Alvion - Vorzeichen (German Edition)
wisst erstaunlich gut Bescheid“, sagte der Magier anerkennend. „Es mag eine Abschwächung geben, doch es gibt für sie auch andere Möglichkeiten, insofern kann ich Euch die gewünschte Versicherung, dass wir auf jeden Fall stärker sein werden, leider nicht geben.“
„ Das hatte ich schon befürchtet“, murmelte Tian düster.
„ Habt Vertrauen“, forderte ihn der Magier auf und legte ihm kurz die Hand auf die Schulter. „Wir werden alles in unserer Macht stehende versuchen!“
„ Hoffentlich reicht das“, flüsterte Tian fast lautlos, als der Magier langsam in der Nacht verschwand.
Während der nächsten Tage blieb alles ruhig und Tag für Tag schienen das schöne, warme Sommerwetter und die klaren, lauen Nächte der noch nicht sichtbaren Bedrohung und der fühlbaren Anspannung unter den Argion, zu spotten, während die Meridianer am anderen Ufer ihre Angriffsvorbereitungen trafen.
Unter Cordians Anleitung, der Tian in dieser Hinsicht gern als Ratgeber hinzuzog, wurden Maßnahmen getroffen, die eine wirkungsvolle Verteidigung ermöglichen sollten, wenn sich die Truppen Meridias’ anschickten, in Argion einzufallen. Die Uferböschung wurde an allen Stellen, wo dies noch von Nöten war, ungangbar gemacht, sodass der Feind wie auf eine Mauer zustürmen musste, nur dass es dazu kaum Anlauf geben würde. Tausende von Pfeilen wurden angefertigt, kleine Schleudern herbeigeschafft ebenso wie Dutzende Fässer mit Naphta, mit dessen Hilfe sie feindliche Schiffe und Flöße in Brand schießen wollten. Überall wurden haufenweise Felsen und Geröll gesammelt, um es bei der Landung der Feinde gegen sie einzusetzen. Einige Male konnte Tian auch tatsächlich weitere Verbesserungsvorschläge anbringen, doch zumeist blieb ihm nichts anderes übrig als zu versichern, dass auch er von dieser Art der Kriegführung nicht allzu viel verstand, schließlich kam es bei Kämpfen mit Banditen äußerst selten zu Belagerungen. In jenen Momenten dachte er an seinen Freund Alvion, der in dieser Hinsicht einiges mehr an Wissen besaß und ihnen hier als Berater gut zu Gesicht gestanden hätte. Doch jener hatte andere Schlachten zu schlagen oder schlimmstenfalls bereits sein Leben verloren, obwohl Tian das nicht glaubte, denn dazu war sein Freund als Kämpfer zu erfahren.
Ansonsten verbrachte Tian seine Zeit damit, seine Fertigkeiten zu üben und seinen Kameraden zumindest Grundbegriffe des Schwertkampfes und einige Tricks beizubringen, er übte sich im Klettern, führte lange Gespräche mit anderen Argion, erzählte Geschichten von seinen Reisen oder saß in den Ästen eines Baumes am Ufer des Flusses, wenn er an der Reihe war, eine Wache zu übernehmen. Wenn er auf seinem Posten saß, grübelte er oftmals darüber nach, wie sich die feindliche Armee auf der anderen Seite des Flusses wohl darauf vorbereitete, dieses riesige natürliche Hindernis zu überwinden.
Wann werden sie kommen und auf welche Weise, waren die Fragen, die er sich wieder und wieder stellte. Auch über die anwesenden Magier sinnierte er oft nach, doch seit dem Tag seiner Ankunft, hatte er keinen von ihnen mehr zu Gesicht bekommen. Sie hielten sich im Verborgenen, vielleicht, weil sie hofften, dass die Magier auf der anderen Seite des Flusses ihre Anwesenheit nicht bemerken würden und ihnen dadurch ein nicht zu unterschätzender Vorteil zufallen konnte.
Auch Cordian, den Befehlshaber über die unsichtbaren Kämpfer, wie sich alle Argion hier mittlerweile voller Stolz nannten, hatte er nur noch wenige Male privat sprechen können, denn fast immer drehten sich ihre Gespräche um die Vorbereitungen, die sie noch treffen konnten. In einem der privateren Gespräche hatte er erfahren, dass vor Theban eine gewaltige Armee zusammengezogen wurde. Ein riesiges Heerlager musste vor der prächtigen Hauptstadt Argions liegen, was nur natürlich war, denn wenn Theban fiel, war es um ganz Argion geschehen, denn die Hauptstadt war Herz und Lebensnerv des ganzen Landes. Tian wagte sich nicht einmal auszumalen, was mit der herrlichen Stadt geschehen würde, wenn die Meridianer, allen voran die Kragier, sie eroberten. Was wäre mit den knapp hunderttausend Einwohnern? Den prächtigen, kunstvoll verzierten Häuserzeilen? Den Hochschulen, wo die Begabtesten ihres Volkes ausgebildet wurden? Und die innere Zitadelle der Stadt? Würde diese mächtige Festung, die auf einem gewaltigen Felsen inmitten und hoch über der Stadt thronte und nur durch einen gewundenen Tunnel im
Weitere Kostenlose Bücher