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Altoetting

Altoetting

Titel: Altoetting Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sobo Swobodnik
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Leben zum Horror. Und der Mathematiklehrer kann nur noch wegziehen oder eben den Strick nehmen. Er entschied sich für den Strick. Obwohl, von Entscheidung kann man da kaum mehr sprechen. Auf der Beerdigung roch sogar der Sarg vom Mathematiklehrer nach Rasierwasser. Wahrscheinlich hatte seine Frau alle Restbestände noch schnell im Sarg entsorgt.
    Jetzt im Beichtstuhl war nur ein schwacher Geruch zu riechen, offenbar kaum Bartwuchs, also nur seltene Rasur und wenig Tabac Original . Plotek setzte sich in den Beichtstuhl hinein und zog die Tür hinter sich zu. Es war fast ganz dunkel. Von oben nur schwaches Oberlicht, durch das Holzgitter war auch nichts zu sehen. Nichts zu hören. Nicht einmal ein Schnaufen. Das eigene dagegen schon. Sonst nichts. Quasi Totenstille. Plotek war auch hier drin allein. Ihm blieb nichts anderes übrig, als zu warten. Dann erneut ein Glockenschlag, zwei Glockenschläge, gedämpft und noch immer niemand. Jetzt wurde es Plotek doch zu dumm, er wollte aufstehen und wieder raus aus dem Beichtstuhl. Die Tür in der Hand war schon einen Spaltbreit offen, als er von innen, schummrig, weiß, kariert, einen Zettel gesehen hat. Wieder Gekrakeltes. Aber nicht Worte, sondern eine Zeichnung. Es waren eingezeichnete Wege, ein Kreuz und darum herum ordentlich angeordnete Vierecke. Um eines der Vierecke war ein Kreis gezogen und wieder ein Kreuz. Plotek war natürlich ahnungslos. Das war ein Plan, ja, aber wovon? Vom Klosterstift? Von der Innenstadt? Von einem Gebäude? Keine Ahnung.
    Plotek ist wieder raus aus der Magdalena-Kirche und auf den Kapellplatz. Da waren nur Wallfahrer und Touristen unterwegs, wallfahrende Touristen. Also war eine Auskunft zwecklos. Plotek fragte fünfmal und bekam fünfmal keine Antwort. Beim sechsten Mal hatte er Glück. Der Vorsitzende der Gewerbetreibenden, Herr Helmut Regler, selbst Gewerbetreibender, betrieb beim Kapellplatz ein Souvenirgeschäft. Regler war gebürtiger Altöttinger. Der wusste natürlich Bescheid. Ein Blick auf den Zettel und alles war klar.
    »Ich würde mal sagen, das ist der Friedhof der Sankt-Michaels-Kirche. Da schauen Sie, die Anordnung der Gräber, die Friedhofsmauer, die Kirche und hier der Eingang.«
    »Und wie komme ich da hin?«, fragte Plotek kleinlaut, weil er ja wusste, wenn man zu offensiv ist, hat man keine Chance.
    Helmut Regler hat gelacht und dann so laut geschrien, dass es auch alle Touristen im Andenkenladen haben hören müssen. »Durch die Kugel, mit dem Strick oder nach schwerer Krankheit.«
    Das war Altöttinger Humor.
    Plotek schmunzelte auch. Obwohl er sofort an die Computertomographie denken musste – dabei wird Schmunzeln quasi unmöglich. Aber wenn er nicht geschmunzelt hätte, wäre das mit der Wegbeschreibung wohl nichts geworden. Nachdem sich Herr Regler ausgelacht hatte, hat er die Hand von sich gestreckt, über den Kapellplatz gezeigt und gesagt: »Immer geradeaus, übern Platz und dann immer der Kapuzinerstraße entlang.«
    Auf dem Friedhof ist Plotek dann den eingezeichneten Wegen gefolgt.
    Die Zeichnung war hundertprozentig exakt, so dass Plotek kurze Zeit später vor einem Grab stand, das auf der Zeichnung mit einem Kreuz und einem Kreis darum herum gekennzeichnet war. Plotek las die Grabinschrift und: große Überraschung.

    siehe, ich sende euch wie schafe mitten unter die wölfe.
darum seid klug wie die schlangen und ohne falsch wie die tauben.
weh der weit der ärgernisse halben!
es muss ja ärgernis kommen; doch weh dem menschen, durch welchen ärgernis kommt!
wenn aber deine hand oder dein fuß dir ärgernis schafft, so haue ihn ab und wirf ihn von dir.
es ist dir besser, dass du zum leben lahm oder als ein krüppel eingehest,
als das du zwei hände oder zwei füße habest
und werdest in das ewige feuer geworfen.
und wenn dir dein auge ärgernis schafft,
reiß es aus und wirfs von dir.
es ist besser, dass du einäugig zum leben eingehest,
als dass du zwei augen habest
und werdest in das höllische feuer geworfen.
Matthäus 10; 18

    Darunter stand eine noch viel größere Überraschung. Quasi fast schon ein Schlüssel – nur zu welchem Schloss? Auf dem Grabstein stand:

    Annegret Topf
geb.18.8.1960 gest. 27.6.1978.

    Plotek war wie vom Grabstein erschlagen. Der Anruf! Die verstellte Stimme! Das Zitat! Der Name! Topf! Das waren doch Fährten! Das waren Hinweise! Aber worauf? Auf den Mord? Auf Mutschler? Auf die Toten Granz und Zeiler? Oder den Bankraub? Hängt vielleicht alles zusammen? Und wenn ja, wie? Was

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