Alvion - Vorzeichen (German Edition)
Morgen im späten Frühling in Bilonia, und die Aussicht auf meine heutige Abreise vertrieb all den Ärger der letzten Wochen. Ein Schmied, der versucht hatte, mich zu betrügen, einiger Ärger mit einer Diebesbande und eine Liebschaft hatten mich in den letzten Wochen in Anspruch genommen. Heute aber wollte ich gemächlich und in aller Ruhe meine Reise nach Vylaan antreten, um dort wie vereinbart wieder mit Tian Lux zusammenzutreffen. Endlich waren die lästigen Schwierigkeiten beseitigt und ich konnte aufbrechen, vorher aber wollte ich mir noch ein reichhaltiges Frühstück genehmigen. Immer noch pfeifend betrat ich das kleine Häuschen, das sich in eine lange Reihe ähnlicher Häuser einschmiegte, und ging durch eine niedrige Tür direkt in die Gaststube. Darin befanden sich nur drei kleine Tische, an denen so früh am Tage noch keine Gäste saßen. Noch war es relativ düster, doch bald würde das Tageslicht durch die Fenster hereinkommen und dem Wirt ermöglichen, die Kerzen zu löschen. Dieser beeilte sich bei meiner Ankunft, mich an einen Tisch zu bringen.
„ Ihr reist nach wie vor heute ab, Alvion?“, fragte er fast traurig.
„ So ist es, Helves, doch vorher bringt mir noch etwas zu essen!“
Geflissentlich nickte er und ging davon, um die von mir gewünschten Dinge zu holen. Wenige Augenblicke später brachte der Wirt bereits ein Tablett und begann damit, das Essen vor mir auszubreiten: Käse, Wurst, ein dicker Laib Brot und einen Krug Milch. Ich nickte ihm dankend zu und begann sofort, mich darüber herzumachen.
Inmitten meiner Mahlzeit ging die Tür auf und der Sohn des Wirtes, ein zehnjähriger Bengel stürzte herein. Zunächst schenkte ich ihm keinerlei Beachtung, da er zumeist ungestüm und sehr lebhaft war. Doch als ich sein Gesicht sah, das von Angst verzerrt war und er auf seinen Vater zustürzte, wurde ich doch aufmerksam.
„ Krieg, Vater! Es gibt Krieg!“, keuchte er atemlos hervor.
Der Wirt erbleichte und packte den Jungen erschrocken an den Schultern.
„ Was redest du da?“, rief er, während er ihn kräftig schüttelte, so als könnte er dadurch die Worte ungesagt machen.
„ Lasst ihn kurz zu Atem kommen, Helves, und dann soll er genau berichten, wo er das gehört hat!“, mischte ich mich ein und ging zu den beiden hinüber.
Nachdem er kurz geschwiegen und wieder Atem geschöpft hatte, setzte er sich auf einen Stuhl und begann zu erzählen.
„ Ich war unten am Hafen, Vater, und wollte den frischen Fisch kaufen, wie ich sollte. Bei den Booten der Fischer, war ein Patrouillensegler der Flotte. Ein Mann rannte, wie von Nisistrus gehetzt, in die Stadt hinauf. Wir alle haben gesehen, dass er große Angst hatte, und ein paar Fischer gingen hinüber und fragten, was los war. Zunächst wollte keiner etwas sagen, dann kam ein anderer Seemann an Land und erzählte, was sie gesehen hatten: Eine riesige Flotte wird aus Meridia kommen, tausende Schiffe und Soldaten. Sie sind sicher, dass es Krieg geben wird, Vater!“
Der Wirt erschrak nun noch mehr als vorher und fuhr sich hastig durch die Haare.
„ Ennos stehe uns bei! Krieg! Wir müssen fort von hier!“, sagte er und wollte bereits loslaufen, als ich ihn am Arm zurückhielt.
„ Wartet, Helves, wir sollten erst Genaueres in Erfahrung bringen!“, versuchte ich ihn zu beruhigen. Aber er war nicht davon abzubringen, sofort zu fliehen und so ließ ich ihn zusammenrechnen, was ich ihm schuldete. Es dauerte nicht allzu lange, dann war der Wirt damit fertig, meine Rechnung zusammenzustellen. Ich bezahlte ihm den ausstehenden Betrag und drückte ihm fest die Hand.
„ Die Götter mögen mit dir und deiner Familie sein, Helves!“
„ Ich danke Euch, Alvion! Auch Euch mögen sie beistehen!“, erwiderte er und machte sich dann hektisch ans Werk. Ich holte noch meine bereitstehenden Sachen, verließ dann die Herberge und ging zunächst in Richtung Marktplatz, wo ich alles in heller Aufregung vorfand, denn die Nachricht hatte sich bereits wie ein Lauffeuer verbreitet. Anhand der Art und Weise der Gespräche konnte man fast meinen, dass innerhalb der nächsten Stunden eine riesige Flotte vor der Stadt auftauchen würde. Eine Weile betrachtete ich das Geschehen auf dem Marktplatz einfach, während ich an einer Hausmauer lehnte und überlegte, was ich nun tun sollte. Ich konnte mein Pferd abholen und nach Vylaan reiten, doch mein Ehrgefühl begehrte angesichts dieser Gedanken auf. Es lag nicht in meiner Art, einer Gefahr einfach den Rücken
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