Altstadtrebellen
Ingwer versetzten Magenbitter aus dem Norden. Hat 58 Prozent. Habe ich mir gedacht, den schenke ich denen mal, damit sie wissen, was Prozente sind. Das war so mein Gedanke. Aber ich hab’s ganz kurz gemacht. Habe ihnen die Flasche gezeigt: »Da schaut her, so sieht die Zahl mal ohne Komma aus.« Das ist normalerweise nicht meine Art, aber es kommt immer ein bisschen auf den Zustand an.
Aber interessant, mein Polit-Ehepaar saß nicht zu Hause, sondern in einer Wirtschaft. Das hätte ich denen nicht zugetraut. Da haben die gepunktet bei mir. Ich teile die Menschen nämlich gern in mehrere Gruppen ein: Die einen gehen in Wirtschaften, die anderen nicht … ja, das war’s eigentlich schon.
Nach dem langen Fußweg war bei mir der Dampf natürlich schon ein bisschen raus, und ich habe mich erst mal hinsetzen müssen, erst mal ausschnaufen. Aber er fängt immer gleich zu reden an, das kenne ich an ihm schon. Der legt immer sofort los, ohne Punkt und Komma. Irgendwie parteipolitisch. Vielleicht ist das gar nicht so uninteressant, was er sagt, aber es gibt Leute, da kann man nichts machen, wenn die zwei Minuten reden, verschwimmen ihre Texte bei mir zu einem akustischen Einheitsbrei. Da höre ich dann so was wie: »omtz…omtz…omtz…«
Ich bemühte mich in diesem Fall Interesse zu zeigen. Ich sah ihn an und sagte: »Mhm… ja … genau …« Aber mein Gehirn diktierte mir, mich jetzt mehr auf die Nebengeräusche zu konzentrieren. Dagegen kann ich nichts machen. In diesem Fall war das Gespräch am Nebentisch interessant bis seltsam. Zwei Männer sitzen da, und der eine erzählt dem anderen von seiner Freundin. Aber nicht einfach so, sondern hart, unter der Gürtellinie, derb. Ich war entsetzt, wie der von seiner Freundin redet. Was ich nicht wusste war, dass die beiden Motorradfans waren und dass Suzuki in der Fachsprache Susi heißt. Ja, woher soll ich das wissen?
Jetzt stelle sich mal einer die Situation vor: Links sitzt mein Basisdemokrat: »Muss man ja mal sehen. Hat ja schon damals ….omtz, omtz, omtz.«
Ich schaue ihn an: »Mhm… ja … genau …«
Vom Tisch zu meiner Rechten höre ich: »Weißt, ich hab jetzt die Susi seit dreieinhalb Monaten und ich muss sagen, ich bin nicht zufrieden. Die is ja dermaßen schwer. Im letzten Urlaub is sie mir dreimal umgefallen. Ich hab sie ohne fremde Hilfe gar nicht mehr hochgebracht.«
»Omtz, omtz, omtz… gibt es immer noch Parteimitglieder, die sich mit der Geschichte Möllemann beschäftigen … Omtz, omtz, omtz.«
»Weißt du, und dann säuft die Susi. Acht Liter im Normalfall. Also ich bin überhaupt nicht zufrieden. Die wird auch so schnell dreckig. Nach dem letzten Tagesausflug, ohne Dampfstrahler wäre da überhaupt nichts mehr gegangen. Und was mich am meisten aufregt: Bergauf wird die dermaßen laut.«
Ich habe mir gedacht, was hat denn der für eine Freundin? Was macht die denn, wenn die bergauf geht? Schreit die oder grunzt die? Singt die vielleicht bloß?«
»Weißt du, im Großen und Ganzen steht sie ja noch ganz gut da. Also, wenn du jemand kennst, der eine Susi braucht… ich hab sie ja kaum benutzt.«
Mir hat die Susi immer mehr leidgetan. Ich stelle mir das immer so bildlich vor. Mei, is sie halt a bisserl mollig. Sie ist nicht ganz so sauber, aber da kann man doch reden miteinander. Sie trinkt vielleicht mal a bisserl was, aber das Wichtigste ist doch, sie singt fröhlich, wenn es bergauf geht.
Und dann er wieder: »Omtz, omtz, omtz… und aus dieser Struktur heraus hat es die SPD in manchen Regionen Bayern etwas schwer.«
Schwer, das war das Stichwort. Ich sofort aufgesprungen und zum Nebentisch gegangen. Ich musste doch die Situation klären!
»Entschuldigen Sie, dass ich mich einmische, ich hab da auf einem Ohr mitgehört, wenn ich das richtig verstanden habe, wissen Sie was, dann geben Sie die Susi mir.«
Seitdem bin ich im Besitz einer Suzuki VS 750 Intruder.
Frauen und Vorstellungskraft
Und so kam es, dass ich immer öfter am Viktualienmarkt stand, zusammen mit meinen zwei neu gewonnenen Freunden.
Einmal sagte ich zu Placebo: »Hey, Placebo, Tipp von mir, wenn du mal eine Frau triffst, fang bloß nicht an, für sie zu kochen.«
Puschkin: »Interessanter Gedanke, mein junger Held. Wenn ein Mann eine Frau trifft und anfängt, für sie zu kochen, nennt man das in der Fachsprache Balzfüttern. Der Mann versucht sich der Frau als Ernährer zu beweisen. Der
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