Alvion - Vorzeichen (German Edition)
Rache zu nehmen, dann wendete er sein Pferd und ritt zurück zu der wartenden Kolonne der Überlebenden. Etwa ein Fünftel der Armee hatte er retten können, einige tausend Skonen, je etwa tausend kragische und naraanische Reiter, ein paar hundert Tepile und die meisten der naraanischen Fußkämpfer. Deren Abteilungen hatte er die Flucht befohlen, während die Wolken über sie hinweggerast waren, ehe sie sich auf den Feind senkten. Die Vordersten waren vom Sturm mitgerissen worden und in den gewaltigen Wirbel geraten, doch alle dahinter Stehenden hatten sich nur zu gerne seinem Befehl gefügt.
Absalom setzte sich an die Spitze der Kolonne und legte sich die Worte zurecht, die er im nächsten Gespräch mit einem sicherlich höchst erzürnten Molaar zu seiner eigenen Rettung vorbringen wollte. Er musste sehr geschickt vorgehen und durfte nicht durchscheinen lassen, dass Molaar seiner Ansicht nach selbst die Niederlage zu verschulden hatte, weil er Tage zuvor Absalom mit einigen unerfahrenen Schülern allein in Ostsolien belassen und alle anderen Magier nach Argion befohlen hatte, nur weil sich die dortigen Mitglieder des Ordens von Fran als unfähig erwiesen hatten, die Zitadelle zu erobern. Er hatte sich nicht mit dem Sieg und der Zerstörung der Stadt zufriedengeben können, nein, der Sieg musste ein absoluter sein. Und das war ihnen nun vor Perlia zum Verhängnis geworden.
„Wie hast du das gemacht, Alvion Trey?“, ertönte auf einmal die bekannte, wohlklingende Stimme Salinas neben mir. Obwohl es sicher nicht ihre Absicht war, erschreckte sie mich so sehr, dass ich fast mein Schwert zog, da ich gerade in Gedanken versunken war.
„ Verzeih, Alvion“, sagte sie und ein flüchtiges Lächeln huschte über ihr Gesicht, als sie merkte, dass ich erschrocken war. „Lass uns etwas abseits reiten, was wir zu besprechen haben, ist nicht für andere Ohren bestimmt.“
Wortlos folgte ich ihr ein Stück von Melin, seinen Offizieren und den beiden anderen Magiern weg. Eine Weile blieben wir noch stumm und ich bemerkte, dass mir das Herz schon wieder bis zum Hals schlug, wenn ich ihr auch nur einen flüchtigen Seitenblick zuwarf.
„ Also, Alvion, wie hast du das fertiggebracht?“, fragte sie erneut, als wir schließlich sicher waren, außer Hörweite zu sein.
„ Was fertig gebracht?“
„ Du weisst genau was ich meine, Lyne!“, erwiderte sie schroffer, als sie es wohl beabsichtigt hatte. Es kostete mich ein Übermaß an Anstrengung, mich nach diesen Worten zu beherrschen und mein Erschrecken zu verbergen. Es konnte sich nur um eine bloße Vermutung handeln und ich hatte nicht vor, sie merken zu lassen, dass sie fast ins Schwarze getroffen hatte. Noch nicht.
„ Verzeih mir, Salina, aber ich weiß nicht, wovon du redest“, sagte ich mit erzwungener Ruhe.
„ Der Zauber, den du gewirkt hast, als Damas sein Schwert gegen mich erhob. Bitte Alvion, tu nicht so, als wüsstest du nichts davon.“
„ Es ist aber so, Salina“, antworte ich und blickte nun beschwörend in ihr zweifelndes Gesicht. „Ich dachte, du wärst das gewesen, oder ein anderer Magier. Ich habe nichts damit zu tun, das musst du mir glauben! Ich fühlte mich in diesem Moment selbst wie ein Gefangener."
Das war nicht gelogen, denn ich wusste tatsächlich nicht, was wirklich geschehen war, doch ich war mir zumindest sicher, dass die Magier nichts damit zu tun hatten.
„ Nein, ich war es nicht!“ erwiderte Salina. „Ich kenne so einen Zauber nicht einmal, ich habe ihn nur plötzlich gespürt und Damas’ Schwert vor meinem Gesicht gesehen, bis auf einmal dein Bolzen in seiner Seite steckte. Ich sah, dass ihr einen Augenblick lang miteinander gesprochen habt, aber eure Lippen schienen sich unendlich schnell zu bewegen und ich konnte kein Wort verstehen.“
Ihre Augen spiegelten den Zwiespalt wieder, den meine Worte in ihr ausgelöst haben mussten. Auf der einen Seite schien sie mir glauben zu wollen, auf der anderen jedoch zweifelte sie daran, dass ich ihr wirklich die Wahrheit sagte.
„ Salina, wir haben nicht schnell gesprochen, wir haben mehrere Sätze miteinander gewechselt, ehe er starb. Ich war in der Lage, mich zu bewegen und zu handeln, doch ich habe nicht verstanden, was um mich herum vorging. Doch ich wurde davon mitgerissen, weder habe ich etwas Bestimmtes getan um es auszulösen, noch konnte ich es in irgendeiner Weise steuern. Alles, was ich bewusst tun konnte, war, diesen Verräter aufzuhalten.“
Einen Augenblick lang
Weitere Kostenlose Bücher