Alvion - Vorzeichen (German Edition)
fühlen, die diesen Mann umgab. Zugleich strahlte er jedoch auch eine Art ewige Ruhe aus, ein Gefühl tiefen Friedens und Einklang mit den Elementen. Dieses Gefühl war neu für Tian, denn er hatte zwar schon einige wenige Male einen Magier auf seinen Reisen gesehen, doch niemals war er in der unmittelbaren Nähe eines Mächtigen gewesen. Die Anwesenheit dieses Mannes und die gewaltige Kraft, die ihn zu umgeben schien, weckten in Tian jene Zuversicht, die er vorher vergeblich in sich selbst gesucht hatte, und gab ihm das Gefühl, dass sie nicht auf sich alleine gestellt waren. Gleichzeitig gelang es ihm, sich auf einer anderen Ebene seines Bewusstseins zu vergegenwärtigen, dass auf der anderen Seite des großen Flusses, auf den er nun wieder blickte, ebenso mächtige, wenn nicht sogar mächtigere, Magier waren. Fest entschlossen, etwas mehr herauszufinden, trat Tian dem Magier in den Weg, als dieser sein Gespräch mit Cordian beendet hatte. Im Halbdunkel war es ihm kaum möglich, das Gesicht seines Gegenübers zu erkennen, noch dazu, da der Magier den Blick gesenkt hielt.
„ Verzeiht, Mächtiger, aber dürfte ich Euch etwas fragen?“, erkundigte sich Tian höflich.
„ Hab Vertrauen, wir sind hier um alles zu tun, was in unserer Macht steht“, erhielt er eine Floskel zur Antwort. Scheinbar war den Magiern seit ihrer Ankunft Dutzende Male immer dieselbe, bange Frage gestellt worden.
„ Darum ging es mir eigentlich nicht, Ehrwürdiger“, warf Tian ein, als der Magier sich bereits zum Gehen wandte, und machte ein allumfassende Geste, die die Argion der Umgebung mit einschlossen. „Ich bin ein wenig mehr gewohnt, als diese braven Gestalten hier. Sie sind schlichte Gemüter mit Herzen aus Gold, doch ihnen fehlt der Blick für die Zusammenhänge und ihre Erfahrungen beschränken sich auf ein paar Raufereien. Keiner hier ist seiner Heimat je länger als ein paar Tage ferngeblieben und keiner hier hat schon einmal mit blitzendem Stahl in der Hand und im Klammergriff der Furcht um sein Leben gekämpft. Ich dagegen weiß sehr wohl, was auf uns zukommt und die Ankunft von Magiern beruhigt mich nicht, viel mehr flößt mir eure Anwesenheit Furcht ein.“
„ Ein Söldner, wenn ich es recht verstehe“, stellte der Magier mit langsam aufflackerndem Interesse fest. „Ich vermute, Ihr habt schon ein wenig von der Welt gesehen?“
„ So könnte man sagen“, antwortete Tian. „Ich denke, ich bin in der Lage, realistisch einschätzen zu können, was zur Zeit wirklich passiert.“
„ Und was genau wollt Ihr wissen?“
„ Um den Osten Zentralsoliens muss es schlimm bestellt sein, wenn die Merdianer schon hier am Ufer der Isaria stehen“, stellte Tian fest. „Was aber ist mit dem Süden? Ein guter Freund von mir trägt mittlerweile die solische Uniform.“
„ Wo genau?“, verlangte der Magier zu wissen.
„ Er verbrachte den Winter in Bilonia, also liegt es nahe, dass er dort wieder eingetreten ist.“
Der Magier schwieg kurze Zeit und beugte sich dann etwas vor, sodass Tian seine leise Stimme noch hören konnte.
„ Es ist gut möglich, dass Euer Freund schon tot ist. Ich bedauere es sehr, aber Bilonias schwache Garnison wurde trotz der Hilfe meiner Ordensschwester und äußerst günstigem Gelände binnen Stunden vernichtend geschlagen. Ein paar sind entkommen, aber wenn Euer Freund sich aufs Kämpfen verstand, ist es nicht unmöglich, dass ihm seine Erfahrung das Leben gerettet hat.“
„ Es sind also nicht alle getötet worden?“, hakte Tian noch einmal nach.
„ Nein, ein paar wenige erreichten Bilonia, ehe die Stadt evakuiert wurde und einige andere haben sich wohl in die Solischen Wälder flüchten können.“
„ Er lebt“, stellte Tian lapidar fest. „Er ist in allen Belangen zu gut, als dass er nicht genau gewusst hätte, wann er den Schauplatz des Kampfes verlassen musste. Was Ihr mir damit aber noch sagt, ist, dass bis Perlia und Ulyssa niemand mehr da ist, der den Meridianern Einhalt gebietet?“ Tian formulierte es als Frage, obwohl es eine Feststellung war.
„ So sieht es aus“, bestätigte sein Gegenüber tonlos und Tian schluckte schwer. Das war über ein Drittel Ostsoliens, zwar mit viel Wüste und weitgehend nur dünn besiedelten Gebieten, aber nichtsdestotrotz über ein Drittel des Landes.
„ Und hier?“, wollte Tian wissen. „Immerhin haben wir den Fluss zwischen uns und dem Feind und der dürfte die Kräfte eurer Gegner doch gehörig schwächen, nicht wahr?“
„ Ihr
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