Alvion - Vorzeichen (German Edition)
zu haben wie auf mich. Die Stimmung besserte sich merklich, und allen war anzumerken, dass ihre Hoffnung wuchs, doch noch mit dem Leben davonzukommen. Gelegentlich hörte ich hinter mir sogar kurze Gespräche, was ein gutes Zeichen war, da während der Nacht kein einziges unnötiges Wort gesprochen worden war. Es breitete sich sogar fast eine Art ungeduldige Vorfreude aus, obwohl es sicherlich noch einige Zeit dauern würde, ehe wir den Wald endgültig hinter uns gelassen hatten.
Auch die folgenden Stunden verliefen ruhig, ohne dass wir noch einmal etwas von den Mertix sahen. Als ich schließlich glaubte, in einiger Entfernung den Waldrand vor mir zu sehen und damit unser ersehntes Ziel, überkam mich jedoch keine Vorfreude, sondern eine starke Vorahnung von drohendem Unheil und plötzlich hatte ich wieder das Gefühl, beobachtet zu werden. Aber für die Soldaten gab es kein Halten mehr. Mit einem Mal rafften sie ihre letzten Kräfte zusammen und liefen an mir vorbei auf den Waldrand zu. Mein Unbehagen wuchs von Augenblick zu Augenblick, es hätte jedoch keinen Sinn gehabt, die Männer aufhalten zu wollen. Zu tief saßen allen noch die Schrecken der Nacht in den Knochen und zu sehnlich hatten sie alle diesen Moment herbeigewünscht, wohl auch, weil es keiner von ihnen wirklich geglaubt hatte. Obwohl mich alle meine Sinne davor warnten, ging ich hinter ihnen her.
Die Vordersten würden in wenigen Augenblicken den Waldrand erreichen und auf die dahinter liegenden Wiesen laufen, die im strahlenden Sonnenschein, saftig grün und verlockend erschienen. Genau im gleichen Moment sah ich ein Stück abseits der vorwärts stürmenden Gruppe eine Bewegung und dieses Mal war ich sicher, dass mir meine Einbildung keinen Streich spielte. Ich öffnete meinen Mund, um ihnen eine Warnung zuzurufen, doch es war bereits zu spät! Direkt vor und neben den Soldaten traten bewaffnete Skelettkrieger hinter den Bäumen hervor und stellten sich den Männern in den Weg. Schnell waren die Fassungslosen und zutiefst Enttäuschten eingekreist und aus der Deckung weiterer Bäume kamen im gleichen Augenblick so viele Skelette zum Vorschein, dass ein Kampf auf der Stelle sinnlos wurde. Augenblicklich trat ich einen Schritt nach links und versuchte mich hinter einem Baum zu verbergen um wenigstens selbst nicht gefangen zu werden, da hörte ich hinter und neben mir lautes Rascheln und war selbst binnen Augenblicken von einer Gruppe Skelette umstellt. Niedergeschlagen lehnte ich mich gegen einen Baum, hob meine Hände und zeigte ihnen die blanken Handflächen als Zeichen, dass ich keinen Widerstand leisten würde. Ein Skelett trat auf mich zu zeigte mit dem Schwert auf mich und schwenkte es dann in Richtung der Gruppe am Waldrand. Ich nickte, ging um den Baum herum und mit gesenktem Kopf auf meine Männer am Waldrand zu.
Sie standen immer noch mit erhobenen Händen, von Skeletten umringt am Waldrand, während in den meisten Augen Tränen der Enttäuschung schimmerten. Mit vor Wut und Enttäuschung geballten Fäusten trat ich zu ihnen, erhielt jedoch sofort einen Stoß in den Rücken, der mir signalisierte, weiter zu gehen.
Aus der Hoffnung auf Sicherheit und Freiheit war die Gewissheit geworden, dass wir dem Feind in die Hände gelaufen waren. Einem plötzlichen Impuls folgend, blickte ich nochmals über die Schulter und sah weit hinter mir die unverkennbare Gestalt eines Mertix. Unbewegt wie eine Statue stand er zwischen zwei Bäumen. Gleichzeitig meinte ich, so etwas wie Bedauern zu spüren, selbst über die Entfernung, die zwischen uns lag. Was mich verwirrte war, dass es kein wütendes Bedauern über entgangene Beute zu sein schien, sondern vielmehr glaubte ich, seine Reue zu spüren, die er uns nachsandte.
Dann erhielt ich einen Stoß in den Rücken, wandte meinen Kopf wieder nach vorne und ging zusammen mit den wenigen Überlebenden der vergangenen Nacht in die Gefangenschaft, doch wenigstens waren wir noch Leben.
Nahezu drei Wochen waren ins Land gegangen, seit Tian an der Seite Cordians und seines kleinen Trupps den gewaltigen Fluss überquert hatte. Seitdem hatte trügerische Ruhe geherrscht, die darüber hinwegtäuschte, dass auf der anderen Seite des Stromes eine Armee ihre Vorbereitungen traf, um dieses natürliche Hindernis zu überwinden und Argion niederzuwerfen. Die Argion selbst hatten alles getan, um sich bestmöglich gegen den Angriff zu wappnen, jedenfalls so gut es in der kurzen Zeitspanne möglich gewesen war, denn
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