Alvion - Vorzeichen (German Edition)
Augen und ließ bunte Lichtspiralen vor seinen Augen kreisen. Immer wieder schlugen sie inmitten der Unmengen von Flößen und Booten ein, die ungeschützt im Fluss auf das argion’sche Ufer zuruderten, und brachten binnen wenigen Momenten sicherlich hunderten oder gar tausenden Meridianern den Tod.
Nach einer Weile ebbte das gigantische Schauspiel ab und Dunkelheit und Ruhe legten sich wieder über das Land, als die Magier sich von der gewaltigen Anstrengung erholen mussten. Einige Augenblicke später konnte Tian wieder auf den Fluss blicken und sah weniger Lichtpunkte als zuvor. Doch es blieb keine Zeit, Erleichterung oder Triumph zu empfinden, denn die Magier der Gegenseite, die vermutlich noch auf dem solischen Ufer standen, da sie, um ihre volle Macht nutzen zu können, festen Boden unter den Füßen brauchten, holten nun zum Gegenschlag aus. Wieder wurde Tian von einem heftigen, aus dem Nichts kommenden Windstoß ins Gesicht getroffen und für einige Zeit gezwungen, die Augen zu schließen. Als er sie wieder öffnen konnte, fuhr ihm ein gewaltiger Schrecken in alle Glieder, denn der Horizont leuchtete feuerrot und ein düsterer Lichtschein lag über der Szenerie. Wolkenähnliche Gebilde, nur aus Flammen bestehend, wälzten sich wie eine gewaltige, über dem Fluss schwebende Lawine vorwärts und erstreckten sich über den gesamten Horizont, so weit das Auge reichte. Diesen Anblick würde Tian sein Leben lang nicht vergessen, dessen war er sich sicher, doch er war keineswegs sicher, dass sein Leben noch lange genug andauern würde, um sich einmal daran zu erinnern. Es gab keine natürliche Erklärung für diesen einmaligen, fast unwirklich schönen, aber gleichzeitig fürchterlichen Anblick, der sich ihm bot. Wäre sein Freund Alvion an seiner Seite gewesen, hätte dieser erzählen können, dass er so etwas schon einmal gesehen hatte, als die Vulkane Alyras ausgebrochen waren und dem lyranischen Volk und seiner Heimat den Tod gebracht hatten.
Der Himmel brannte lichterloh in grellen Farben und die wabernden Flammen am Himmel wuchsen von Augenblick zu Augenblick in immer größere Höhen, bis sie wie gigantische Walzen drohend über den verängstigten Argion aufragten. Die Uferböschung, der Wald, alles lag unter einem grellen Feuerschein, der von den brennenden Wolken ausging. Sie schwollen immer stärker an, je näher sie kamen und legten sich schließlich wie ein Teppich reinsten Feuers auf die Wälder Argions. Der Sturm setzte von Neuem ein und überall sprangen die Krieger auf, wurden aber sofort vom heftigen Wind umgerissen, ehe sie seine Kraft nutzen konnten, um der Katastrophe zu entrinnen. Mit einem von unfassbarem Schrecken gezeichneten Gesichtsausdruck blickte Tian auf das lodernde Feuer, das in wenigen Momenten überall um ihn herum sein würde.
„ Warum tut ihr nichts?“, brüllte er in das Tosen des Sturms hinein zu den Magiern hinüber, doch natürlich konnten sie ihn nicht hören. Der Feuerschein am Himmel warf ein grausiges Licht auf ihre vor Schmerz und Anstrengung verzerrten Gesichter. Sie taten etwas, doch sie waren nicht mächtig genug. Diese Erkenntnis durchzuckte Tian, als hätte ihn ein Blitz getroffen und veranlasste ihn dazu, aufzuspringen und sofort loszulaufen. Er war erst wenige Schritte weit gekommen, da berührte das Feuer die Wipfel der Bäume und legte sich dann wie eine Decke über den Wald. Mit einem Mal war das Feuer nicht mehr nur über Tian, es war überall. Brennende Äste und Funken regneten aus den Wipfeln der Bäume herab, Wogen von heißer Luft trafen ihn von allen Seiten und er hatte das Gefühl, selbst in Flammen zu stehen. Dieses brennende Grauen erzeugte ein so gewaltiges Knistern und Prasseln, dass es binnen Augenblicken jeden anderen Laut übertönte. In blinder Panik, ohne einen einzigen klaren Gedanken lief er einfach weiter, während um ihn herum ein unvorstellbares Inferno tobte. Der trockene Sommer dieses Jahres hatte noch sein Übriges dazu getan, denn da es seit mehr als einer Woche nicht mehr geregnet hatte und es zudem fortwährend sehr warm gewesen war, waren die Bäume, die Äste, das Laub und das Unterholz trocken und boten dem Feuer reichhaltige und unerschöpfliche Nahrung, die sofort wie Zunder brannte, ja regelrecht explodierte.
Auf einer Länge von vielen Meilen hatte sich die gewaltige Feuerwolke auf die Wälder Argions gesenkt und einen verheerenden Brand entfacht, der sich mit immenser Geschwindigkeit in jede Richtung ausbreitete. An eine
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