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Altstadtfest

Altstadtfest

Titel: Altstadtfest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcus Imbsweiler
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hätte ich dem Kerl nicht zugetraut. Einen Moment lang war ich sprachlos.
    »Außerdem«, fuhr er fort, »spielte es keine Rolle, wie Sie sich äußern würden. Als wir Sie gestern Mittag engagierten, lag Ihr Foto längst auf dem Redaktionstisch der Neckar-Nachrichten.«
    »Und wen hat sich Petazzi gekauft, damit der Artikel heute an exponierter Stelle abgedruckt wurde? Den Chefredakteur? Oder gleich die komplette Zeitung? Erscheinen die Neckar-Nachrichten ab morgen auf Italienisch?«
    »Rasend komisch. Es gibt da Verbindungen zwischen einem deutschen Geschäftspartner Signor Petazzis und dem Herausgeber.«
    »Klar, was sonst?«
    »Hören Sie«, sagte Nerius kühl, »ein wenig mehr Professionalität hätte ich Ihnen zugetraut. Wollen Sie sich nicht setzen?« Er nahm am Küchentisch Platz und wies auf einen Stuhl gegenüber.
    »Danke, ich bleibe lieber stehen.«
    »Wie Sie wollen. Also, Herr Koller, ich hielt Sie wirklich für einen Profi. Haben Sie sich nie gefragt, weshalb wir diesen Artikel in die Zeitung setzen ließen?«
    »Sie sind ja ein ganz Schlauer. Ob ich das wohl gemacht habe?«
    »Und? Wie sehen die Resultate Ihrer Überlegungen aus?«
    Ich lehnte mich mit dem Rücken ans Fenster. »Grund eins: Die hiesigen Ermittler brauchen ein bisschen Feuer unterm Arsch. Es sind ja bloß Beamte, ohne Druck von außen bekämen die überhaupt nichts auf die Reihe.«
    Nerius schüttelte den Kopf.
    »Zweitens: Ihr Signore sieht sich als Macher. Während alles auf der Stelle tritt, ist er derjenige, der anpackt, der anleiert, der neue Ideen hat. Seinen Enkeln und Urenkeln, wenn er denn welche hätte, könnte er erzählen: Und dann habe ich mal eben die Entlarvung des Attentäters auf den Weg gebracht. Ein Zeitungsartikel ist mein Zeuge. So einfach geht das nördlich der Alpen.«
    Gequält sah Nerius zur Decke.
    »Drittens: Seiner Ansicht nach laufen irgendwo in Heidelberg ein paar Auftragskiller herum, die nicht wissen, welche Behörde für sie zuständig ist. Also wird mein Name in die Zeitung gesetzt, damit sie sich an mich wenden. Scusi, Signor Koller, wir hätten da einen Vierfachmord zu melden.«
    »Ist das alles?«, fragte Nerius gelangweilt.
    »Vorerst.«
    Er griff nach einem Spielzeugauto, das auf dem Tisch stand, und versetzte es mit drei Fingern in kreiselnde Bewegungen. »Wenn Sie so viel tun würden, wie Sie reden«, sagte er, »könnte aus Ihnen etwas werden.«
    »Das hat mir meine Mutter schon gesagt.«
    »Also.« Er sah auf. »Über den letzten Teil Ihrer Ausführungen lässt sich reden.«
    »Dass sich die Täter bei mir melden? Sie haben wirklich den …«
    »Moment! Ich halte es für durchaus denkbar, dass man versucht, Kontakt mit Ihnen aufzunehmen. Es geht ja nicht nur um den Mörder. Da gibt es Mitwisser, Hintermänner. Wenn einer von denen versucht, seine Informationen zu Geld zu machen, ist das unsere und Ihre Chance. An die Behörden wird sich niemand wenden, an uns auch nicht. Aber Sie wird man als Mittelsmann akzeptieren. Deshalb auch der Hinweis auf Signor Petazzis finanzielle Möglichkeiten. Sein Geld und Ihre Verschwiegenheit, das ist die ideale Kombination.«
    »Vergessen Sies. In Versicherungsfällen funktioniert das. Aber nicht bei vierfachem Mord.«
    »Das werden wir sehen. Unversucht lassen wir jedenfalls nichts.« Sein Mund verzog sich zu einem spitzbübischen, fast süffisanten Lächeln. »Im Übrigen gibt es noch andere denkbare Varianten.«
    »Die wären?«
    »Es könnte sein, dass man in Ihnen eine potenzielle Gefahr sieht und ab jetzt ein Auge auf Sie hat.«
    »Man? Sie sprechen vom Mörder?«
    »Von wem sonst? Immerhin gelten Sie seit heute als der einzige Ermittler, der von einem gezielten Anschlag ausgeht. Damit stellen Sie für die Täter womöglich eine größere Bedrohung dar als der Polizeiapparat.«
    Nun musste ich mich doch setzen. Lachend. »Sie leben wirklich in einem Traumland«, sagte ich, »Sie und Ihr komischer Signore. Wenn hier tatsächlich Auftragskiller am Werk waren, schütten die sich aus über die Zeitungsmeldung. Die müssen in stationäre Behandlung vor Lachmuskelkater. Koller? Was ist denn das für ein Wicht?«
    »Das haben Sie gesagt.«
    »Ja, das habe ich gesagt. Wenn Sie es gesagt hätten, hätte ich aus Ihnen eine handliche kleine Skulptur gefertigt, wie geschaffen für die Galerie Urban.«
    Er verzog keine Miene. Wenn es um seine Frau ging, verstand er keinen Spaß.
    »Sie haben lustige Ideen, Nerius. Das brauchen Sie Ihrem Chef nicht auszurichten, ich

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