Altstadtrebellen
zurückgehen, als er den Kunden sagen hört: »Das ist aber ganz schön teuer für ein Gerät, von dem ich nicht einmal weiß …«
Da fährt ihm Schacherl dazwischen: »Was? Was habe ich da gehört? Zu teuer? Sind wir jetzt auf dem Basar oder was? Wollen wir jetzt handeln? Schauen Sie, jetzt kostet er 70 Euro, so schnell geht’s!« Er geht zurück zu dem wartenden Auto: »Also passen Sie auf. Sie haben hier alte Lackdosen drin, mit Lackresten, das ist ein Sondermüll, der käme normalerweise da hinten in den Blechverschlag, da finde ich aber heute den Schlüssel nicht, darum darf ich Sie bitten, morgen noch einmal zu kommen!«
Kunde: »Warum das denn?«
Schacherl: »Ja, weil ich das sage. In zwei Monaten ist hier sowieso dicht, also genießen Sie einfach die Anfahrt hierher. Wiederschaun!«
Weiter hinten bei den Matratzen sieht er ein paar Kinder spielen: »So Kinder, was ist mit euch da hinten, hey, ihr Burschen, jetzt seid ihr lange genug auf den Matratzen rumgehupft, stellt sie wieder schön auf und dann zischt ab. Morgen setzt ihr mal einen Tag aus, geht’s halt rüber in den Friedhof zum Fußballspielen!«
Eines der Kinder ruft: »Aber da ist doch immer der blöde Aufseher!«
Schacherl: »Ah, der Brandstetter, der soll euch in Ruhe lassen, sagt ihm das, sonst kriegt er es mit mir zu tun.«
Er setzt sich hin, nimmt einen Schluck, blickt kurz über sein Imperium und redet: »Weißt du was, Heinrich, wenn wir zwei hier fertig sind, dann machen wir irgendetwas Ausgefallenes, etwas Wildes. Eine Kur, ha? Anwendungen. Einmal im Leben will ich mir Anwendungen verpassen lassen. Aber nur weil mir das Wort so gut gefällt.«
Ein ausführliches Gespräch der beiden folgt.
»Und was wird da gemacht?«
»Ja, was weiß ich. Irgendwas werden die in der Kur schon machen mit uns. Soviel ich weiß, musst du den ganzen Tag durch das Wasser laufen, dafür kriegst du nichts zum Essen, dann schmieren sie dich mit Schlamm ein, den kannst du dann wieder essen. Wenn du magst.«
»Gibt’s da ooch Massagen?«
»Massagen? Freilich kriegst du da auch Massagen.«
»Von einer Frau?«
»Das weiß ich nicht, ob das eine Frau ist, das kann auch ein Mann sein, der dich massiert. Du hast Vorstellungen. Und wenn es eine Frau ist, dann kannst du gleich mal davon ausgehen, dass es keine 19-jährige Thailänderin ist. Das wird dann schon so ein Drachen sein. Eine falsche Bemerkung von dir, und sie haut dir den Ellenbogen ins Kreuz, dass du meinst, dir ist ein Schwertransporter drübergefahren. Nein, nein, Heinrich. Auf dem Weg findest du keine Frau. Sowieso schwierig bei dir.«
»Wieso soll das schwierig sein?«
»Ja, schau dich doch einmal an. Heinrich, bei aller Liebe, du bist jetzt über vierzig. Du bist überhaupt nicht schön. Du hast keinen Humor.«
»Na, komm, jetzt mach aber mal’n Punkt. Ich hab dir schon oft Witze erzählt!«
»Ah geh, deine Witze, komm, hör auf.«
»Nein, wirklich, ich kann Witze erzählen!«
»Hör auf, Heinrich!«
»Soll ich dir mal einen erzählen?«
»Ich habe gesagt, hör auf. Ich kenne niemanden, der so schlechte Witze so schlecht erzählt wie du.«
»Aber du lachst doch immer!«
»Natürlich lache ich. Das mache ich alles für dich. Aber du musst dich mal aus der Sicht einer Frau betrachten, was hast du denn zu bieten. Dein Dialekt ist in München auch nicht gerade ein Bonus. Du musst dir was Besonderes einfallen lassen. Einen Trick. Kauf dir einen Hund. Aber keinen Pitbull, da kannst du gleich alleine rumlaufen. Kauf dir einen schönen weißen Schlittenhund, mit dem gehst du jeden Tag Gassi, immer denselben Weg, zehn Stunden lang, mindestens, Woche für Woche, irgendwann passiert schon mal was.«
»Da verlangsde aber viel!«
»Ja freilich ist das anstrengend, jeden Tag Gassi gehen. Aber es lohnt sich, glaub mir’s.«
Schacherl fasst sich wieder an den Bauch und verzieht das Gesicht: »Sag mal, Heinrich, vor der Wende in deiner DDR, so Geschichten mit dem Darm, habt ihr so was auch gehabt? War das erlaubt?«
Heinrich: »Na freilisch hatten wir ooch Probleme mit der Verdauung!«
Schacherl: »Ja, dann hilf mir halt mal. Woher kommt denn so was?«
Heinrich: »Ich würd sachen, was in solschen Fällen sehr oft unterschätzt wird, ist die seelische Nadur!«
Schacherl: »Seelisch? Sehr gut, Heinrich. Das gefällt mir, ich habe schon gemeint, es ist psychisch. Dann
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