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Altstadtrebellen

Altstadtrebellen

Titel: Altstadtrebellen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Giebel
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einfach, deswegen …«
     
    Sein Blick fällt noch einmal in den Wagen: »Was ist denn mit den Skiern? Wollen S’ die auch wegschmeißen? Da ist ja noch die Bindung dran …«
     
    Er geht hinter den Wagen, öffnet die Heckklappe und zieht bedächtig das Paar Skier heraus und betrachtet es ausführlich: »Was sind denn das für Ski, Völkl, die guten alten Völkl..., die stelle ich gleich bei mir daher, und Ihre Kiste ausnahmsweise in die Presse, da wo der Kombi wegfährt, da stellen Sie sich hin, gell!« Da ruft er wieder quer über den Platz: »Heinrich, du schaust, dass er es gescheit macht!« und erklärt sodann dem Kunden: »Der Heinrich aus Meißen war früher in der Porzellanmanufaktur beim Versand, jetzt ist er beim Bauschutt, so geht’s!«
     
    Als der Wagen weiterfährt, scheint es etwas ruhiger zu werden. Schacherl setzt sich wieder auf seine Bierkiste. Plötzlich drückt ihn etwas im Magen. Er hält sich den Bauch und verzieht das Gesicht: »Scheiße, jetzt geht das schon wieder los. Ich kann doch nicht schon wieder aufs Klo gehen. Ist doch nichts mehr drin. Wo hab ich denn mein Darmbücherl?« Er holt ein ziemlich zerlesenes Fachbuch für Darmprobleme aller Art heraus und fängt an zu blättern: »Hehe, jetzt gefällt es mir schon, jetzt hab ich die Zeichnungen schon ausgemalt. So, wo sind wir denn stehen geblieben, da, hier, durch den Analkanal sind wir schon durch, da waren wir, Rektumprolax, Kontinenz und Inkontinenz. Über das Halten von Stuhl und Winden. Beispiel Katharina M., 69: In der letzten Zeit kann ich die Winde nicht mehr zurückhalten …« Da unterbricht er sich beim Lesen selbst und lacht laut auf. Dann ruft er wieder rüber zu Heinrich, der dem letzten Kunden bei der Restmüllpresse hilft: »Heinrich, das Buch ist wirklich lesenswert, da musst du mal reinschauen.« Heinrich weiß, welches Buch Schacherl meint: »Ooch, du mid deinem Darmbuch kannst mir gestohlen bleiben!«
     
    Schacherl insistiert: »Ja, wenn ich es dir doch sage, schau mal her, da steht auch etwas über dich drin.«
     
    Heinrich wehrt ab: »Nee, interessiert mich nich!«
     
    Schacherl gibt nicht auf: »Ja doch, hör mir zu. Lass den allein ausladen, du sollst jetzt mir zuhören. Da steht, du musst mehr Schließmuskeltraining machen, dann kannst du es besser halten!« Und schon prustet Schacherl los: »Jetzt, Heinrich, lach halt auch einmal!«
     
    Inzwischen nimmt Leschek auf einer zweiten Bierkiste neben Schacherl Platz. Er zündet sich eine Zigarette an und fragt Schacherl: »Woher kennst du ihn?«
     
    Schacherl ist in Redelaune: »Den hab ich kurz nach der Wende kennen gelernt, beim Oktoberfest sitzt er im Bierzelt und jammert, dass er nichts zu essen kriegt. Ein Hendl wollte er, ging zum Ammer und verlangte nach einem Broiler. Verstehst du, Leschek? Einen Broiler. Ich kann mir bildhaft vorstellen, was da abgelaufen ist. ›Hau mir ab mit deinem Broiler‹, werden sie ihm als Antwort gegeben haben, ›geh rüber zum Löwenbräu!‹ So hat es der Heinrich mir in seinem breiten Sächsisch erzählt: ›Isch weiß gar nisch, was die hoben, isch will doch kein Löwen essen!‹<
     
    Jetzt pass auf, Leschek, wie es weitergeht. Ich kaufe ihm aus Mitleid zwei Fischsemmeln und eine halbe Ente, damit er was im Magen hat, weil drei Maß hat er ja auch schon gehabt.« Schacherl wird nun bedeutungsvoll: »Nachdem der Heinrich das verputzt hat, steht er auf und meint, er müsste sich jetzt bewegen, und steuert direkt aufs Fünferlooping zu. Ich habe noch zu ihm gesagt, du kannst doch mit dem, was du im Bauch hast, jetzt nicht Fünferlooping fahren! Doch, hat er gesagt, das ist eine Premiere, das hat er sich vorgenommen, nüchtern hätte er sich das sowieso nicht getraut. Fünferlooping, verstehst du, mit den langen Wägen. Setzt er sich auch noch ganz vorne hin, bei der Fliehkraft gibt das doch bis nach hinten einen ganz hässlichen Streifen!« Und wieder lacht Schacherl los.
     
    Leschek, bemüht, den aufmerksamen Zuhörer zu mimen, hat anscheinend gar nichts kapiert. Er zieht an seiner Zigarette und meint trocken: »Ja, hässliche Streifen sind blöd!«
     
    Ungeachtet dessen ruft Schacherl wieder in Richtung Restmüllpresse: »Heinrich, setz dich her zu mir!« Heinrich gibt sich pflichtbewusst: »Aber ich muss doch schauen, ob …« Schacherl fällt ihm ins Wort: »Jaa, lass den ausladen, das ist mir jetzt egal, wir sperren sowieso gleich zu. Da setz dich her …«, er deutet auf die freie Bierkiste zu seiner Linken,

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