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Altoetting

Altoetting

Titel: Altoetting Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sobo Swobodnik
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Hals!«
    »Jaja schon, da haben Sie Recht, Herr Plotek, Neid, Geiz und das alles sind nur allzu menschlich!«
    Dann typischer Brunner-Witz mit Augenzwinkern: »Sie wissen ja, Herr Plotek, sparsam sind wir alle.«
    Wieder Lachen, Erschrecken, Ruckein, dann Beruhigung und weiteres Insistieren von Plotek.
    »Was . . . äh . . . was gibt’s denn da noch . . . also, Neid, Geiz. . . Ehebruch! Ja, Ehebruch vielleicht noch. . .«, hat Plotek jetzt als zündende Idee Brunner vor die falsch geknöpfte Knopfleiste geknallt. Von Brunner kam daraufhin kein Lachen, dafür Knopfkorrektur. Quasi delikate Situation.
    »Und äh. . . ja Selbstmord!«, hakte Plotek nach, und Brunner war fast schon dankbar, weil eine Ablenkung vom Ehebruch kam.
    »Ja stimmt. Selbstmord. Jetzt wo Sie’s sagen . . . 78 . . . ja 1978, bei Ihrem persönlichen Cordoba, genau, da ist die Annegret vom Kapellenturm gesprungen.«
    Innerlich hätte Plotek jetzt jubeln können, äußerlich war er aber doch so überrascht, dass er vor Aufregung anstatt in den Fünften in den Dritten schaltete, weil der Wagen von Brunner natürlich keine Automatik hatte. Brunner ist aus Leidenschaft nur mit Schaltgetriebe gefahren, also Kupplung, Gas, Erster, Zweiter und alles. Das war für Brunner Auto fahren – alles andere war nicht der Rede wert. Beim Knacken des Getriebes ist Brunner zusammengezuckt und hat die Augen geschlossen.
    »Tragisch, sehr tragisch. Vieles wurde damals verschwiegen. Alles ist wohl nie ans Tageslicht gekommen. Ein tragisches Unglück war das. Was in so einem jungen Menschen wohl vor sich geht?«
    Brunner sprach jetzt mit gedämpfter Stimme, während seine Finger noch immer an der Knopfleiste herumnestelten.
    »Die Annegret hat ihrem Leben selbst ein Ende gesetzt. Mit siebzehn, stellen Sie sich das mal vor, Herr Plotek, ihr Leben hatte kaum begonnen, da hat sie es schon wieder beendet.«
    Jetzt bloß nicht warum fragen, sonst ist womöglich alles aus, hat Plotek gedacht. Also, nur schauen und Unverständnis darstellen. Und – perfekt! Der Erste Bürgermeister hat die Augen wieder geöffnet und seinen Blick auf Ploteks Augen im Rückspiegel geheftet.
    »Liebeskummer hat man vermutet, gepaart mit völliger Ausweglosigkeit. Der war ja auch doppelt so alt wie sie.«
    Pause. Der Mercedes fuhr zum vierten Mal in Sichtweite vom Kreszentiaheim vorbei. Brunner schaute zum Seitenfenster hinaus und sagte:
    »Da drin hat sie gelebt, im Kinderheim Sankt Raphael.«
    Dann ist Plotek am Kreszentia-Heim abgebogen.
    Wieder Kupplung von Plotek und Schalten von Brunner, quasi Fahren in Teamarbeit. Wieder Pause. Langes Schweigen.
    Hinter Neuötting hat der Brunner dann den Faden wieder aufgenommen.
    »Apropos Todsünde, wo die eine ist, ist die andere nicht weit. Weil, das Schlimmste war, dass der Auserwählte von der Annegret ein Klosterpater, Pater Franz, vom Klosterstift war. Also Zölibat und alles. Na ja, hört man manchmal, sieht man auch in Filmen oder liest es in Büchern. Aber wer glaubt schon daran. Das ist doch ein Klischee, sagt man. Aber hier bei uns war es echt. Bei uns ist es tatsächlich passiert. War ein nettes Ding, die Annegret, hübsch und ganz aufgeweckt. In der Schultheatergruppe war sie auch und hatte wirklich Talent. Ich weiß das, weil Arno mit ihr immer zusammen gespielt hat. Sie war auch gut in der Schule, bis dann das mit dem Pater passiert ist. Das wäre vielleicht gar nicht rausgekommen, wenn nicht. . . aber wissen Sie, Herr Plotek, in so einer Kleinstadt kennt jeder jeden und sieht jeder alles. Und wo nichts gesehen wird, wird vermutet. Und außerdem, na ja . . . ein Unglück kommt, wie die Todsünden eben auch, selten allein.«
    Wieder Pause. Der Mercedes ist jetzt Richtung Reischach gefahren und dann hinter Eisenfeiden abgebogen auf den Landwirtschaftsweg Richtung Berg. Plotek hat zurückgeschaltet und ist im Zweiten ganz langsam den Berg hinaufgefahren.
    »Ja, ist die doch tatsächlich schwanger geworden, die Annegret. Und Abbruch und so was gab es nicht. Die Annegret war ja im Kreszentia-Haus. Im Raphael-Heim, bei der Mission vom heiligen Kreuz. In den Siebzigern! Und ein Abbruch war damals unvorstellbar. Heute noch. Wo denken Sie hin?«
    Plotek dachte gar nichts, zumindest nicht an einen Schwangerschaftsabbruch, wenn schon, dann höchstens: Wann sind wir da? Plotek ist nämlich nur scheinbar wahllos herumgefahren, im Prinzip wusste er ganz genau, wohin er wollte. Brunner hat noch immer geschaut, wie mit beiden Beinen auf der

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