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Altoetting

Altoetting

Titel: Altoetting Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sobo Swobodnik
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Froni.

7

    »Braucht ihr Monopolar?«
    »Nein.«
    »Anästhesie, können wir schneiden?«
    »Ja.«
    »Skalpell, Pinzette, Schere, Raspatorium.«
    »Raineys?«
    »Ja! Dann Trepanation, Lindemann-Fräse!«
    Iiiiiiiiiiiiiii.
    »Auaaaaaa! Mein Schäääääädeeeeel!«

    »Herr Plotek! Hallo! Beruhigen Sie sich!«
    Neben Plotek lag ein Kissen, neben dem Kissen eine Hand, daneben stand Pater Manuel, dahinter die Wirtin von der Eintracht und alle zusammen waren sie in der Gaststätte des Hotels.
    »Was ist los?«, hat Plotek gefragt.
    Die Augen waren nur Schlitze.
    Die Wirtin schmunzelte. Manuel sagte: »Zwanzig nach zehn!«
    Plotek: »Scheiße!« Und: »Verschlafen!«

    Plotek war am Gaststättentisch eingeschlafen. Die Wirtin hat ihm ein Kissen unter den Kopf geschoben, ganz vorsichtig, um Plotek nicht beim Träumen zu stören. Hätte sie doch mal tun sollen. Dann wäre ihm vielleicht der Alptraum erspart geblieben. Und die Schädeldeckenöffnung auch. Seit Plotek bei Doktor Kainz gewesen war und der die Computertomographie ins Spiel gebracht hatte, träumte Plotek nur noch von Gehirnoperationen. Sobald er die Augen schloss, kam schon die Lindemann-Fräse. Meistens blieb die Lindemann-Fräse stecken, also ging es nicht über die Öffnung der Schädeldecke hinaus, weil Plotek entweder geschrien hat, gejammert, auch mal geweint oder wild um sich geschlagen, so dass ihn das am Weiterschlafen und also auch am Träumen hinderte. Jetzt hatten ihn Manuel und die Wirtin davon abgehalten.
    Der Kopf von Plotek war so belämmert, als wäre bei der Operation die Schere dringeblieben. Ein katastrophales Gemetzel zwischen den Hirnhälften – so fühlte es sich jedenfalls an. Außerdem hatte er Druckstellen an den Schläfen und Rosenblüten von der Stickerei des Kissens an der Stirn.
    »Gehen wir?«, fragte Manuel.
    Plotek hat genickt und ist Manuel gefolgt, durch die Gaststube hindurch auf den Flur. Manuel ist genau zwischen der Gaststätten- und Eingangstür, auf Höhe der Hotelrezeption, in eine amerikanische Touristin gelaufen. Wäre auch schwierig gewesen, an der vorbeizukommen, weil die fast so dick war wie der ganze Flur breit. Quasi Fleischberg. Na ja, ganz unschuldig war Manuel aber auch nicht, weil er nach vorne gelaufen ist und nach hinten geguckt hat. Wie Plotek im Übrigen auch. Der ist auch nach vorne gelaufen und hat nach hinten geguckt, zur Wirtin, weil die noch immer mit dem Kissen in der Hand dastand und, seit sie Ploteks Stirn gesehen hatte, Weiße Rosen aus Athen summte. Die amerikanische Touristin, aufrecht wie ein Fels im Flur, hat geschrien, als wäre es ein unsittlicher Anschlag. Pater Manuel erschrak so, dass er gleich stürzte. Plotek ist nicht erschrocken, aber auch gestürzt. Und zwar auf Pater Manuel. Das war nicht weiter schlimm. Plotek ist mit dem Gesicht auf der Schulter von Manuel gelandet. Die Wirtin hat gelacht und Plotek gedacht: Déjà-vu oder Moment mal, das kommt mir doch bekannt vor! Ja, nicht die Szenerie, nein der Geruch. Weil, die Nase riecht mehr als die Augen sehen. Jetzt Tabac Original . Pater Manuels Schulter roch nach Tabac Original . Eindeutig. Plotek fing an zu spekulieren. Und führte dann Manuel aufs Glatteis. Das war natürlich gewagt, weil es sich ja vielleicht auch um einen Irrtum handelte. Tabac Original wird zigtausendmal verkauft. Auch in Altötting. Einen Versuch war es trotzdem wert. Zu verlieren gab es nichts.
    In der Marienstraße, auf der Höhe der Apotheke versuchte Plotek, Manuel in ein Gespräch zu verwickeln. Ganz unauffällig und als wäre es nicht wichtig.
    »Ist alles schon aufgebaut?«, hat Plotek gefragt, weil über Nacht alle Requisiten, die teuren Kulissenteile und alles immer abgebaut werden musste.
    »Ja!«, sagte Manuel. »Die Kreuze stehen, der Altar auch und . . .«
    »Der Tabernakel?«, fragte Plotek dazwischen.
    »Auch!«
    »Auf unseren Tabernakel freue ich mich ganz besonders«, hat Plotek noch belangloser gesagt. Dann Pause. Bis zum Ende der Marienstraße kein Wort mehr.
    Auch kein »Warum?« von Pater Manuel, sondern eisiges Schweigen und stierer Blick. Als die beiden in die Kapuzinerstraße eingebogen sind, hat Plotek wieder weitergeredet, genauso unbeteiligt und wie für sich selbst.
    »Mal schauen, was unser Tabernakel heute für eine Überraschung für uns hat.«
    Plotek hat nicht mich gesagt, sondern uns, also eine kleine Spitze abgefeuert. Manuel schwieg noch immer und hatte jetzt einen typischen Plotek-Blick im Patergesicht.
    »Weil ein

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