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Altoetting

Altoetting

Titel: Altoetting Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sobo Swobodnik
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immer eine gewisse Entspannung gewesen, und die ist jetzt auch nötig.« Wieder hat aus dem Gesagten ein kritischer Unterton herausgeklungen. Ob jetzt wegen dem vermeintlichen Vergnügen in der Waldeslust oder der Gängelung durch die Kriminalen, egal.
    Der Erste Bürgermeister Brunner machte zunächst den Eindruck, als ob er sich verhört hätte oder zumindest nicht ganz verstanden. Als aber Plotek von der Beifahrerseite herübergekommen ist, dämmerte es Brunner langsam. Plotek wollte tatsächlich mit seinem nagelneuen 500er Mercedes zurück nach Altötting fahren. Jetzt muss man wissen, dass Brunner in Bezug auf sein Auto extrem heikel war. Den Wagen auszuleihen war im Prinzip undenkbar. Nicht einmal Arno durfte mit dem Mercedes fahren und die Frau vom Ersten Bürgermeister erst recht nicht. Altes Sprichwort: Alles darf man herleihen, nur das Auto und die Frau nicht. Bei Brunner senior eher noch die Frau als das Auto. Jetzt war er also in einer Zwickmühle. Plotek den Wunsch abzuschlagen wäre gleich doppelte Kränkung – erst recht nach diesem doch eher zweifelhaften Abend. Er drückte Plotek also wortlos den Schlüssel in die Hand und setzte sich selbst auf den Beifahrersitz.
    Plotek hat Gas gegeben und die acht Zylinder aufheulen lassen. Einen gewissen Stolz konnte Plotek im Profil von Brunner schon erkennen, wie der eingezwängt auf dem Beifahrersitz saß und sich von Emmerting in sein morgendliches Altötting kutschieren ließ.
    Das Ganze war natürlich ein Trick von Plotek. Quasi, das Pferd von hinten aufzäumen. Das Autofahren hat Plotek überhaupt nicht interessiert, es war jetzt auch nicht entspannend. Vielmehr interessierte Plotek das Schicksal von Annegret Topf. Und wer hätte besser darüber Bescheid wissen müssen, als der Erste Bürgermeister. Brunner war seit 28 Jahren Erster Bürgermeister in Altötting und würde es sicher bis zu seiner Pension auch noch bleiben. Also war er in allen Belangen kompetent. Natürlich konnte Plotek nicht einfach so nach Annegret Topf fragen. Das war sicher ein leidliches Thema und alles. Deswegen hat er zunächst ein allgemeines Palaver angefangen, um dann über Umwege zum Wesentlichen zu kommen. Das brauchte Zeit. Und die war jetzt vorhanden. Weil in Hektik und schnell, schnell hat Plotek noch nie etwas Gescheites hervorgebracht. Immer eins nach dem anderen, Zeit, Zeit, Zeit und warten, bis der richtige Moment kommt. Dann geht alles seinen Lauf und wie von allein.
    Als Plotek mit dem Mercedes schon wieder in Altötting und am Rohbau der Mehrzweckhalle vorbei war, war es nahe liegend, auf Mutschler zu sprechen zu kommen. Selbstverständlich wieder nicht direkt.
    »Altötting ist ja im Prinzip doch eine recht friedliche Stadt, oder?«, hat Plotek mit Blick auf den Rohbau gefragt.
    »Ich bitte Sie, Herr Plotek, die friedlichste Stadt weit und breit. Wissen Sie, wo der Glaube ist, hat das Unrecht einen schweren Stand«, murmelte Brunner leicht säuerlich. Bestimmt war er noch immer angenervt wegen seinem Mercedes.
    Außerdem klang das inhaltlich wie von Pater Martin. Plotek hat genickt und dann noch mal zur Bestätigung und zum Zweck des Gut-Wetter-Machens gesagt: »Da haben Sie Recht, Herr Brunner!«
    Dann fing Plotek schließlich an, von sich zu erzählen. Jeder, der Plotek kannte, hätte jetzt denken müssen, Vorsicht! Weil Plotek in der Regel nie ein Sterbenswörtchen über sich selbst sagte. Bevor Plotek überhaupt etwas erzählte, musste schon was ganz Außerordentliches passieren. Und bevor er etwas Biographisches erzählte, etwas noch viel Außergewöhnlicheres. Quasi wieder Mittel zum Zweck. Brunner senior kannte Plotek nicht, folglich war bei ihm auch keine Vorsicht – und wenn schon, dann höchstens in Bezug auf seinen Mercedes.
    »Herr Brunner, ich sag es Ihnen ganz ehrlich, ich weiß nicht, ob ich der Richtige bin. Ich mein jetzt für den Jesus, weil Sie müssen wissen, der Selbstzweifel ist was Schlimmes«, hat Plotek gesagt und dabei das Schalten vergessen – ist im zweiten Gang Vollgas gefahren.
    »Kupplung!«, sagte Brunner, ohne den Blick von der Windschutzscheibe zu nehmen. Plotek hat gekuppelt und Brunner den Dritten eingelegt. Dann wieder Vollgas von Plotek und weiter nach Strategie. Aus den Augenwinkeln heraus beobachtete Plotek Brunner. Der ist immer kleiner geworden auf dem Beifahrersitz und fast unter der Armatur verschwunden. Ob jetzt wegen der Worte von Plotek und dessen Zweifel an der Jesus-Rolle oder wegen dessen beschränkten

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