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Alvion - Vorzeichen (German Edition)

Alvion - Vorzeichen (German Edition)

Titel: Alvion - Vorzeichen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Thiering
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dem die verschiedenen Geschosse und die feindliche Magie abprallen sollten. Für einen letzten Augenblick legte sich tödliche Stille über Belagerte und Belagerer gleichermaßen, dann erklangen tiefe Kriegshörner und der Ansturm begann. Die ersten Salven der feindlichen Geschütze waren wie an einem unsichtbaren Schild vor der Stadt abgeprallt und auf das immer noch mit Leichen bedeckte Feld vor den Mauern gestürzt. Zunächst konnten die Angreifer noch unbehelligt heranstürmen, dann setzte von den Stadtmauern aus der Beschuss ein. Alles feuerte gleichzeitig, und ein Hagel von Pfeilen und Felsbrocken jeder Größe empfing die Anstürmenden. Ohne Übertreibung kann behauptet werden, dass jeder Pfeil und jedes Wurfgeschoss ihr Ziel fanden, ganz einfach, weil nicht ein Stück Boden mehr zwischen den Massen der Herandrängenden zu sehen war. Dann aber hoben sich die Kräfte der Magier auf beiden Seiten zum ersten Mal gegeneinander auf, der schützende Schild brach zusammen,  ein Hagel an Pfeilen und Wurfgeschossen kam über die Verteidiger und die Stadt selbst. Unterhalb der Mauern wimmelte es bald nur so von Soldaten, die überall versuchten, Sturmleitern anzubringen oder Seile mit Haken über die Mauern schleuderten. Hinter dem breiten Gürtel aus Fußkämpfern ritten oder standen tausende Bogen- und Armbrustschützen und mühten sich, die Arbeit der Verteidiger zu behindern und ihre eigenen Truppen zu decken. Direkt dahinter folgte das Belagerungsgerät. Die Katapulte und Schleudern warfen Salve um Salve gegen oder über die Stadtmauern, und trafen oft genug nicht auf den unsichtbaren Schild, sondern auf die Mauern selbst oder auf Dächer und Hauswände. In den wimmelnden Reihen der Fußkämpfer bildeten sich Gassen, durch die die Belagerungstürme und Rammböcke geschoben wurden, bis sie entweder getroffen wurden und zusammenbrachen oder an die Mauer gelangten. So ging es tagelang, beinahe ohne Unterlass.
     
    Eine Woche lang war es den Argion gelungen, Ansturm um Ansturm abzuwehren, und gleichzeitig noch die Brände in der Stadt zu löschen, ebenso wie die Magier verhinderten, dass ihre Gegner auf der anderen Seite mit ihren Kräften die Entscheidung herbeiführten. Feuerwolken waren auf die Stadt herabgestoßen und im letzten Moment auf plötzlich aufsteigende Wasserwolken getroffen, woraufhin sich Unmengen von Qualm über die Stadt gelegt hatten, dann tosten Windböen in die Stadt, dann gegensätzliche aus der Stadt heraus, Erdbeben zitterten und beruhigten sich sofort wieder, doch nichts führte zu einer Entscheidung. Selbst die zahlreichen Versuche der Feinde, die Mauern zu untergraben, wurden allesamt rechtzeitig bemerkt und zunichte gemacht.
    Am nunmehr zehnten Tag der Belagerung machte ein übler Scherz auf den Mauern die Runde. Die Angreifer brauchten nur weiter so wütend und in solchen Massen anzurennen, dann würden sich die Leichen unterhalb der Mauern bald soweit stapeln lassen, dass sie wie auf einer Rampe in die Stadt vordringen konnten. Es gab keine Worte, die zu beschreiben vermochten, wie es vor der Stadt aussah. Der Boden bestand eigentlich nur noch aus menschlichen und kragischen Leichen, zermalmten Skeletten und den toten Körpern von Tepilen und Skonen. Die Verluste, die Molaars Armee vor Theban erlitt, waren in der Geschichte ohne Beispiel. Der Gestank nach Verwesung und Blut war zu jenem Zeitpunkt bereits so durchdringend, dass den Verteidigern nicht einmal mehr ihr Mundschutz half, doch mit der Zeit gewöhnten sie sich sogar daran.
    In einem Anflug von bitterstem Galgenhumor dachte Tian, der den Gestank meistens nicht einmal mehr wahrnahm, dass es in der ganzen Stadt wohl keine einzige Ratte mehr geben konnte, denn tatsächlich tummelten sich Unzählige der kleinen Nager unterhalb der Mauern und fraßen die Verwesenden an. Für sie musste das Ganze eine riesige Festtafel sein. Dann jedoch erschrak Tian davor, was die Geschehnisse und Grauen der letzten Wochen aus ihm zu machen drohten, und er schickte ein stummes Gebet zu An’maa, dem Stammvater Argions, dass dieser sich seiner annehmen möge. Momentan herrschte Ruhe, doch außerhalb der Stadt, vielleicht eine halbe Meile entfernt konnte Tian erkennen, dass sich der Feind bereits zu einem weiteren Angriff rüstete. Verzweiflung stieg in ihm auf und er fragte sich, wie viele Feinde sie noch töten mussten, wie viele Türme und Rammböcke sie noch zerstören mussten, bis endlich Ruhe herrschte. Der Nachschub schien unerschöpflich zu

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