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Altoetting

Altoetting

Titel: Altoetting Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sobo Swobodnik
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fremden, sondern auch den eigenen. Augen zu, Beine hochlegen und warten, hieß Ploteks Devise. Die Probleme kommen, die Probleme gehen, nur Plotek bleibt. Ob das jetzt Geldprobleme oder Berufsprobleme waren, ganz egal. Auch die Beziehungsprobleme, die waren von allen die größte Katastrophe. Noch katastrophaler war aber deren Bewältigung. Plotek schob das Problem so lange vor sich her, bis das Problem nicht mehr vorhanden war, weil es sich selbst aufgelöst hatte. Psychologie eben. Mit dem Nebeneffekt, dass sich nicht nur das Problem auflöste, sondern auch die Beziehung. Da hat er quasi die Rechnung ohne die Wirtin gemacht. Plotek war also letztendlich immer der Arsch, was so viel heißt wie: Er war allein. Eigentlich war das eine schlechte Erfahrung im Endeffekt.
    Andererseits wäre die erforderliche Konsequenz gewesen, sich dem Problem zu stellen. In Bezug auf Altötting zumindest. Auch wenn es nicht das eigene ist. Natürlich war da auch noch Neugier, zwar wenig, aber immerhin.

    Nach der Probe kam der Altöttinger Erste Bürgermeister Brunner ganz aufgeregt in den Gasthof Zwölf Apostel . Das Laienspielensemble saß gerade gemeinsam bei Schweinswürscht und Kartoffelsalat. Seinen Sohn, Arno, suchte Brunner, weil der über Handy nicht erreichbar gewesen war. Logisch, beide Handys waren ausgestellt bei der Probe, weil einmal Klingeln machte einen Kasten Bier. Nach der Probe hatte er vergessen, sie wieder anzuschalten. Arno war offenbar noch immer mit der Vermutung und den Gedanken von Plotek beschäftigt, so dass er an gar nichts anderes mehr denken konnte. Dementsprechend war auch sein Judas – sein Judas war eine Katastrophe. Für jemanden, der zwei Jahre auf der renommierten Falkenbergschule gewesen war, war das ein einziges Armutszeugnis. Wenn das auch schon Jahre her war: Schauspielern ist wie Schwimmen – einmal richtig gelernt, vergisst man es nie mehr. Arno hat dagegen auf der Bühne nur gerudert, Wasser geschluckt, gerudert und ist permanent abgesoffen. Er verpasste ständig den Einsatz, war nie auf Anschluss, immer völlig orientierungslos und hatte einem Blick, als ob nicht Jesus, sondern er gleich am Kreuz hängen müsste. Grauenhaft.
    Jetzt also ist Arnos Vater völlig außer Atem und mit überhöhter Pulsfrequenz ins Zwölf Apostel gekommen. Die Schläfen pochten, der Kopf war knallrot, die Stirn voller Schweiß und der Blick wie einundzwanzig Tage Regen und die Passionsspiele komplett unter Wasser.
    »Da seid ihr ja endlich«, hat er mehr gehaucht als gesprochen.
    Gemeint waren Arno und die Zeller Froni.
    »Deinen Vater haben’s mitgenommen!«
    Gemeint war der Fremdenverkehrsdirektor Zeller, das war klar. Aber wohin mit und wer und vor allem warum?
    »Ernster Tatverdacht!«, sagte der Erste Bürgermeister Brunner und schaute seinen Sohn an, als ob der schon verstehen würde. Und dann, mit schneidender Stimme: »Denunziation! Anonym!«
    Aber selbst Arno konnte nur ahnen. »Wegen dem Mutschler?«, hat er vorsichtig nachgefragt, während es bei allen anderen am Tisch zappenduster geworden ist. Anschließend waren alle kreidebleich und niemand gab auch nur einen Pieps von sich. Die Gesichter waren wie eingefroren, bis der Erste Bürgermeister schließlich genickt hat.
    Die Zeller Froni zischte daraufhin »Das ist doch Wahnsinn!« aus sich heraus, schneidend, mit einer ekelhaft fiependen, hohen Stimme, dass Plotek und allen anderen am Tisch die Ohren wie Kanarienvögel gepfiffen haben. Dann fiel die Zeller Froni in sich zusammen und versteckte sich weinend in die Schulter vom Spielleiter Niederbühler hinein, dass Gaby Mand richtig zusammengezuckt ist.
    »Ja, schon«, hat der Erste Bürgermeister nachdenklich gesagt, »aber er hat kein Alibi und angeblich ein Motiv!«
    »Was für ein Motiv?«, schluchzte Froni aus der Schulter vom Niederbühler heraus, dass man sie kaum verstehen konnte.
    Der Erste Bürgermeister hat nicht geantwortet.
    Quasi, delikat.
    »Im Übrigen haben’s auch den Bürgermeister von Oberammergau festgenommen.«
    »Was? Aber warum das denn?«, wieder aus der Schulter heraus, weil das praktisch der Onkel, quasi der Lieblingsonkel von der Froni war, trotz der geschwisterlichen Zwistigkeiten vom Zeller und dem Oberammergauer Bürgermeister.
    »Ebenfalls ernster Tatverdacht.«
    »Lachhaft, mein Vater und Onkel Heiner zusammen, nie und nimmer. Das weiß doch jeder«, schälte Froni sich aus der Schulter, mit schwarz verschmierten Augen wegen der verheulten Wimperntusche, und fiepte

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