentlich nur ein Bier trinken.“
„Du hast ja wohl auch nicht weniger getrunken, Angeber, bloß weil du ein Mann bist, brauchst du hier keinen raushängen zu lassen.“
Er lachte wieder, diesmal kling es ziemlich gehässig in meinen Ohren, und ich wollte ihn herausfordern.
„Du darfst mich morgen gerne versuchen mit der Klinge kitzeln, wenn du es drauf hast, du Vorgartenzwerg“, lallte ich undeutlicher als mir lieb war. Er lachte noch lauter, sagte aber nichts mehr dazu.
„Was, hast du etwa Angst vor einem Mädchen? Du solltest dich schämen.“
„Abgemacht, du bekommst, was du verdienst“, meinte er mit einem leicht zornigen Unterton.
Meine Bemerkungen taten mir schon wieder Leid, ich war doch so froh, diese Leute gefunden zu haben, nachdem ich so lange alleine gewesen war. Ich sagte nichts mehr und versuchte ihn nicht noch mehr zu verärgern. Schließlich betraten wir ein großes Haus, wohl das Haus, in dem er und sein Vater wohnten. Es war ziemlich groß für zwei Personen, was ich Georg auch sagte.
„Ja, zu wenig Platz ist keins unserer Probleme mehr, jedenfalls für eine ganze Weile nicht“, meinte er mit traurigem Blick. Innen war das Haus sehr gemütlich eingerichtet, aber nicht sonderlich gepflegt, offensichtlich ein Junggesellenheim. Nicht, dass ich ordentlicher gewesen wäre.
Eine Frau hatte hier jedenfalls nicht bei der Ausstattung mitgeholfen. Mir gefiel es jedoch, ich war ja schließlich keine Frau. Also keine Richtige. Was auch immer.
Sein Vater, Hans, war bereits zu Hause und saß nachdenklich in einem Schaukelstuhl vor dem Kaminfeuer. Er drehte sich lächelnd zu uns um, als wir das Zimmer betraten. Er sah mich kurz an, wie ich da schwankend in der Tür zum Wohnzimmer stand, und
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