Altoetting
Kriminalen, die Mühldorfer Kriminalen, wissen’s ja mal wieder besser, die wissen immer alles besser. Der Mutschler soll also vor vielen Jahren mit der Frau Zeller ein Techtelmechtel gehabt haben. Und aus dem Verhältnis wäre dann die Froni, also dem Zeller seine älteste Tochter, hervorgegangen. Der Mutschler der Vater von der Froni, was für ein Unsinn! Und der Zeller der gehörnte Ehemann. Einundzwanzig Jahre lang. Völliger Blödsinn und auch noch ein Rechenfehler, ein doppelter Rechenfehler. Erstens war vor einundzwanzig Jahren der Mutschler höchstens vierzehn. Die Frau Zeller siebenundzwanzig. Und sagen Sie selbst, Herr Plotek, das ist doch absurd. Der Mutschler war doch noch ein Kind, wie soll denn der mit einer erwachsenen Frau? Und zweitens waren die Zellers damals noch gar nicht in Altötting. Da haben die noch in Oberammergau gewohnt und waren gerade mal frisch verlobt und die Froni auch noch in Abrahams Wurschtkessel. Alles völlig hirnrissig, das alles. Und nur, weil der Zeller für den besagten Abend, an dem der Mutschler ermordet worden war, alles gerichtsmedizinisch mittlerweile erwiesen, kein Alibi hat. Er war alleine zu Hause und das genügt. Das genügt den Mühldorfer Kriminalen. Ja, da ist die Frau einmal beim Volkshochschulkurs, schon steht der Mann unter Mordverdacht. Das ist doch alles absurd, völlig absurd, Herr Plotek.«
Jetzt sagte Dr. Mühlbauer auch was:
»Mmmh, ja! Aber der Pullover. . .«, hat er gesagt. Ganz trocken, kehlig hat das geklungen, dass Plotek richtiggehend erschrocken ist. Und dann noch: ». . .der Pullover in der Schmutzwäsche . . .«
»Jaja, wegen so einem blöden Pullover«, fiel Pater Martin Dr. Mühlbauer ins Wort.
Wieder »Mmmmh, ja!« von Dr. Mühlbauer und ein Keinen-Schimmer-Blick von Plotek. Also hat der Guardian Martin weiter aufgeklärt.
»Natürlich war das der Pullover vom Mutschler, na und? Trotzdem, das ist doch alles absurd.«
Na ja, ganz so absurd, wie Pater Martin getan und der Kulturreferent bestätigt hat, war die Sache dann doch nicht. Der Pullover in der Schmutzwäsche von Zeller hatte tatsächlich Mutschler gehört, einwandfrei, das hatte das Untersuchungstechnische sofort herausgefunden. Ob Mutschler den Pullover zur Tatzeit getragen hatte, konnte das Untersuchungstechnische allerdings nicht herausfinden. Möglich war es einerseits. Andererseits vielleicht aber auch nicht. Eine Erklärung für den Pullover in der Schmutzwäsche gab es natürlich auch. Ja, die Jeanette, dem Fremdenverkehrsdirektor seine jüngste Tochter, die Schwester von Froni und eine der Lahmen bei den Passionsspielen, hatte den Pullover nach eigenen Aussagen bei einer der Abendproben von Mutschler bekommen, weil es schweinekalt gewesen war und es Jeanette gefröstelt hatte. Das glaubte die Kriminalpolizei natürlich nicht, obwohl Jeanette es hoch und heilig geschworen hatte. Immer wieder geschworen. Und die Zeller Froni hatte es auch noch genauso oft bezeugt. Aber es half alles nichts. Dass der Fremdenverkehrsdirektor Zeller dann tatsächlich auch kein Alibi gehabt hat, wirkte ebenfalls nicht gerade entlastend. Obwohl das mit dem Alibi eine genauso verzwickte Angelegenheit wie mit dem Pullover war. Zunächst war Zeller offenbar allein zu Hause und seine Frau angeblich im Volkshochschulkurs. Italienisch. Dann meldete sich aber plötzlich Froni und behauptete, sie wäre auch zu Hause gewesen. Mehr noch, sie hätte ihren Vater gesehen und zwar exakt zur Tatzeit. Da gibt es jetzt zwei Möglichkeiten. Also, entweder hatte Zeller plötzlich ein Alibi, wo vorher keines gewesen war, und war folglich nicht der Täter. Oder aber Froni hatte gelogen.
Aber nicht nur Zeller ist plötzlich aus heiterem Himmel zu einem Alibi gekommen. Auch der Bürgermeister von Oberammergau. Der hatte nämlich zu Anfang auch keines. Nachdem aber die Kriminalpolizei festgestellt hatte, dass Frau Zeller nie im Volkshochschulkurs angekommen ist, stellte sie sich die Frage, wo Frau Zeller zur Tatzeit abgeblieben war. Sofort war sie auch verdächtig. Aber denkste, jetzt wurden gleich zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen. Frau Zeller war in Oberammergau, beim Bürgermeister, beim Halbbruder von ihrem Mann. Der war nämlich nicht nur der Exfreund, nein, auch wieder der aktuelle Liebhaber. Also, nicht italienisch, sondern vermutlich französisch und quasi Rückeroberung. Es war alles ziemlich verzwickt im Prinzip und zumindest nicht so einfach, wie sich das die Mühldorfer Kriminalen vorgestellt
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