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Altwerden ist nichts für Feiglinge - Fuchsberger, J: Altwerden ist nichts für Feiglinge

Titel: Altwerden ist nichts für Feiglinge - Fuchsberger, J: Altwerden ist nichts für Feiglinge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joachim Fuchsberger
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Möglicherweise wäre damit vielen geholfen, die die Orientierung verloren haben und keinen Ausweg finden. Es scheinen immer mehr zu werden.
    Auf der anderen Seite: Das Altengefasel »Früher war alles besser« kann ich nicht mehr hören. Stimmt ja auch nicht. Früher war keineswegs alles besser, vieles war anders. Als wir jung waren, war die Welt weniger kompliziert, denke ich. Das Angebot war geringer, die Verwirrung kleiner. Die Menschen konnten ihre Angelegenheiten noch selber regeln, eigene Entscheidungen treffen. Es wurde ihnen nicht so viel dreingeredet oder vorgeflunkert, von allen möglichen und unmöglichen Organisationen, die vorgeben, ihre Interessen zu vertreten. Im Lauf der Zeit haben wir uns einlullen lassen, haben uns daran gewöhnt, dass andere sich um unseren Dreck kümmern, für Geld
natürlich, und uns mit falschen Versprechungen, die Sorgen nehmen, die uns mehr und mehr bedrücken und überfordern. Wir haben verlernt, uns um uns selbst zu kümmern, und merken, dass wir mehr oder weniger schleichend entmündigt werden. Der »Mündige Bürger« wird Mangelware. Wer ist damit denn überhaupt gemeint? Die revoltierenden Jungen, die im Komasaufen verblöden? Die resignierenden Alten, die sich auf Parkbänken oder am Stammtisch über die schlechten Zeiten beklagen?
    Die Parteien verstricken sich mehr und mehr im Machterhalt um jeden Preis, machen sich gegenseitig schlecht, bezichtigen sich ungeniert der Unfähigkeit oder der Unlauterkeit und untergraben damit jeglichen Respekt vor der Obrigkeit.
    Die Gewerkschaften kommen drauf, dass sich die zu Recht und notwendig erkämpfte Macht beginnt, sich gegen sie selbst zu richten.
    Die Kirchen verlieren viele ihrer Gläubigen, weil sie im Zeitalter weltweiter Kommunikation weiterhin auf ihren nicht mehr haltbaren Dogmen und Glaubenssätzen bestehen.
    Der Staat ist zu einem aufgeblähten Bürokratiemonster geworden und zu einem Selbstbedienungsladen, dem die Bürger in zunehmendem, langsam beängstigendem Maße die Achtung verweigern.

    Also wohin?
    Sollen wir auf den Rat der Weisen hören - oder eher auf die Sachverständigengremien? Ziehen vielleicht die Untersuchungsausschüsse die diversen Karren aus dem Dreck?
    Wenn gar nichts mehr geht, haben wir ja immer noch die Schlichtungskommissionen. Die werden’s schon richten. Oder?
    Wo bin ich da hingeraten? Ist das nun seniles Resignationsgewäsch oder berechtigte Altersrevolte? Ich will weder ein Klagelied anstimmen noch auf die Barrikaden steigen, will weder Jammerlappen noch mürrischer alter Mann sein. Was mich beschäftigt, ist der Unterschied zwischen Toleranz und Wurstigkeit. Wo beginnt das eine und wo hört das andere auf? Ich habe das Gefühl, im Alter immer intoleranter zu werden. Ich lasse mir immer weniger gefallen, es sei denn, mir ist etwas vollkommen egal. Ich kann mich nicht mehr für alles interessieren, schon gar nicht verantwortlich fühlen. Wenn du spürst, dass deine Zeit begrenzt ist, ach was, wenn du weißt, dass der Vorhang jeden Augenblick fallen kann, musst du selektieren. »Was will ich noch?« Das ist eine, wenngleich relativ begrenzte Möglichkeit. So viele hast du ja gar nicht mehr. Der andere Weg scheint mir realistischer: »Was will ich nicht mehr?« Das wiederum ist eine ganze Menge.

    Nach zahlreichen, manchmal vergeblichen, natürlich auch zeitbedingten Versuchen hatte ich das Glück, dem Filmregisseur Paul May zu begegnen. Der Sohn von Peter Ostermeyer, Gründer der Bavaria Filmstudios in München-Geiselgasteig, sollte aus Hans Helmut Kirsts Roman »Die abenteuerliche Revolte des Gefreiten Asch« den Film »08/15« drehen. Er kam auf die ebenso abenteuerliche Idee, mir die Rolle der Titelfigur anzubieten. Einem absoluten Laien, einem Nichtschauspieler. Das Ergebnis führte zu meiner endgültigen Berufswahl. Mit dieser Rolle, in diesem Film, zu dieser Zeit, mit diesem Regisseur war der Erfolg vorprogrammiert. Millionen Zuschauer schenkten dem Leinwandgrünschnabel ihre nachhaltige Zuneigung. Davon lebe ich bis heute. Ich hatte großes Glück, habe gut verdient - ob verdient oder unverdient, diese Beurteilung überlasse ich gerne allen, die sich dazu berufen fühlen.

Philemon und Baucis
    Das größte Glück und bestimmend für mein Leben war die Begegnung mit einer ausnehmend hübschen jungen Dame namens Gundula Maria, Tochter eines Rechtsanwalts, Komponisten, Dichters und
Sängers. Diese Vielseitigkeit war gleichzeitig auch sein Problem. Die standesbewusste Anwaltskammer

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