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Altoetting

Altoetting

Titel: Altoetting Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sobo Swobodnik
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Beruhigung eine Gauloise Blonde herausgezogen. Gleichzeitig mit der blauen Schachtel fiel im Sturzflug ein Schnipsel heraus. Der Schnipsel segelte durch die Luft wie eine abgeschossene Tontaube und landete auf dem Altar. Neben dem Kelch und vor den Augen von Plotek ist der Schnipsel dann liegen geblieben und hat Plotek angeschaut – es war der junge Arno!
    Sofort hat Plotek vom Fotoschnipsel aufgeblickt. Seine Augen waren jetzt wie Schmeißfliegen, also ständig unterwegs, und sind dann wie an einem stinkenden Haufen kleben geblieben. Plotek hat eine Hand gesehen, oder besser zwischen Hand und Arm ein Gelenk, es war weiß und alles andere drum herum braun, von der Sonne gebräunt. Ein bleiches Handgelenk! Plotek war plötzlich wie von einer Erleuchtung heimgesucht. Das Bild vom Video legte sich jetzt wie ein Dia über Ploteks Blick, und wo auf dem Video noch eine Uhr gewesen war, erschien jetzt ein bleicher Fleck! Dazwischen tauchten, bildlich jetzt, Mutschler, in den Schaltafeln eingekeilt, und die Uhr im Beton auf. Für Plotek war jetzt, ganz gegen seine doch eher verzögerte Kombinationsgabe, sofort einiges völlig klar. Quasi Schuppen von der Netzhaut. Ja, was er jetzt vor seinen Augen sah, war mit der Hand auf dem Video identisch. Die Hand, die Mutschier was zugesteckt hatte, die Hand mit der Uhr, bevor die, wie auch immer, im Beton gelandet war. Jetzt kam Plotek wieder der Pater Manuel und sein »Haben Sie eine Uhr?« in den Sinn. Auch Matthäus, nicht Evangelist jetzt, sondern Rekordnationalspieler, und sein legendärer Ausspruch »Es war die ganze Zeit die Hand im Spiel« ist ihm eingefallen. Und dann aufgefallen: Das ist der Mörder von Mutschier und der von allen anderen auch. Das ist . . . Die Jungfrau Maria! Die Zeller Froni! Die Froni, noch immer ganz Jungfrau, hat Plotek mit roten Bäckchen und starrem Blick angesehen. Plotek schaute mit eisernem Blick zurück. Und traf. Die Jungfrau Maria erbleichte schlagartigalso nichts mehr mit roten Bäckchen. Es schummelte sich ihr eine Verlegenheit aufs Gesicht, dass sie Ploteks Blick nicht mehr ertragen konnte. Also hat sie ihre Augen von Plotek weggenommen und ist verschwunden. Plotek lief hinterher.
    Noch immer im Jesus-Gewand hat Plotek die Zeller Froni dann in der Requisitenkammer hinter der Bühne gestellt. Die Zeller Froni ist sofort auf die Knie gefallen, und die Worte sind, wie bei einer geschüttelten Adelholzner-Flasche das Wasser, überfallartig aus ihr herausgesprudelt.
    »Jesus, verzeih mir, mein Herr und Meister«, flehte die Zeller Froni und faltete die Hände vor der Brust. Plotek hat noch gedacht, ist die Froni jetzt ganz durch den Wind oder ist alles vielleicht nur eine Show, als Froni noch immer ganz Maria-like im Ton einer jammernden Gebetsmühle weitergesprochen hat:
    »Mea culpa, mea culpa, es ist meine Schuld, Jesus! Verzeih du mir mein Versagen. Deinem Auftrag folgend wollte ich den richtigen von seiner Schuld erlösen. Mea culpa, mea culpa, es ist meine Schuld, es ist meine alleinige Schuld, dass es der Falsche war, ein Unschuldiger, der Bartholomäus. Verzeih mir, Herr und Gott, mea culpa, mea culpa, aber der Geist ist willig, das Fleisch ist schwach. Es hätte sich ereignen sollen wie beim Mutschler, dem Sündhaften, dem Verdammten, wie von dir befohlen, mein Jesus! Der Mutschler ist gerichtet worden von dir durch mich, wie verlangt. Wie von dir, mein Herr und Gott, verlangt.«
    Plotek dachte plötzlich, ich bin im falschen Film oder vielleicht ist der Zeller Froni der Keilriemen von den Synapsen gerutscht. Aber ungeachtet der Plotek‘schen Überlegungen hat sich die Zeller Froni nicht aus ihrem religiösen Wahn bringen lassen.
    »Mein Herr und Gott, ich habe ihn mit der Versuchung des Fleisches hinaufgelockt auf das Gerüst und ihm mit meinen körperlichen Reizen das Himmelreich auf Erden versprochen. Seine sündhafte Lust hat ihn alles vergessen lassen, und dann, ja, dann hab ich ihn erschlagen, wie es ihm gebührt, und hineingestoßen zwischen die Tafeln.«
    Plotek fing jetzt an zu begreifen, und noch bevor die Zeller Froni fortfahren konnte, sagte er: »Und den Zeiler hast du auch hinuntergestoßen vom Giebel!«
    »Den Zeiler?«, hat die Zeller mit unveränderter Stimme gefragt.
    »Ja, den Zimmermann, du weißt schon, der erste Judas!«
    »Aber, nein! Mein Herr Jesus! Der Zeiler, der Schuldhafte, der ebenso Verdammte, war doch erst der Wink, der Wink von dir, mein Jesus! Und dein Zeichen für mich, für mich deine Tochter im

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