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Altoetting

Altoetting

Titel: Altoetting Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sobo Swobodnik
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Lieblingsschauspielerin, wurde extra aus Weihenstephan herbeordert. Natürlich gab es zig Jungfrau Marien in Altötting. Aber nein, die Zeller Froni musste es sein. Es spielte also weniger die schauspielerische Qualifikation als vielmehr die persönliche Befindlichkeit des Spielleiters eine Rolle. Bei Plotek hatte sich Niederbühler allerdings zurückgehalten. Das war Chefsache. Also in Personalunion Zeller, Mühlbauer und zweimal Brunner. Obwohl, dass nach dem Ausfall von Mengele Plotek den Jesus spielen würde, war ohnehin allen klar. Selbst Niederbühler. Für alle anderen war die Umbesetzung vier Tage vor der Premiere unmöglich.
    Beim Inszenieren hat sich Niederbühler schwergetan. Selten hat er gewusst, welche Szene gerade geprobt wurde. Er hat die Figuren ständig durcheinandergebracht – einmal war der Johannes der Judas, dann der Judas wieder der Thomas. Aber wehe, wenn es Widerspruch gab. Dann ist er vom Regiestuhl aufgesprungen und hat ein cholerisches Feuerwerk abgebrannt. Beschimpfungen, Vorwürfe, Beleidigungen und alles. Außerdem hat Niederbühler auch noch bei jeder Gelegenheit die Übersicht verloren. Mehr als drei Personen auf der Bühne bedeuteten ein Chaos im Kopf von Niederbühler. Oft ist er auch eingeschlafen, sicher auch eine Folge der Weißweinschorle, an der Niederbühler nebenher ständig genippt hat. Dann gab es Erleichterung bei allen. Manuel hat ihn immer schlafen lassen und weiterinszeniert. Theoretisch war also Niederbühler der Spielleiter, aber praktisch inszenierte Manuel. Manuel war sicher ein guter Klosterpater, also eins a in katholischer Mythologie und Glauben und allem. Er war auch eine Koryphäe in Okkultismus. Aber Theater? Vergiss es! Manuel hatte nur rudimentäre Kenntnisse und war auch nicht sonderlich begabt. Nach fünf Minuten Inszenierung hat sich zweieinhalb Stunden lang alles nur noch wiederholt. Zuerst Auftritt, dann frontales Sprechen, meist an der Rampe, dann Abgang – langweilig. Aber egal. Wichtig war nicht die hehre Kunst, sondern dass der Vorhang aufgeht, dass der Vorhang zugeht und es dazwischen ausverkauft ist.
    Wenn die Altöttinger Passionsspiele also doch noch auf den letzten Metern scheitern sollten, wegen Jesus seinem Abgang, also Ploteks Ausstieg, dann ist nichts mehr mit Umbesetzung, drei Tage vor der Premiere. Das ist völlig unmöglich. Dann würde die Schuld aber nicht bei Niederbühler gesucht werden, sondern dann wäre Pater Manuel der Sündenbock. Zumindest für den Guardian. Das konnte Manuel nicht riskieren. Dafür war er doch zu eitel, zu ehrgeizig und vor allem auch zu dankbar gegenüber dem Guardian.

    Vor der Probe gab es dann noch einen kurzen, aber heftigen Streit zwischen der Maria Magdalena und der Jungfrau Maria. Also zwischen der Merz Monika und der Zeller Froni. Zumindest waren es den Stimmen nach die beiden, in der Garderobe vom Kloster. Plotek hat im Vorbeigehen kurz hingehört. Das ist natürlich nicht die eleganteste Methode – Lauschen, Spionieren. Obwohl es ungewollt war. Manchmal kann man eben nicht anders.
    Eigentlich waren die beiden, also die Froni und die Monika, ganz gut befreundet. Früher mal. Seitdem aber die Zeller Froni in Weihenstephan war, bestand nur noch wenig Kontakt. Aber trotzdem waren sich die beiden gegenseitig eigentlich nicht zuwider. Jetzt schon.
    Die Zeller Froni hat geschrien: »Das wirst du mir büßen!«
    Und die Merz Monika hat geantwortet: »Das ist doch Blödsinn. Ich hab damit nichts zu tun!«
    »Du hast nie mit nichts zu tun, aber überall die Finger im Spiel!«
    »Du spinnst doch!«
    »Das war immer schon so.«
    »Du bist ja bloß neidisch!«
    »Dass ich nicht lache!«
    Dann gellender Lacher von der Zeller Froni und im Lachen ein eingebettetes »Auf dich?«. Dann wieder ernst und ganz schnippisch: »Wegen dem Zeiler vielleicht?«
    »Blödsinn, lass den Zeiler aus dem Spiel!«
    Die Merz Monika war jetzt ziemlich gereizt.
    »Hahaha!«
    Wieder ein Lachen von der Zeller Froni. Dieses Mal aber anders, überheblich, hämisch und alles.
    »Hab ich’s mir doch gedacht. Hast ihm also doch den Kopf verdreht. Weißt wieder mal mehr, als du zugibst.«
    »Ich weiß gar nichts! Zumindest nicht mehr als du, nämlich dass der Zeiler nicht von allein vom Dach gefallen ist.«
    »Ach! Vielleicht hat er sich ja zu sehr nach dir umgedreht und dann . . . Hoppala, schon zu spät!«
    »Du spinnst doch!«, hat die Merz Monika abgewehrt und ist aus der Garderobe gestürzt und . . . hoppala, Plotek genau vor die

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