Alvion - Vorzeichen (German Edition)
in den Augen, wenn ich einen tödlichen Stoß angebracht hatte. Ich wusste, dass mich diese Blicke von nun an ein Leben lang verfolgen würden.
Es wurden nicht weniger, es schienen eher noch mehr zu werden und ich bemerkte auch, dass wir langsam aber stetig zurückweichen mussten. Im nächsten Moment erfolgte wieder ein Angriff unserer Magier, diesmal äußerst präzise. Entlang unserer Reihen fuhr ein äußerst starker Windstoß durch die feindlichen Reihen und riss alle von den Füßen. Ich konnte es direkt vor mir sehen, da wo ich stand, bewegte sich nichts in der Luft, einen Schritt weiter vorn dagegen war der Wind so stark, dass meine Hand beinahe weggerissen wurde, als ich sie versuchsweise ausstreckte. Dann war es vorbei und wir brachen wie eine tödliche Flut über die wehrlosen und in heillosem Durcheinander herumliegenden Gegner herein. Erneut wurden hunderte niedergemetzelt, bevor eine Gegenwehr erfolgte. In einem kurzen Augenblick, wo ich keinen Gegner vor mir hatte, glaubte ich unser Verderben aus den Augenwinkeln zu sehen. Reiter in meridianischem Kampfgewand kamen aus dem Norden herangestürmt, doch zu meiner Überraschung stellte ich fest, dass sie rücksichtslos durch ihre eigenen Reihen drängten, nicht kampfbereit und angreifend, sondern in wilder Flucht begriffen. Wieder breitete sich heilloses Chaos unter unseren Gegnern aus, in das wir mit tödlicher Wucht hineinstießen. Etwas ganz Entscheidendes musste im Norden geschehen sein! Noch wusste ich nicht was, doch das war in jenem Moment völlig egal, solange es sich zu unseren Gunsten entschieden hatte. Die Reiter steckten in dem Gewimmel ihrer eigenen, nach vorne drängenden Mitstreiter fest und kämpften gegen diesen Strom an, anstatt sich mitziehen zu lassen und auf uns vorzustoßen. Wäre ihnen dieser Gedanke gekommen, wären wir wohl verloren gewesen, doch dort drüben herrschten nur noch Panik und Verzweiflung, an Gegenwehr wurde überhaupt nicht mehr gedacht. Da unsere Gegner sich gegenseitig behinderten und wild durcheinanderstolperten, wehrte sich kaum jemand gegen unseren wütenden Angriff, der sich mehr und mehr zu einem reinen Gemetzel entwickelte. Genau wie alle anderen Soldaten geriet ich in einen immer heftigeren Blutrausch. Wir stürmten einfach nach vorne und machten sie gnadenlos nieder.
Um mein Schwert möglichst unbehindert und schnell führen zu können, schlug ich nach den Köpfen meiner Gegner oder ihren Armen und versuchte nicht, den Stahl tief in sie hinein zu stoßen. Mein linker Arm schmerzte bereits von den dutzenden Hieben, die ich mit dem Schild abgewehrt hatte. In mir selbst schien alles immer noch zweigeteilt abzulaufen, auf der einen Seite nüchterne Überlegungen, auf der anderen Seite der Kampf und das Töten. Die Sonne stand bereits ein gutes Stück höher am Himmel, dennoch brannte sie noch nicht unbarmherzig und trotzdem war ich schweißgebadet. Außerdem war ich bereits über und über mit Blut besudelt, was mir sofort eine Vorahnung gab, welcher Geruch mich die nächsten Tage begleiten würde.
Irgendwann waren einfach keine Gegner mehr da, niemand drängte mehr nach. Direkt vor mir stürmten solische Reiter vorbei in Richtung Süden. Ich blieb stehen und schloss einen Moment die Augen, bis ich voller Entsetzen erkannte, dass ich auf einem Toten stand. Ich blickte mich um und sah, dass kaum noch freies Feld zu sehen war, denn um mich herum war alles mit Leichen und Schwerverwundeten bedeckt. Jemand riss mich am Arm. Es war Olk, in dessen Gesicht ich Triumph erkennen konnte, doch in seinen Augen lag noch ein anderer Ausdruck, ein tiefes Entsetzen über das, was er gerade erlebt und getan hatte.
„ Komm, Alvion, wir haben Befehl zum Sammeln.“
Absalom kochte vor Wut, als er den Ort des Geschehens erreicht hatte und nun im Sattel seines Pferdes von seinem Standort, einem Hügel im Süden Perlias, auf die Schlacht blickte. Er bemerkte, dass seine Hände vor Zorn und Angst zu zittern begannen. Nachdem alle seine mächtigen Gefährten von Molaar selbst nach Argion befohlen worden waren, war Absalom mit deren Schülern allein Ostsolien geblieben. Nur im Süden, bei der anderen großen, meridianischen Streitmacht, die entlang der Küste nach Westen vorstieß, war noch ein weiterer Magier mit einigen Schülern verblieben. Absalom war sich sicher gewesen, dass er selbst mit den Schülern zusammen mächtig genug gewesen wäre, Perlia zu erobern, wie er es kürzlich noch seinem Herrn und Meister geschworen
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