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Altstadtfest

Altstadtfest

Titel: Altstadtfest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcus Imbsweiler
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machen lassen soll. Sie brauchen ihm ja nicht sämtliche Einzelheiten über die Arische Front und den Film auf die Nase zu binden, verstanden?«
    »Verstanden.«
    »Gut. Halten Sie mich auf dem Laufenden.«
    »Darf ich die Neckar-Nachrichten mitnehmen?«
    »Falls es um diesen Artikel auf Seite 3 geht«, sagte Fischer unschuldig, »da macht Ihnen Herr Greiner bestimmt eine Kopie.«
    »Mit dem größten Vergnügen«, grinste der Rottweiler. »Eine Farbkopie!«
    »Danke«, sagte ich. »Und wenn Sie sich fertig vergnügt haben, überlegen Sie sich mal Folgendes: Wir haben es nicht mit einem Einzeltäter zu tun, sondern mit einer Gruppe. Mit einer Gruppe, die dafür sorgt, dass ihre Leute heil aus dem Schlamassel herauskommen. Also keine Horde von Selbstmordattentätern. Was heißt das?«
    Die drei Polizisten sahen mich fragend an.
    »Dass sie es wieder tun werden«, sagte ich.

7
    »Ist dort Heidelbergs prominenter Privatdetektiv Max Koller?«, frohlockte mein Anrufbeantworter mit Fattys Stimme. »Oder sogar Heidelbergs prominentester? Allerprominentester? Mensch, Max, was für eine superkrasse Werbung, Glückwunsch! Du wirst dich vor Aufträgen nicht mehr retten können.«
    Piep, nächste Nachricht: »Wieso muss ich aus meiner eigenen Zeitung erfahren, dass du an dem Fall dran bist?« Das war ein nörgelnder Marc Covet. »Nicht, dass es mich etwas anginge, wir kennen uns ja kaum. Falls du trotzdem ein paar Informationen brauchst und falls du eingeladen bist: Du kannst mich heute Abend in der Galerie Urban treffen. Ciao, detettivo!«
    Und so ging es weiter, fünf Anrufe lang. Mein Vermieter wollte wissen, wie ich zur Erhöhung der Nebenkosten stünde, schließlich könne ich sie mir angesichts meiner derzeitigen Auftragslage leisten, Fatty meldete sich noch einmal, um zu fragen, wann Heidelbergs prominenter Privatdetektiv ihm und Eva mal wieder die Ehre eines Besuchs erweise, und sogar Tischfußball-Kurt hinterließ eine meckernde Nachricht, beim Frühstück habe er sich eine geschlagene Viertelstunde gefragt, zu wem wohl die versoffene Fresse hinter dem Pickel gehöre.
    »Vielen Dank, Signore!«, fluchte ich, von einer Flutwelle chauvinistischer Gedanken überrollt. Obwohl, wenn ich es mir recht überlegte, trug mein Landsmann Nerius mindestens ebenso viel Schuld an dem Desaster, und den konnte ich wenigstens in meiner Muttersprache beschimpfen. Ich kramte seine beschissene Visitenkarte hervor und wählte seine Handynummer. Untergetaucht, natürlich; also bekam seine Mailbox ein paar Kommentare zu hören, dass sich die Halbleiter bogen.
    Lange hielt ich es zu Hause nicht aus. Ich musste an die Luft: um Fischers stickiges Büro zu vergessen, um die Gedanken zu ordnen und neue Gesichter zu sehen. Ich steckte mein Handy ein und rannte die Treppe hinunter.
    Mein Briefkasten war leer wie immer. Keine Post aus Italien, nichts. Christine würde früher wieder im Lande sein als ihr vermaledeiter Brief. Ich öffnete die Haustür und rannte in einen Mann, der gebückt vor den Klingelschildern stand und mit kurzsichtigen Augen auf die Namen starrte.
    »Tschuldigung«, murmelte er verwirrt, als hätte er mir die Tür gegen die Hüfte gerammt und nicht umgekehrt.
    »Gern geschehen«, knurrte ich und schloss mein Rad auf.
    Wie zum Hohn lag ein kräftiges Hoch über der Stadt. Jeder Winkel wurde von der Sonne ausgeleuchtet, die Schatten fielen scharfrandig und kurz – ein Wetter zum Bäume-Ausreißen. Ich fuhr ein Stück flussaufwärts, um kurz vor Ziegelhausen zum Stift Neuburg abzubiegen. Linkskurve, Rechtskurve, eine Steigung von 15 Prozent. Der Asphalt glühte. Am Friedhof oben hatte ich genug. Ich setzte mich auf eine Bank und wartete, dass mein Herz ruhiger schlug. Zu meinen Füßen glitt ein Frachtschiff durchs Tal. Ein Güterzug rasselte an der Steilwand entlang. Im Westen die Rheinebene, der Pfälzer Wald, ein blauer, fast dunstfreier Himmel.
    Ich versuchte, mir die vergangene Stunde ins Gedächtnis zu rufen. Unmöglich zu sagen, wie Kommissar Fischer die ganze Sache beurteilte. Nach außen hielt er sich an die Fakten, und die sprachen nun einmal für eine Beteiligung dieser selbst ernannten Arier. Einer Gruppe, die angeblich noch nie auf sich aufmerksam gemacht hatte. Vielleicht war sie den Geheimdiensten längst bekannt, und nun musste der Eindruck vermieden werden, man habe die von ihr ausgehende Gefahr unterschätzt.
    Und was gefiel mir dabei nicht? Zum Beispiel die Tatsache, dass die Neonazis nichts von dem Anschlag

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