Alvion - Vorzeichen (German Edition)
idiotisch. Doch die Senke war gut zu durchqueren, sie fiel nach beiden Seiten sanft ab, fast so als wäre einst einer der Götter auf einen Hügel getreten und dieser wäre unter dem Gewicht nach vorne und hinten ausgewichen. Der beidseitige Weg hinauf war schon fast eine Rampe zu nennen, dummerweise jedoch viel zu breit, als dass es für uns wirklich von Vorteil gewesen wäre. Die Abhänge von den Hügeln hinunter in die Senke waren so steil, wie die Nord- und Südhänge der Hügel, sie würden also nur schwach besetzt werden können. Ich blickte hinunter in die Ebene die sich vor mir bis zum Meer, das aber von hier aus noch fast hundert Meilen entfernt war, erstreckte. In nordwestlicher Richtung konnte ich den Rand der Wälder erkennen, die sich am Fuße der Solischen Berge befanden, deren mächtige, schneebedeckte Gipfel im Norden bedrohlich aufragten. Südlich und östlich war nur noch flaches, grasbewachsenes Land. Vereinzelt glaubte ich kleine Bauernhöfe in der Ferne zu erkennen, die längst verlassen sein sollten. Während ich so meinen Blick über das Land schweifen ließ, verfluchte ich Tar Naraan und seinen grausamen Herrscher, der uns diesen Krieg aufzwang.
„ Verdammt sollst du sein, Molaar, für alle Zeiten!“, flüsterte ich durch meine Zähne hindurch hinüber ins Land des Feindes.
Nachdem ich kurz im Lager gewesen war, mir den Fortschritt der Arbeiten angesehen und mir selbst einen etwas abseits gelegenen Schlafplatz gesucht hatte, kehrte ich wieder, dieses Mal zu Fuß, zur Senke zurück. Ich fühlte mich zu aufgewühlt, um zu ruhen und nicht wirklich müde, auch weil einige meiner Reisen durch Septrion wesentlich anstrengender gewesen waren, als unser dreitägiger Ritt nach Norden. Ich sah den hierher befohlenen Soldaten dabei zu, wie sie sich an die Arbeit machten, die Senke zu befestigen. Man musste Damas lassen, dass er zumindest von dieser Art Kriegshandwerk etwas verstand, so sehr ich ihn auch sonst verachtete. Einige Dutzend Männer waren wohl zu den nicht weit entfernt liegenden Wäldern geschickt worden, um Bäume zu fällen heranzuschaffen und die Männer, die hier waren, begannen bereits damit, Wälle auszuheben.
Oben auf den Hügelkämmen konnte ich einzelne Soldaten sehen, die Selen als Teil der Postenkette dort aufgestellt hatte. Sie würden tagsüber mit großen, blank polierten Metallspiegeln, nachts mit Feuer Zeichen geben, wenn sich etwas Ungewöhnliches ereignete.
Irgendwann stieg ich die Anhöhen auf den nördlichen Hügelkamm hinauf und suchte mir ein geeignetes Plätzchen. Dort setzte ich mich auf den Boden und ließ meine Gedanken schweifen, während ich starr auf das vor mir liegende Land blickte. In der Ferne stiegen einige kleine Rauchsäulen senkrecht in den Himmel. Ich konnte mir gut vorstellen, dass dort die ersten Weiler und Dörfer Soliens gerade in Flammen aufgingen und die Ersten in einer langen Reihe unglücklicher Gestalten ihr Hab und Gut, im schlimmsten Fall sogar ihr Leben verloren. Über diese Menschen war das Verderben ohne Vorwarnung hereingebrochen.
Eine Weile später glaubte ich am Horizont, dort wo die Luft wegen der großen Hitze immer noch flimmerte, eine Bewegung zu sehen, und zwar nicht einen einzelnen Reiter oder eine kleine Gruppe, sondern eine breite, dunkle Mauer. Wenige Minuten später war ich sicher, dass es eine Armee oder zumindest deren Vorhut war, die langsam auf uns zu marschierte! In ein oder zwei Stunden würden die ersten Truppen des Feindes in der Ebene unterhalb der Senke sein und vermutlich ihr Lager aufschlagen. Es war anzunehmen, dass morgen das erste Gefecht des Krieges stattfinden würde, angesichts unserer Zahl eher ein kleines Scharmützel und trotzdem von entscheidender Bedeutung.
K apitel 7
Zufrieden zügelte Tian Lux sein Pferd und blickte auf die vor ihm liegende solische Hauptstadt Vylaan, auf die sich die Dämmerung bald herabsenken würde. Während er auf der Straße in Richtung der Stadt ritt, wo er in den nächsten Tagen mit Alvion zusammentreffen wollte, pfiff er eine vergnügte Melodie vor sich hin. Noch lagen einige Meilen vor ihm, doch im Vergleich zu der langen Reise, die er hinter sich hatte, waren diese letzten Meilen geradezu unbedeutend. Das erste Mal seit Wochen würde er heute auf einem weichen Lager nächtigen und sich vorher eine reichhaltige Mahlzeit gönnen, das hatte er bereits beschlossen. Dennoch musste er sich beeilen, denn sobald die Sonne endgültig unterging, würde die
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