Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Altstadtrebellen

Altstadtrebellen

Titel: Altstadtrebellen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Giebel
Vom Netzwerk:
ganz gut eingerichtet, ich bin ja allein stehend, nicht nur, sag ich immer …«, dabei lacht er etwas gequält, und dieses Lachen lässt ahnen, dass jetzt einer seiner Lieblingsscherze kommt, »… auch allein liegend, hähä, das ist so eine Redensart von mir.« Seine Gesichtszüge werden bedeutsam. »Nein, also wirklich, ich bin allein stehend. Das sieht man mir gar nicht an, gell? Ich kann mich schon verstellen, wenn ich will. Na ja. Man kann sich es nicht raussuchen. Wer weiß, für was es gut ist. Anders könnte ich gar nicht mehr leben. Ich steh meistens um zehn Uhr auf, da ist es auf meiner Wanduhr elf, jetzt habe ich aber unter die Uhr einen Zettel hingeklebt, auf dem steht: zurück. Ich setze mich also an meinen Küchentisch, da habe ich immer einen Block und einen Stift, und schreibe drauf, elf, zurück, aha, minus eins, und dann weiß ich es genau. So fängt der Tag bei mir an, dann erledige ich mein Zeug, und dann sperre ich meinen Friseurladen auf. Ich bin ja ein reiner Herrenfriseur, sehr viele junge Leute, oft kommt ein Papa mit seinem Bub rein, ich hab ja früher schon um neun aufsperren müssen, weil alle einen anderen Haarschnitt wollten, aber jetzt durch das Moderne, da haben die alle denselben Haarschnitt, meistens diese Topffrisur, für die sie uns früher erschlagen hätten. Ein paar blonde Strähnen und Zöpferl hinten dran, fertig. Da reicht’s, wenn ich um elf Uhr aufsperre!«
     
    In diesem Augenblick betritt Lucie den Raum. Von ihrer langen Mähne blieb nur noch ein sportlicher Kurzhaarschnitt übrig. Passt gut, dachte ich.
     
    »Walter, was machst du schon hier?«
     
    »Ah, Lucie, bin ich noch ein bisserl früh, ha? Aber der Bronske und der da sind doch auch schon da!«
     
    »Der da zählt nicht, und bei Bronske ist das was anderes, das weißt du!«
     
    »Schmarrn, dann geh ich halt noch etwas spazieren, vielleicht finde ich noch ein Uhrengeschäft, dann kauf ich mir noch einen Sekundenzeiger dazu!«
     
    Lucie bringt Walter hinaus und geht zu Bronske, der irgendwas in der Küche einräumt.
     
    »Bronske, was sagst du?«
     
    »Einmalig, Lucie, passt hundertprozentig zu dir!«
     
    »Übrigens, danke fürs Einräumen!«
     
    »Schon gut, Lucie, was soll ich denn daheim!«
     
    »Was machen wir, Bronske, die Brauerei hat geschrieben. Die wollen die Pacht erhöhen. Was machen wir, wenn die uns wieder rausschmeißen? Soll ich dann auch mal so was aufmachen wie Erlebnisgastronomie? Mit einer Cocktailbar und dir als Barkeeper, mit einer Happy Hour, tougher Musik, toughen jungen Leuten, die sich unterhalten üben, die vor lauter SMS gar nicht mehr wissen, wie Fortpflanzungsrituale funktionieren? Ich weiß nicht, ob uns das gefällt, Bronske, mit uniformiertem Personal, roten Schürzen, gelben T-Shirts, auf denen groß LUCIE steht. Das Personal ist angewiesen, alle zu duzen, zu allen freundlich zu sein, und es läuft gut, und ich mache noch ein Lokal auf und noch eins… Würde dir das gefallen?«
     
    Bronske raunt wieder einen seiner Sätze: »Manchmal muss man sich auch zusammenreißen, wenn nichts los ist!«
     
    Lucie geht in den Gastraum und beginnt, die Tische zu wischen. Bronske folgt ihr und begibt sich an seinem Stehtisch in Position. »Sag mal, Bronske, warst du nicht auch mal so was wie verheiratet?«
     
    Bronske hebt den Kopf, sieht Lucie an und will ihr antworten. Lucie merkt, wie schwer ihm das fällt, und meint: »Sag jetzt nichts, schone deine Stimme. Weißt du, wenn ich so zurückschaue - warum hab ich mich von meinem Mann getrennt? Wir hatten ein großes Haus, fast eine Villa, Golfclub, Segelclub, ein schönes Boot, vier Autos, drei Kinder, einen Weinkeller, Freunde, Reisen, wir sind viel herumgekommen… Wir haben uns auch unterhalten, er war belesen, also kein Trottel in dem Sinn… Was ich sagen will, Bronske, von außen gesehen war das alles wunderbar, verstehst du? Irgendwann wurde das Ganze unerträglich. Wir waren Zierfische in einem Aquarium. Ich war innerlich verzweifelt. Ich hab mir gedacht, was machst du jetzt, soll ich mich betrinken oder belügen? Eine Zeit lang hab ich beides gemacht. Den Rest kennst du. Jetzt bin ich hier! Ich könnte schon einen Mann gebrauchen, einen, der mir hier hilft, einen, mit dem ich mal reden kann, einen, mit dem ich mal nur trinken kann, auch einen fürs Bett … also vier bräuchte ich schon. Aber einen fürs Leben, nein, das pack ich nicht mehr. Was meinst du, Bronske?«
     
    Bronske hält seinen Kopf gesenkt und blickt auf

Weitere Kostenlose Bücher